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Schnitzelfarce

Schnitzelfarce

Titel: Schnitzelfarce
Autoren: Gmeiner-Verlag
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wie Palinski vermutete - nahm er sie fast widerwillig
wieder von den Lippen und gab sie zurück.
    »Sie haben wohl eben erst mit dem Rauchen aufgehört«,
kombinierte Palinski. »Bleiben Sie stark und herzlichen Dank .« Er ging wieder zu Mraz und reichte ihm das würzig riechende Gift. Der führte es
wortlos zum Mund und zog heftig daran.
    »Der Gesundheitsmister warnt. Rauchen kann schlecht für Ihre
Gesundheit sein«, lallte einer der beiden Betrunkenen an der Tafel und der
zweite brach in schallendes Gelächter aus.
    »Gesundheitsmister, das ist gut. Hehehheee.« Es klang widerlich.
    »Herr Bürgermeister«, Palinski wandte sich an Lattuga, »könnten
Sie bitte Ihren Einfluss verwenden, um die beiden Herren zu beruhigen .«
    Der Bürgermeister nickte und knurrte volkstümlich in Richtung
Tafelende: »Hoits die Goschn, es Ederln es .«
    Mraz fuhr fort, als ob die Szene mit den beiden ›Ederln‹ nie
stattgefunden hätte.
    »Ich habe Ihren Rat befolgt. Sie wissen schon, in seinen Sachen nachgeschaut,
um etwas zu finden. Etwas, das mir hilft, ihn besser zu verstehen.« Mraz
schluckte schwer. »Und dabei habe ich mehr gefunden, als ich gehofft hatte.
Viel, viel mehr.«
    Er brachte drei dicke, DIN A5 große Notizbücher zum Vorschein
und legte sie auf das Rednerpult.
    »Da steht alles drinnen, was dieses Schwein«, er deutete mit dem
Kopf auf Ansbichler, »getan hat. Meinem Sohn und seiner eigenen Frau.«
    »Wo haben Sie denn diese Bücher gefunden ?« ,
wollte Palinski wissen.
    »Ich habe das ganze Schrebergartenhaus abgesucht, dreimal und
nichts gefunden. Mein Gefühl hat mir aber keine Ruhe gelassen. Ich habe ganz
einfach gewusst, dass Rick Aufzeichnungen gemacht haben muss. Jemand, der seit
seinem 6. Lebensjahr Tagebuch führt, hört nicht plötzlich auf, sein Leben
aufzuschreiben«, versuchte Mraz zu erklären.
    Ansbichler hob plötzlich die Hand, ganz so, wie sich Kinder in
der Volksschule melden, wenn sie während der Stunde austreten müssen.
    »Was wünschen Sie, Herr Stadtrat ?« ,
Palinski hatte gar nicht abgewartet, ob Mraz auf das Handzeichen reagieren
würde.
    »Kann ich bitte einen Sessel haben ?« ,
stammelte der früher so selbstsichere Mann, »ich habe schreckliche
Kreuzschmerzen.«
    »Walter, haben Sie etwas dagegen, wenn sich Herr Ansbichler
hinsetzt ?«
    »Er soll ruhig stehen bleiben«, stieß der Gefragte hervor, »er
wird ohnehin noch lange genug sitzen müssen. Wer fragt denn nach meinem Schmerz ?«
    »Das ist schon richtig, Walter. Aber es ist niemandem gedient,
wenn Herr Ansbichler plötzlich zusammen- bricht und ins Krankenhaus gebracht
werden muss .«
    Mraz nickte, das war einleuchtend. Vor dem Festsaal nickte auch
der Minister. Palinski hatte sich gleich beim ersten Mal durchgesetzt, das war
viel versprechend.
    »Und wo haben Sie die Tagebücher Ricks schließlich gefunden ?« , nahm Palinski das ursprüngliche, vom Stadtrat
unterbrochene Gespräch wieder auf.
    »Plötzlich ist mir eine Stelle eingefallen, an der Rick schon
als kleiner Bub immer wieder seine Sachen versteckt hat .« Mraz lächelte still vor sich hin. »Er hat wohl nicht gewusst, dass ich das
Versteck kenne, denn er hat es noch immer benutzt. Ein Hohlraum in der
gemauerten Rückenwand des Grillplatzes, durch einen losen Stein verschlossen.
Da habe ich die Tagebücher gefunden .«
    »Und was wollen Sie jetzt eigentlich von Herrn Ansbichler«,
Palinski spürte die Unruhe, die von Mraz ausging. Aber worum es wirklich ging,
war noch nicht klar.
    »Ich will, dass er«, er deutete auf den Stadtrat, ohne ihn
anzublicken, »einige Passagen aus den Tagebüchern meines Sohnes vorliest. Und
dass alle hier und vor dem Saal zuhören. Auch die Leute zu Hause vor den
Fernsehgeräten.«
    »Herr Ansbichler, sind Sie bereit dazu ?« ,
wollte Palinski wissen.
    Jetzt, da ihn sein Kreuz nicht mehr schmerzte und der Ablauf des
Geschehens in zivilisiertere Bahnen zurückgekehrt zu sein schien, regte sich
aber wieder Widerstand bei Ansbichler.
    »Ich denke nicht daran, mich dem Druck zu beugen«, gab er
vollmundig von sich.
    » Er denkt nicht daran, er denkt nicht daran«, äfften die beiden
Betrunkenen den Stadtrat nach. »Als ob er schon je etwas gedacht hätte, der
schöne Bert. Hehehheee.«
    »Gusch, es Trotteln«, brüllte Lattuga los und meinte es auch so.
    »Wollen Sie sich das nicht überlegen, Herr Stadtrat. Ich denke,
wir alle wollen noch heute wieder nach Hause gehen«, versuchte es
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