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Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert
Autoren: brisbin
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wie sich ein Knoten in seinem Innern immer mehr zusammenzog. War er vielleicht im Begriff, einen Fehler zu begehen, indem er sich bereit erklärte, ihre Botschaft zu hören?
    Er hatte Connor angelogen. In der Tiefe seines Herzens kannte er die Wahrheit – er fürchtete sich vor der Nachricht, die sein Vater ihm sandte. Er fürchtete sich vor der Wahl, die er vielleicht treffen musste, wenn die Botschaft erst einmal verkündet war. Es war leicht zu schwören, nie mehr zu den Inseln im Norden zurückzukehren, wenn niemand einen einlud. Was sollte er jetzt tun?
    Auf dem Weg zur Hütte, die Rurik in Lairig Dubh bewohnte, sprachen Sven und Magnus kein Wort. Wenn Rurik fort war, kümmerte sich eine Frau aus dem Dorf um seine Unterkunft. Und wenn er da war, hielt sie die Hütte sauber und sorgte für Vorräte. Rurik lächelte bei dem Gedanken an das, wofür die reizende Daracha während seines Aufenthalts sonst noch sorgte. Seine Männlichkeit wurde hart, und ihn erfüllte die Vorfreude auf das, was in dieser Nacht geschehen mochte, wenn es im Dorf erst einmal still wurde.
    Sven und Magnus würden wohl in der Burg schlafen müssen.
    Er stieß die Tür auf und ließ die beiden als Erste eintreten. Die Tür ließ er offen, damit frische Luft in die Hütte kam, zog die wenigen Hocker und den Stuhl an den kleinen Tisch und forderte die Männer auf, sich zu setzen. Dann ging er zu einem Vorratsregal und griff nach einem Krug Bier und drei Bechern. Er setzte sich nieder, und während er die Becher füllte, nickte er Sven zu, von dem er annahm, dass er den Brief von ihm erhalten würde.
    „Seit fast drei Monaten suchen wir dich jetzt schon, Rurik. Wieso gehst du uns aus dem Weg?“
    „Euer Brief und derjenige, der euch schickt, interessierten mich nicht“, meinte er. Er war sich nicht sicher, ob sein Freund die Entschuldigung glaubte. Aber er fand sie nicht schlecht.
    „Und jetzt?“, fragte Magnus. „Wieso willst du sie jetzt hören?“
    Rurik ließ den Blick durch die Hütte schweifen. Er fragte sich selbst, aus welchem Grund er den beiden seit Monaten aus dem Weg ging, wie sie sagten, und warum er sich ihnen jetzt auf einmal stellte. „Es ist eben an der Zeit.“
    Sven und Magnus ließen fast gleichzeitig ein Schnauben hören, wechselten bedeutungsvolle Blicke und zuckten die Achseln. Dann nahmen sie noch einen Schluck Bier. Ihre Anspannung ließ nach, als sei es jetzt, wo sie wussten, dass er sie anhören würde, unwichtig, wieso er versucht hatte, sie auszutricksen.
    „Er will, dass du zurückkommst. Er ist bereit, dich als Sohn und Erben anzuerkennen“, sagte Sven ohne große Umschweife.
    „Als Erbe?“
    Bevor er sich versah, war Rurik das Wort entschlüpft. Eine starke Sehnsucht erfüllte ihn. Jahrelang hatte er dagegen angekämpft. Und mit diesem einen Wort war alles wieder da.
    „Er braucht jemanden, der über seine Ländereien in Schweden wacht. Und es gibt ein Heiratsangebot, das bedacht werden muss.“
    Rurik gab sich Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken. Damit war er genauso erfolgreich wie bei dem Versuch, seine Gier nach dem Angebot zu unterdrücken, das ihm gerade gemacht worden war. „Eine Heirat?“
    „Jetzt komm schon, Rurik, du kennst doch seine Verbindungen. Viele Frauen würden gern mit dem Sohn von Erengisl Sunesson verheiratet werden. Bastard oder nicht, für manch eines Edelmanns Tochter stellst du eine vorteilhafte Partie dar.“
    Die Anspielung auf seine illegitime Geburt schmerzte. Aber er wusste, dass Svens Worte der Wahrheit entsprachen. Viele Bündnisse kamen durch Heirat zustande. Für viele, die sich nach einer Verbindung mit jenen sehnten, die politische oder gesellschaftliche Macht oder Reichtum besaßen, würde seine Geburt kein Hindernis sein. Und sein Vater besaß beides.
    „Wirst du mit uns kommen?“, fragte Magnus.
    Rurik kämpfte gegen den einen Teil von sich an, der das Angebot am liebsten sofort angenommen hätte. Aber viele hingen von ihm ab, und er wollte sie nicht enttäuschen. Der Laird war einer von ihnen wie auch ihr beider Onkel, der Rurik, ohne Fragen zu stellen und ohne ihm seine Herkunft übel zu nehmen, bei sich aufgenommen hatte. Auch wenn er eigentlich nicht viel von sich preisgeben wollte, wusste Rurik, dass er es wohl oder übel tun musste, wollte er eine kluge Entscheidung treffen.
    „Ich werde darüber nachdenken, Magnus. Ich brauche Zeit.“
    Sven und Magnus wechselten wieder einen Blick und sahen sich dann beide in der Hütte um. Ihr Plan war offensichtlich, ihr Misstrauen oder
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