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Schmusemord

Schmusemord

Titel: Schmusemord
Autoren: Gisbert Haefs
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sie hoch.
    Hermine zuckte mit den Schultern. »Von mir aus; solang du nicht irgendeine Teufelei mixt ...«
    »Ei, ich doch nicht.« Er schielte zur Standuhr, die am fensterlosen Südende des Ateliers tickende Distanz wahrte. »Es ist gleich fünf. Ein Tröpfchen Malt, Madame? Monsieur?«
    Hermine nickte; Komarek verbeugte sich. Baltasar nahm drei geschliffene Gläser aus der Teakvitrine, stellte sie auf den schwarzen Tisch und öffnete den aufgebockten Eichensarg, der zwischen den beiden großen Fenstern zum Hof stand.
    »Vortreffliche Bar.« Komarek grinste.
    »Man soll immer das Ende bedenken, das jenseits aller Flaschen unser harret. Vor allem bei solch morbider Konversation. Wie Menschen fortgeschrittenen Alters wissen, gibt und nimmt es kein gutes Ende.« Mit einer halbvollen Flasche Laphroaig kam er zurück zum Tisch, goß zweieinhalb Fingerbreiten in jedes Glas und brachte eines zu Hermine, die inzwischen auf dem Sims des mittleren Ostfensters hockte. Komarek holte seines selbst ab.
    Als alle getrunken hatten, wies Matzbach mit der Zigarre auf den Österreicher.
    »Also, wenn ich mal zusammenfassen darf. Sie versorgen Bregenz und Umgebung mit Fehlinformationen, indem Sie die Spalten einer Zeitung füllen. Eh, wie kommt ein Wiener nach Bregenz? Von Umgebung nicht zu reden?«
    »Inneres Exil.« Komarek schnüffelte an seinem Whisky. »Das müssen wir aber jetzt nicht erörtern, oder wollen Sie meine Biographie schreiben?«
    »Mitnichten. Wohlan denn. Ein Freund und Kollege aus Wien bastelt an einer Hintergrundgeschichte über großdeutsche Investitionen da unten, und zu diesem Behuf reist er ins subarktische Rheinland. Wo er den Löffel abgibt. Angeblich hat er in einem Lokal in der Kölner Südstadt eine Schlägerei begonnen, die damit endet, daß er zweifellos pittoresk umherliegt, mit gebrochenem Schädel. So weit richtig?«
    »Inhaltlich keine Einwände.«
    »Die anderen, die den Wortlaut angehen, zählen nicht. Die zuständigen Damen und Herren von der Kripo ermitteln, daß der letzte Schlag von einem Menschen namens Würselen ausgeteilt wurde, der in unüblicher Schnelle vor Gericht gezerrt und wegen von anderen Gästen bezeugter Notwehr entlassen wird mit einer Mahnung, sich fortan besser zu benehmen. Wenn er Steuerhinterziehung, Beamtenbeleidigung oder sonst was Furchtbares verübt hätte, säße er im Knast; was ist schon so ’n bißchen Totschlag? Zufällig ist nun dieser Herr Würselen aber Fahrer, Leibwächter und Männchen für fast alles im Dienst des edlen steuerzahlenden Geschäftsmanns, über den Ihr Kollege etwas herauskriegen wollte. Und zufällig schnitzt Hermine gerade dessen Portrait in Mahagoni, im Auftrag lieber Freunde, die ihm zum Sechzigsten etwas Anspruchsvolles schenken wollen.«
    »In groben Zügen – ja.«
    »Wer, sagten Sie, hat Ihnen gegenüber leichtfertig meinen Namen erwähnt?«
    Komarek stellte das Glas ab und verschränkte die Arme. »Ich habe alte Bekannte angerufen. Die haben mich weitergeleitet. Der fünfte oder sechste in der Stafette war ein Bonner Journalist, Moritz von Morungen, lieber Freund von Ihnen. Sagt er.«
    Matzbach schob die Unterlippe vor. »Moritz? Lieber Freund? Die Welt bibbert unter dem Aufprall sinnloser Euphemismen. Na ja. Und was erwarten Sie?«
    »Erwarten? Nichts. Erhoffen wäre treffender.« Er blies die Wangen auf. »Schauen Sie, mir kommt das ein wenig seltsam vor. Paßt zu gut zusammen. Ich möchte einfach nur wissen, ob das wirklich alles Zufall ist.«
    Hermine hatte ihr Glas geleert und hielt es hoch. »Nachschub, bittebitte. Wollen Sie Baltasar anheuern?«
    »Wenn Sie mit
anheuern
meinen, ob ich ihm Geld aufdrängen will ... Tja, könnte man so sehen.«
    »Hat Moritz Ihnen auch gesagt, daß ich lediglich ein bisweilen neugieriger Privatmann bin? Nix Lizenz, Detektiv und derlei?«
    »Hat er. Er hat auch behauptet, daß Sie damit viel mehr Geld machen als jeder anständige Privatdetektiv.«
    »Von Geld reden wir später; von Anstand überhaupt nie. Hat Moritz vielleicht
en passant
erwähnt, daß ich nur Sachen mache, die mich irgendwie jucken?«
    Komarek runzelte die Stirn. »Wie, jucken?«
    Hermine fuchtelte immer noch mit dem leeren Glas. »Nachschub, Mann! Jucken soll in diesem Fall wohl heißen, daß der von schlecht informierten Kreisen Hobbydetektiv genannte Matzbach nur Dinge treibt, die ihn treiben. Ihm libidinös erscheinen. Im weitesten Sinn. Ah, endlich darf ich danke sagen.«
    Komarek nahm einen kleinen Schluck, fast vorsichtig.
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