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Schmusemord

Schmusemord

Titel: Schmusemord
Autoren: Gisbert Haefs
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abend zu mir. Allein, bitte – ohne Geleitschutz.«
    »Der Chinese kommt mit.«
    Lanzerath schwieg einen Moment. »Na gut, aber sonst keiner. Zehn Uhr? Ein bißchen Dunkelheit ist nützlich. Und, eh, falls Sie es sich anders überlegen – ich habe hier noch einen alten Bekannten von Ihnen, dem was passiert, wenn was passiert.«
    »Wer ist es?«
    Aber Lanzerath hatte schon aufgelegt.
    Hermine kochte Kaffee, während Matzbach telefonierte. Und telefonierte. Und telefonierte. Nach zehn Minuten hatte er ein paar Leute erreicht, die ihm nicht weiterhelfen konnten oder wollten, darunter Morungen und Löwe; es war ihm aber nicht gelungen, Yü oder Dany oder Zaches oder Jüssen oder Tshato aufzutreiben; auch Komarek war nicht erhältlich. Dafür war Hermines diffuse Laune einem seltsam schrägen Galgenhumor gewichen.
    »Trink, Brüderlein«, sagte sie, als sie ihm den dampfenden Becher reichte. »Der Steigbügel-Schluck. Henkerstrunk. Was auch immer, wohl bekomm’s. Soll ich den Benz anschmeißen?«
    »Ich denke, du magst das alles nicht?«
    »Wenn man bis über die Kiemen in der Scheiße steckt, sollte man beschließen, immer schon ein Faible für Jauche gehabt zu haben.«
    »Willst du das jetzt beschließen?«
    »Wollen? Was immer ich will, findet woanders statt, glaub ich.« Plötzlich schien sie ernst zu werden. »Ich frag mich die ganze Zeit, wieso du dich auf diese blödsinnige Nummer eingelassen hast. Und wieso ich mitgemacht habe.«
    »Du irrst, Holdeste.«
    »Inwiefern?«
    Matzbach klopfte auf die Außentasche der Windjacke, in der er seine alte Waffe untergebracht hatte. »Da drin steckt eine Browning«, sagte er. »Und die will noch was.«
    »Du bist meschugge! Sag bloß, dir macht das am Ende auch noch Spaß?!«
    Er seufzte und lächelte dabei. Fast verträumt sagte er: »Ich fürchte, da gibt es Unvereinbarkeiten, wie? Kreuzzüge und Entdeckungsfahrten und das Erobern fremder beziehungsweise feindlicher Reiche ... Miese Macho-Kiste, nehm ich mal an.«
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein ...«
    »Halb und halb. Im Prinzip war das alles überflüssig, und zwar deshalb, weil mich das Ableben von Albin Czerny nicht die Bohne interessiert und die paar Kröten, die Komarek namens der kichernden Witwen ausgelobt hat, auch nicht. Sagen wir, das Ganze tangiert mich nicht mal peripher. Andererseits ... mir war ziemlich langweilig zumute, niemand will die gesammelten Philosophen kaufen, da kann ich doch ebenso gut versuchen, sie Jüssen anzudrehen und mich dabei ein bißchen zu zerstreuen?«
    »Ich glaub’s nicht«, sagte Hermine schwach. »Kannst du nicht einfach abwarten?« Sie schüttelte den Kopf, während sie dies sagte; es mochte die Widerlegung der eigenen Frage sein oder ein Tadel.
    »Kann ich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Was immer Lanzerath dazu gebracht hat, in dieser Weise auszukeilen, ist ja nicht aus der Welt geschafft. Und ich hab keine Lust, die nächsten Monate jeden Morgen nachzuzählen, ob mir ein paar Knochen fehlen oder ein Stückchen von der Halsschlagader.«
    Nomey Tshatos Antlitz war ganz Wonne, eitel Freude, fürstliches Willkommen. Er öffnete die Tür, an der Matzbach eine Mischung aus Kratzen und Klopfen verübt hatte, und er war prachtvoll nackt. Der Sohn eines Aschanti-Fürsten, lange Zeit Schiffskoch, später Bereiter köstlicher Schweinereien für Yüs und Matzbachs untergegangene
Spelunke
, hatte bei der folgenden Teilung der Beute so gut abgeschnitten, daß er sich eine Weile darauf beschränken konnte und wollte, nur für seine Gefährtin Lucy (zuvor Kellnerin der
Spelunke
) und sich zu kochen. Matzbach hatte vor Wochen einmal kurz mit ihnen telefoniert, als er sich intensiv langweilte und wissen wollte, ob es ihnen auch so gehe; aber da war nur heiterer Widerspruch gekommen. Tshatos muskulöser Leib wirkte weder überfüttert noch untrainiert, und als er die Arme zur Begrüßung ausbreiten wollte und zu diesem Zweck das Handtuch fallen ließ, das er vor der Leibesmitte gehalten hatte, blieb es dort hängen.
    »Ahii yai yai«, grölte er. »Chef Bwana Sahib! Und die entzückende Zerschnitzerin heiler Hölzer! Welcher Glanz in meiner armen Hütte!«
    »So, wie du stehst, hängt Lucy irgendwo herum, oder?« sagte Matzbach. »Wir stören ungern, aber dürfen wir trotzdem reinkommen?«
    Tshato winkte sie grinsend an sich vorbei, durch den engen Gang zum großen Wohnraum des Appartements. Matzbach ging voran; hinter sich hörte er ein
ups
von Tshato, dann ein
wau
von Hermine. Er blickte
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