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Schmusemord

Schmusemord

Titel: Schmusemord
Autoren: Gisbert Haefs
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Baltasar auf, hielt sich mit der rechten Hand die linke Schulter und holte tief Luft. Das Hemd war durchtränkt.
    »In Ordnung«, brüllte Tshato. »Alles unter Kontrolle.«
    Matzbach ging voraus, geduckt, sichernd; um die hinter der Haustür liegende große Diele zu durchqueren, brauchte er mindestens eine Minute, die ihm wie eine Stunde vorkam.
    Die Tür zum saalartigen Wohnraum stand offen. Er sah Evergislus Lanzerath, die Hände über dem Kopf, neben einem Ledersessel stehen. Zaches lag mit gebundenen Armen und Beinen auf einer Récamière. Hinter ihm, ebenfalls mit erhobenen Händen, stand ein weiterer Mann, den Matzbach für den Fahrer hielt. Jüssen hatte die Hände auf dem Schoß gefaltet; er saß im zweiten der insgesamt vier dunkelroten Ledersessel, die in eine englische Clubbibliothek gepaßt hätten und in Lanzeraths prunkvoll überladenem Wohnraum deplaciert wirkten.
    »Noch jemand da?« sagte Matzbach, an niemanden im Besonderen gewandt.
    Zaches schüttelte den Kopf. Sprechen konnte er nicht; ein breiter Klebestreifen saß auf seinem Mund.
    Jüssen räusperte sich. »Was immer das werden soll, ich entbiete Ihnen ein vorsichtiges Willkommen – Herr Matzbach, nicht wahr?« Er betrachtete die Waffe in Baltasars Hand, streifte Yü mit einem Blick und sagte: »Soweit ich weiß, ist außer uns hier und den beiden Wächtern, die Sie offenbar ausgeschaltet haben, niemand im oder am Haus.«
    Lanzerath hob die Schultern. Ein schräges Lächeln zuckte um seinen Mund; er blickte Matzbach an, dann sah er in Richtung des marmorgefaßten Kamins. Auf dem Boden, auf einem vermutlich echten, zweifellos teuren und für Leute mit Muße sicher wunderschönen Seidenteppich lag ein wirrer Haufen, fast ein Berg, aus Stoffresten, Fetzen, Stroh.
    Tshato rutschte von der Fensterbank; es knirschte, als er auf die Splitter der Scheibe trat. Ohne in Matzbachs Schußlinie zu geraten, näherte er sich Zaches, riß ihm den Klebestreifen vom Gesicht, grinste ihn breit an, sagte »Hallo, Kleiner« und begann, mit der Machete an den Fesseln zu säbeln.
    »Wir sortieren das gleich, schlage ich vor.« Jüssen blieb in der gleichen Haltung sitzen; er wirkte eher gelangweilt.
    Lanzerath schaute zwischen Matzbach und Jüssen hin und her, plötzlich ein wenig unsicher. »Was haben Sie vor?«
    Matzbach schwieg; Jüssen schloß die Augen.
    »Und jetzt, Chef?« sagte Zaches. Er rieb sich die Handgelenke und versuchte, aufzutreten; Tshato mußte ihn die ersten paar Schritte stützen.
    »Was ist das da hinten, diese Trümmer?« sagte Matzbach.
    Zaches stülpte die Lippen vor, als ob er in Tränen auszubrechen gedächte. »Herr Jüssen sammelt doch alte Teddys, ja? Lanzerath hat seit Jahren alle aufgekauft, die er in die Finger kriegen konnte, und die hat er heute abend vor Jüssens Augen massakriert.«
    Jüssen verzog keine Miene; Lanzerath grinste flüchtig.
    »Ist Ihnen dabei einer flitzen gegangen?« sagte Matzbach.
    Tshato stieß ein tiefes, heiseres Kichern aus. »Was machen wir mit dem ganzen Kram hier?« sagte er.
    »Kannst du noch, Yü?«
    »Nach der Bastonnade«, sagte der Chinese mit schwankender Stimme, »empfiehlt Konfuzius zwar ein leichtes Fußbad mit anschließendem Beischlaf, aber ich werde mich schon noch aufrecht halten.«
    Zum ersten Mal kam so etwas wie eine Gemütsregung in Jüssens Züge; er musterte Yü, als sei dieser ein Extraterrestrier mit unreinlichen Gepflogenheiten und überraschenden Geistesblitzen.
    »Gut. Tshato, bring Zaches und den Fahrer weg. Sie haben vorsichtshalber wenig gesehen, denke ich.«
    Lanzeraths Fahrer nickte. Jüssen blickte kurz zu ihm.
    »Kommen Sie morgen in mein Büro, Scherer«, sagte er. »Wir müssen über Ihre Zukunft reden.«
    »Danke, Herr Jüssen.« Die Stimme war kaum zu verstehen; der Mann bewegte sich in einer Art schwebenden Schleichens.
    Tshato knurrte leise. »Seid ihr sicher?«
    »Immer. Bis nachher. Und beruhigt die Mädels.«
    Als die drei gegangen waren, deutete Matzbach mit der Waffe auf Lanzerath. »Sie werden jetzt zuerst mal telefonieren. Sie haben doch bestimmt noch irgendwo Wachhunde rumstehen; sagen Sie denen, wir hätten uns friedlich geeinigt, sie sollen Feierabend machen.«
    Lanzerath wollte etwas sagen; Jüssen hob die Hand. »Ich glaube, es gibt keine Außenposten; aber das regeln wir später. Sprechen wir von den wesentlichen Dingen. Was haben Sie herausbekommen?«
    »Alles.«
    »Das klingt wie sehr viel.«
    »Kann man so sehen.«
    »Geben Sie mir eine Kurzfassung,
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