Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition)
Autoren: T.C Boyle
Vom Netzwerk:
›Torschlußpuder‹...« sagte ich.
    Sie hob die Brauen. Hinter ihr saß Bud mit gelangweilter und gieriger Miene und schaufelte sich das Essen rein wie ein verfressener Bär. Es war das erstemal, daß er den Mund hielt, seit er sich in unser Gespräch gedrängt hatte. »Das hat mit der Straße zu tun«, erklärte ich. »Wir liegen ja am Ende der zweispurigen Schotterstraße, die vom Alaska Highway nach Norden abzweigt, bis sie in Boynton zu Ende ist, dem letzten Ort auf diesem Kontinent, zu dem man im Auto fahren kann.«
    Sie wartete. Die Band haspelte sich zum Ende des Songs durch, und plötzlich lebten im Saal hundert herumschwirrende Unterhaltungen wieder auf. Bud sah von seinem Teller hoch, um einen Blick voll unverfälschtem Haß zu mir hinüberzujagen. »Weiter«, sagte sie.
    Ich zuckte die Achseln und spielte mit meiner Gabel. »Das war’s schon«, sagte ich. »Der erste Schneefall, der erste richtige jedenfalls, reicht aus, daß bis zum Frühjahr alles dicht ist. Finito. Schluß mit lustig. Wer in Boynton ist, der wird dort bleiben, bis...«
    »Und wer’s nicht ist?« fragte sie mit einem ironischen Blick, während sie ein Stückchen Krabbenfleisch von einer winzigen zweizackigen Gabel pickte.
    Bud antwortete für mich. »Der wird’s nicht schaffen.«
    Die Auktion galt einem karitativen Zweck: Sämtliche Einnahmen würden zu gleichen Teilen dem Altersheim für Trapper, dem Aids-Hospiz und dem Lebensmitteldepot der Sozialfürsorge von Anchorage zukommen. Das war mir recht – ich leiste gern meinen Beitrag – , aber wie gesagt, ich befürchtete, daß mich bei der Verabredung mit Jordy irgend jemand überbieten könnte. Nicht daß man sich davon viel versprechen durfte – es war nichts als eine Verabredung, aber immerhin die Gelegenheit, den Großteil des folgenden Tages mit der Frau seiner Wahl zu verbringen, und wenn insgesamt nur zweieinhalb Tage Zeit blieben, war das bereits ein ordentliches Stück davon. Ich hatte mit J.J. und ein paar anderen geredet, und die hatten alle vor, sich diese oder jene Frau zu ersteigern und sie im Boot aufs Wasser rauszufahren oder auch mit einem Schneemobil in die Berge zu bringen, um ihr die Gletscher im Osten der Stadt zu zeigen. Manche wollten ihre Dame sogar in den Busch mitnehmen, damit sie sich ihre Hütten und sonstigen Besitztümer ansehen könnte. Über das Thema Sex sprach dabei niemand – das hätte den Geist der Sache entwürdigt –, aber es war da, unter der Oberfläche, eine brennende Verheißung.
    Die erste Frau ging für fünfundsiebzig Dollar weg. Sie war um die Vierzig, Typ Krankenschwester oder Zahnarzthelferin – eine, die sich so richtig gut mit Bettpfannen oder Speichelsaugern auskannte. Wir übrigen sahen zu, wie drei Männer ihre Zeigefinger in den Kampf warfen und der Auktionator (Peter, wer sonst?) unter allerlei witzigen Bemerkungen zwischen ihnen hin und her deutete, bis zwei von ihnen ihre Obergrenze erreicht hatten. »Zum ersten, zum zweiten«, flötete er und holte die größtmögliche Spannung aus dem Augenblick heraus, »und... zum dritten, verkauft an den Herrn mit der roten Kappe.« Ich musterte den Kerl, nie vorher gesehen, vermutlich einer aus Anchorage, wie er die drei Stufen zur Bühne hinaufging, die sie neben dem Sandhaufen errichtet hatten, und ich fühlte, daß sich in mir etwas regte, als diese vierzigjährige Zahnarzthelferin mit ihrem Lächeln die Welt zum Schmelzen brachte und ihm einen Kuß gab wie in der letzten Szene eines Spielfilms, dann gingen die beiden Hand in Hand davon. Mein Herz hämmerte wie ein schadhafter Kolben. Ich konnte Bud in der Menge nicht sehen, aber ich kannte seine Absichten, und wie gesagt, hundertfünfundzwanzig war mein Limit. Über diesen Betrag konnte ich unmöglich gehen, egal, was passierte.
    Jordy kam als neunte dran. Von den Frauen vor ihr sahen zwei, drei echt gut aus, vermutlich Sekretärinnen oder Barkellnerinnen, aber Jordy steckte sie locker in die Tasche. Es lag nicht nur daran, daß sie gebildet war, es war auch ihre Haltung, die Art, wie sie mit diesem feinen, nach innen gekehrten Lächeln auf die Plattform hinaufstieg und ihren dürstenden Blick über die Menge schweifen ließ, bis sie ihn auf mir ruhen ließ. Ich ragte einen Kopf hoch über alle übrigen Männer hinaus, also war ich wohl nicht allzuschwer zu übersehen. Ich winkte ihr kurz zu, was ich sofort bereute, da ich mir so in die Karten hatte sehen lassen.
    Das erste Gebot lautete gleich auf hundert Dollar und kam von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher