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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition)
Autoren: T.C Boyle
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ihren Schläfen sich im Dampf von den Servierplatten sacht zu kräuseln begann. »Und was jagst du da so?« fragte sie schließlich. »Nerze?«
    »Marder, Luchse, Füchse und Wölfe.« Das Essen war echt gut (sollte es auch, bei dem, was wir hier zahlten), und ich lud mir ordentlich was auf den Teller, aber auch wieder nicht so viel, daß sie mich für einen Schnorrer oder so halten konnte. Es entstand eine kurze Pause. Dabei nahm ich zum erstenmal die Musik wahr, eine Beach-Boys-Nummer, am anderen Ende des Saals live dargebracht von einer Band aus Juneau. »Bei einem Fuchs«, sagte ich, ohne genau zu wissen, ob sie so was hören wollte oder nicht, »da kommt man zur Falle, und die Schlinge hat ihn am Bein erwischt, vielleicht hat er es sich sogar schon halb abgenagt, und er faucht wie eine Kettensäge... Na ja, dann knallt man ihm mit einem Stock eins über die Schnauze, so ungefähr« – eine Geste mit meiner freien Hand –, »davon geht er k.o. Wie durch Zauberei. Und dann drückt man ihm nur kurz die Kehle ab, bis er zu atmen aufhört, und voilà, hat man einen schönen, unversehrten Pelz, verstehst du?«
    Erst hatte ich Angst, sie könnte zu diesen Tierfreundespinnern gehören, die auch noch die letzte Ratte, Zecke und Laus schützen wollen, aber sie wirkte überhaupt nicht irritiert. Im Gegenteil, ihr Blick ging kurz in die Ferne, sie beugte sich vor, um eine ordentliche Portion Königskrabben einzufassen, und richtete sich dann mit einem Lächeln auf. »Genau wie die Pioniere«, sagte sie.
    In diesem Moment spürte uns Bud auf. Er drängte sich rücksichtslos dazwischen, packte Jordy mit einer Hand an der Taille und zog sie für einen Kuß an sich heran, samt vollem Teller, den sie deshalb ungelenk von sich weghalten mußte, sonst hätte sie sich Königskrabben und Avocadosalat über das schwarze Seidenkleid gekippt. »’tschuldige die Verspätung, Baby«, sagte Bud, schnappte sich einen Teller und belud ihn mit massenhaft Schinken und Räucherlachs.
    Jordy drehte sich noch einmal zu mir um, und ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten, überhaupt nicht, aber natürlich wußte ich in diesem Augenblick, daß Bud sie angebaggert hatte und daß sie es gewesen war, die ihm ihre Zimmernummer gegeben hatte, auch wenn die Chancen einhundertsechs zu eins dagegen standen. Diese Erkenntnis machte mich leicht benommen, und nach der Benommenheit spürte ich Wut in mir aufsteigen wie Schaum in einer geschüttelten Dose Bier. »Ned«, murmelte sie, »kennst du schon Bud?«
    Bud warf mir einen häßlichen Blick zu, so ein Mittelding zwischen »Verpiß dich« und triumphierendem Grienen. Ich versuchte cool zu bleiben, Jordy zuliebe. »Klar doch«, war alles, was ich zustande brachte.
    Sie führte uns nach hinten, in die Nähe der Band – an einen dieser langen bankettartigen Tische –, und Bud und ich nahmen neben ihr Platz, rangelten um die Pole-position. »Bud«, sagte sie, gleich nachdem wir saßen, »und Ned«, hier wandte sie sich kurz zu mir und dann wieder zu ihm, »ihr zwei beide könnt mir bestimmt bei etwas helfen, ich möchte nämlich die Wahrheit darüber wissen, weil es einfach so wichtig war für meine kleine Romanze mit Alaska, und jetzt habe ich gerade irgendwo gelesen, daß es gar nicht stimmt.« Sie mußte etwas lauter sprechen, um My Little Deuce Coupe von den Beach Boys zu übertönen – immerhin war es ja eine Malibu-Beach-Party, komplett mit Sandhaufen in der Ecke und einem sechs Meter hohen Poster der Comicfigur Gidget im Bikini –, und wir lehnten uns beide leicht vor, um sie besser zu verstehen. »Also, was ich gern wüßte: gibt es hier wirklich zweiundsiebzig verschiedene Wörter für Schnee – ich meine, in der Eskimosprache?«
    Bud sah mich nicht einmal an, sondern legte sofort los mit seinem üblichen ausgemachten Blödsinn: er habe mal zwei Jahre lang mit den Inuit in der Gegend von Point Barrow gelebt, mit den alten Eskimoladys da oben auf Walroßhäuten herumgekaut und sich vor den Eisbären in acht genommen, und seiner Ansicht nach sei die Zahl Zweiundsiebzig eher niedrig geschätzt. Dann verfiel er in einen Dialekt, den er in diesem Moment erfunden haben mußte, und musterte Jordy dabei die ganze Zeit mit diesem breiten Mondgesichtsgrinsen, daß ich fast kotzen mußte, bis ich sie am Ellenbogen packte, so daß sie sich zu mir herumdrehen mußte, worauf ihm der gefälschte Inuit-Akzent wie eine Gräte in der Kehle steckenblieb. »Wir sprechen vom Schnee hier als
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