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Schmusemord

Schmusemord

Titel: Schmusemord
Autoren: Gisbert Haefs
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Baltasar legte einen Finger an die Nase. »Ich vergaß, drei Dinge zu erwähnen. Jüssen besitzt ein Messer, das Lanzerath einmal leichtfertig verwendet hat. Du Plessis war ein Kollaborateur; er hat eigene Leute ans Messer geliefert, und Jüssen und Schmollgruber haben ihn vor denen geschützt, auch nach dem Krieg. Und wollt ihr wissen, was der Philanthrop immer mit seinen Teddys gemacht hat? Ersatzweise? Vermutlich, statt Kinder auf der Straße anzufallen?«
    »Gah«, sagte Hermine.
    »Und jetzt wüßte ich allmählich doch gern mal, wie dein bretonisches Labyrinth ausgesehen hat«, sagte Yü nach längerem Schweigen. »Ich gebe zu, es ist ein Ablenkungsmanöver, mit dem ich taktvoll dafür sorge, daß ihr nicht in den eigenen Tiefen ertrinkt. Wie Meng-tse bemerkte, sind innere Tiefen oft Seichten, und der Vorgang des Ertrinkens gleicht dem Sterben eines gestrandeten Fischs. Leute, die ihr Innenleben überschätzen, bemerken oft zu spät, daß sie seelische Kiemenatmer sind.«
    »Nimmerwo und anderwann.« Matzbach verschränkte die Arme vor der Brust. »Wiewohl ich zugebe, daß
Ein Kiemenatmer schnappt nach Luft
kein ganz schlechter Titel wäre.«
    »Wofür?« sagte Tshato. »Erlebnisse von späteren Hauptspeisen vor der Zubereitung?«
    »Auch nicht schlecht.«
    Irgendwie wollte keine rechte Stimmung aufkommen; Baltasar nahm an, daß alle spürten, daß Hermine etwas unter vier Augen bereden wollte.
    Als die anderen sich verzogen und Baltasar als letzte Yü und Dany zu ihrem Wagen in den Hof begleitet hatte, blieb er dort noch einen Moment stehen, sah sich um, schloß die Augen, holte tief Luft. Dann ging er zurück in die geräumige Küche, wo Hermine eben Teller und Tassen in die Spülmaschine packte.
    »Soll ich noch einen Titel vorschlagen?« sagte er.
    Sie richtete sich auf, schloß die Ladeklappe des Geräts und sah ihm in die Augen; sie nickte.
    »Wenn’s ein Kitschroman werden soll, wäre
Du hast es so gewollt
durchaus reizvoll; hat einen gewissen Swing.
A Doom of One’s Own
ist auch nicht schlecht.
Wende diesen Knilch von mir? Vanity Unfair? Joseph sans Balsam, oh?
Oder ...«
    »Hör auf«, sagte sie. »Ich weiß, daß es unfair ist. Aber ...« Sie suchte nach Worten. »Du erstickst mich«, sagte sie dann. »Die Sache in Frankreich, das hab ich ja selbst gewollt, stimmt schon. Und ... aber ich will nie wieder in die Lage kommen, etwas zu wollen, was ich nicht wollen darf. Verstehst du?«
    »Und in meiner Gesellschaft ist das ... tja, das ist so.« Er sah die Bitterkeit in ihren Augen und versuchte, die Bitternis im Hals herunterzuschlucken; was nicht ging. »Bett, Tisch, alles?«
    »Ende mit Schrecken ist das passende Klischee, Baltasar.« Die Augen schimmerten feucht. »Es war sehr, sehr gut; und es hat überhaupt keinen Zweck.«
    »Ich werde weder knien noch flennen noch fechten, Holde. Im Moment hab ich aber kein Auto; ich ruf mir gleich ein Taxi.«
    Sie hob die Hände.
»Mon dieu
, doch nicht sofort ...«
    »Ende mit Schrecken war von dir. Die Bücher drüben; können die hier abgeholt werden oder muß ich sie sofort mitnehmen?«
    »Sei nicht albern.«
    »Albern? Albern wäre es, in meinem Alter an einen guten Schluß zu glauben. Von was auch immer.«
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