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Schneller als der Tod

Schneller als der Tod

Titel: Schneller als der Tod
Autoren: Josh Bazell
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Officer Brennan für mich ausfragte, bestand damit gute Aussicht, dass die Typen irgendwann gefasst würden. Der Omerfa-Quatsch der Mafia funktioniert beidseitig - die alten Jungs erpressen die neuen, und die neuen Jungs verpfeifen die alten. Irgendwann würde die Polizei also von zwei Blödärschen hören, die zur gleichen Zeit Aufnahme fanden, und dann hätten sie ihre Verdächtigen.
    Aber das konnte Jahrzehnte dauern, und bis dahin gab es vielleicht keine Beweise mehr, oder kein Hahn krähte mehr danach. Und die Voraussetzung war, dass die Typen wirklich »aufgenommen« und nicht etwa abgewiesen wurden oder doch lieber zu ihren Jobs im Supermarkt oder wer weiß wo zurückkehrten.
    Das Ganze stand auf schwachen Füßen. Es war dünn. Vielleicht war es ja doch ein Serienmörder gewesen. Oder ein paar Junkies.
    Aber die Meute verschmäht den Fuchs nicht, bloß weil er räudig ist. Außer der Mafiatheorie hatte ich nichts, also hielt ich mich daran.
    Und mehr kam auch nicht. Eines Tages setzte ich Mary-Beth allzu sehr zu, und sie weinte an meiner Brust und sagte, sie mache sich Gedanken, ob ich sie wirklich liebte.

    Wenn man im Norden von New Jersey aufwächst, hört man eine Menge Quatsch über die Mafia und wessen Vater dabei ist. Aber man hört auch von einem militärisch geführten Internat in Suffern, und trifft man einen, der da hingeht, ist es unweigerlich ein eingebildeter Dösel mit einem Chevy Camaro und einem Goldkettchen, bei dem man Angst haben muss, dass es ihm den Koksspiegel zertrümmert. Und wenn man im Who Is Who von New Jersey die Leuchten der fünf Familien nachschlägt, stellt man fest, dass ein ganzer Haufen davon auf dieser Schule waren.
    Den Namen sage ich nicht. Nur so viel, dass sie genauso heißt wie eine ziemlich berühmte Militärakademie in England, obwohl sie hundertfünfzig Jahre nach dem Unabhängigkeitskrieg gegründet wurde.
    Ich hätte eine katholische Schule erwartet, aber egal. Ich machte schon die Liegestütze.

    Im Sommer wechselte ich hin. Die Schule war teuer, aber ich hatte noch Geld aus der Erbschaft und der Versicherung. Und wie gesagt, sonst hielten sich meine Bedürfnisse in Grenzen.
    Als militärisch geführte Schule war es ein Witz. Wecken um »07.30« und »14.30«, vierzig Minuten täglich Exerzierunterricht, einmal im Monat Paradeabnahme. Es gab einige Flachköpfe, die das Ganze ernst nahmen, die in die Sportmannschaften wollten und so weiter, aber alle anderen rauchten Gras auf dem Klo und setzten sich zum Pizza Hut an der Fernstraße ab, um sich mit den Mädchen vom Mädcheninternat zu treffen, das hinter den Tennisplätzen auf der anderen Seite des Waldes lag. Die Toiletten im Pizza Hut waren gemischt. Man musste sich anstellen.

    Ich suchte mir Adam Locano als Freund aus, weil er so beliebt war, nicht wegen seiner Verbindungen zur Mafia. Ob es die wirklich gab, wusste ich gar nicht, bis ich ihn irgendwann fragte, wie er an seinen Spitznamen »Skinflick« gekommen war.
    Ich hatte gehört, der sei ihm verpasst worden, weil er einen Porno mit seiner Babysitterin gedreht hatte, als er zwölf war.
    »Schön wär's«, sagte er mir. »Das war eine Nutte in Atlantic City. Mann, ich kann mich nicht mal daran erinnern, so besoffen war ich. Dann hat irgendein Arsch aus dem Verein meines Vaters das Band gestohlen und ringsum Kopien verteilt. Echt Scheiße.«
    Die Alarmglocken läuteten, und ich wusste, ich stand mitten in Mafialand. Vorher konnte ich mir da aber nicht sicher sein, denn Locano war anders als die anderen Mobsterkids.
    Wie ich war er fünfzehn. Im Gegensatz zu mir war er pummelig, hatte schräge Falten unter den schlaffen Brustwarzen und ein Beaglegesicht mit Hängebacken und Tränensäcken. Seine Unterlippe war zu dick. Und im Gegensatz zu mir war er
cool.
Er hielt sich etwas auf sein Aussehen zugute und schaffte es, selbst in den bescheuerten Uniformen, die wir bei der Parade tragen mussten, immer daherzukommen, als habe er die Nacht durchgesoffen. In Las Vegas. Um 1960.
    Ein anderer charmanter Zug an ihm (über den ich ebenfalls nur staunen konnte) war, dass er völlig unbekümmert seine Meinung zu sagen schien. Er redete unbefangen vom Wichsen oder Scheißen oder vom Verliebtsein in seine Cousine Denise. Wenn ihn etwas ärgerte oder frustrierte, sagte er das sofort - zwangsläufig also auch, wie es ihm stank, dass ich im Sport und im Kämpfen so viel besser war als er.
    Ich mied solche Situationen nach Möglichkeit, aber da wir Jungs waren und noch dazu
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