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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten
Autoren: Philip Kerr
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Buch

    London 1696: Der berühmte Mathematiker, Physiker und Astronom Isaac Newton bekommt die Aufsicht über die Königliche Münzanstalt und bekleidet damit das zweithöchste Amt in der im Tower gelegenen Münze. Doch seine Hoffnung auf einen ruhigen, lukrativen Posten schwindet, als aus dem Festungsgraben des Towers eine Leiche gefischt wird. Newton glaubt nicht an einen Unfall. Mit scharfem Verstand und naturwissenschaftlichen Methoden untersucht er den Fall. Ihm immer zur Seite steht sein treuer Gehilfe Christopher Ellis, geübt in der Kunst des Fechtens, lernbegierig auf dem Gebiet der Naturwissenschaft und verliebt in Newtons bezaubernd schöne Nichte. Bald schon kommen weitere Männer der Königlichen Münze gewaltsam ums Leben. Der Verdacht fällt auf die Münzfalscher und Silberschmuggler, die gerade jetzt, da England vor einer Münzreform steht, das große Geschäft wittern und vor nichts zurückschrecken. Doch erst als es Newton gelingt, geheime chiffrierte Botschaften zu entschlüsseln, werden das wirkliche Komplott und das ganze Ausmaß der finsteren Machenschaften sichtbar. König William und das gesamte Land befinden sich in höchster Gefahr. Gelingt es dem genialen Isaac Newton und seinem Gehilfen Christopher Ellis noch in letzter Minute, die Katastrophe abzuwenden?

    FÜR NAOMI ROSE

    Prolog
    MACHE DICH AUF, WERDE LICHT; DENN DEIN LICHT
    KOMMT UND DIE HERRLICHKEIT DES HERRN GEHT
    AUF ÜBER DIR!
    Jesaja 60, 1

    Ich habe geschworen, diese Geschichte keinem Menschen zu erzählen, solange Newton am Leben wäre.
    Am Morgen des achtundzwanzigsten März 1727, eine gute Woche nach Sir Isaac Newtons Tod, nahm ich mit Doktor Samuel Clarke, einem Freund und Kommentator Newtons, eine Mietkutsche von meiner neuen Wohnung in der Maiden Lane in Covent Garden zur Westminster Abbey, um Newton dort öffentlich aufgebahrt zu sehen wie einen berühmten griechischen Helden.
    Wir fanden ihn in der Jerusalemkapelle, einem eichengetäfelten, mit einem mächtigen Kamin ausgestatteten Saal im südwestlichen Teil der Abbey, wo sich noch Tapisserien und Buntglasfenster aus der Zeit Henry III. und Marmorbüsten von Henry IV und Henry V. befinden. Es heißt, Henry IV. habe eines Tages beim Beten in der Abbey einen Anfall erlitten und sei in die Jerusalemkapelle gebracht worden, wo er starb und so die Prophezeiung erfüllte, er werde in Jerusalem sterben.
    Ich kann nicht beurteilen, ob Henrys steinernes Porträt gelungen war, aber Newtons Einbalsamierer hatte seine Arbeit gut gemacht und das Gesicht nicht geschminkt wie das einer Hure, was ein häufiger Fehler dieser Leute ist. Newtons Fleisch wirkte ganz natürlich, so rosig, voll und weich, als schliefe er nur. Und da es nicht merkbar roch, obwohl Newton schon über eine Woche tot war, was für einen unbestatteten Leichnam doch eine ganze Zeit ist, könnte ich jederzeit die Tüchtigkeit des Einbalsamierers bezeugen, denn wenn der Frühling auch noch nicht ganz da war, hatten wir es doch in letzter Zeit schon recht warm gehabt.
    Der Mann, den ich im offenen Sarg auf einem langen, massiven Refektoriumstisch liegen sah, trug eine flachsfa rbene Allongeperücke, eine schlichte weiße Leinenhalsbinde und einen schwarzen Anzug mit schwarzem Wams. Sein Gesicht war von Falten durchzogen, etwas voll um die Wangen und trotz der scharf geschnittenen Nase, die mich immer an den großen Römer erinnerte, nicht unfreundlich. Ich hatte geglaubt, in seiner Miene vielleicht noch etwas von der scharfsichtigen Intelligenz finden zu können, die einst seine Züge charakterisiert hatte.
    Vielleicht sogar eine Art höherer Weisheit. Doch im Tod war Newton eine wenig bemerkenswerte Erscheinung.
    «Er starb unter großen Schmerzen, von dem Steinleiden», sagte ich.
    «Aber dennoch bei klarem Verstand», erwiderte Doktor Clarke.
    «O ja. Das war er immer. Newton war der klar denkendste Mensch der Welt. Er sah die gesamte Schöpfung als ein Rätsel, mit gewissen Lösungshinweisen, die Gott in dieser Welt angelegt hat. Oder auch als eine Art verschlüsselter Botschaft, die er durch höchste geistige Konzentration vielleicht entziffern könnte. Ich glaube, er war der Meinung, jemand, der einen irdischen Code zu entschlüsseln vermochte, würde womöglich auch den himmlischen enträtseln können. Er glaubte gar nichts, solange er es nicht als Theorem beweisen oder als Diagramm aufzeichnen konnte.»
    «Newton hat uns den goldenen Faden in die Hand gegeben, mit dessen Hilfe wir durch Gottes Labyrinth finden
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