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Schleier des Herzens (German Edition)

Schleier des Herzens (German Edition)

Titel: Schleier des Herzens (German Edition)
Autoren: Veronica Wings
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scherzten die Männer des maurischen Anführers. Sie träumten von all den Mädchen, die sie sich für den Erlös der schönen Hídalga kaufen konnten. Anschmiegsame, willige Geschöpfe, keine kratzbürstigen Katzen wie diese wilde, schamlose kleine Christin, die sie da erbeutet hatten. Lachend verglichen die Männer die kleinen Blessuren, die sie vom Kampf mit Beatriz davongetragen hatten, Kratzer und Bissspuren.Nein, wer dieses Mädchen erwarb, würde keine Freude an ihr haben!
    Nur einer, der Anführer der Gruppe, blieb still. Zu genau stand Beatriz’ Bild vor seinen Augen. Ihre leuchtenden, Funken sprühenden Augen, ihre Leidenschaft beim Liebesspiel mit diesem Diego und die tiefe Liebe und Hingabe in ihrem Blick, mit der sie dem Sterbenden Treue geschworen hatte. Diese Frau mochte wild sein, aber wenn man sie zähmte, wäre sie alle Güter der Welt wert. Oder nein, ›zähmen‹ war der falsche Ausdruck – Beatriz de Aguirre wollte erobert werden! Amir ibn Abdallah, Sohn und Erbe des Emirs von Granada, machte sich bereit zum Kampf.
    Beatriz lag angespannt und zitternd unter ihren Decken. Sicher würde sie in dieser Nacht kein Auge zutun. Aber dann übermannte sie doch die Erschöpfung nach dem anstrengenden Ritt. Lange, bevor das Lagerfeuer der Männer verlosch, fiel das Mädchen in tiefen Schlaf.
    Als sie erwachte, war der Morgen jedoch noch fern. Völlige Dunkelheit lag über den kargen, nur von Gewürzsträuchern und Kakteen spärlich begrünten Hügeln im östlichen Granada. Ein trockenes, heißes Land – und dennoch fruchtbar, wenn es nur bewässert wurde. Beatriz erinnerte sich, wie bewundernd ihr Vater oft vom Brunnenbau und der allgemeinen Bewässerungstechnik der Mauren gesprochen hatte. Nun, hier wuchs jedenfalls nichts, der nächste Bauernhof war offensichtlich weit entfernt. Beatriz erinnerte sich, dass sie schon Stunden vor Aufschlagen des Nachtlagers nur durch die Wildnis geritten waren. In dieser Gegend waren ihre Entführer und sie zweifellos die einzigen Menschen ...
    Ein tollkühner Plan blitzte in ihr auf. Was wäre, wenn sie einfach ihr Pferd nahm und sich aus dem Staubmachte? In den letzten Stunden waren sie immer demselben Weg gefolgt; wenn sie die Stute etwas antrieb, würde sie schnell viele Meilen zwischen sich und ihre Entführer legen. Bestimmt fand das Pferd den Heimweg von allein -mal ganz abgesehen davon, dass es ja reichen würde, die Grenze zu überschreiten. In Kastilien würde sie jeder gern aufnehmen und beschützen – schon, weil ihr Vater ihre Retter zweifellos reich belohnen würde. Beatriz richtete sich vorsichtig auf und spähte zum Lager der Männer hinüber. Nein, Wachen hatten sie nicht aufgestellt, sie lagen seelenruhig ausgestreckt um die Reste des Feuers, nur gelegentlich unterbrach ein Schnarchen oder Stöhnen die Stille der Nacht.
    Wie lange würde sie brauchen, bis sie die Grenze erreichte? Mit dem Trupp war sie vier oder fünf Stunden geritten, aber wenn sie die Stute zu scharfem Galopp anspornte, würde sie schneller sein.
    Beatriz stand auf und versuchte, dabei keinen Laut zu verursachen. Sie verharrte zu Tode erschrocken, als ihr Kleid raschelte, aber die Männer rührten sich nicht. Die Pferde waren etwas abseits des Lagers angebunden, damit sie sich bewegen und grasen konnten. Leiser Hufschlag würde also nicht auffallen. Allerdings hatten die Männer das Sattelzeug in die Mitte des Lagers geholt; an seine Verwendung war also nicht zu denken. Beatriz würde ohne Sattel und Reitzäumung fliehen müssen. Nun, als Kind war sie oft im Herrensitz auf einem der Esel oder Maultiere geritten, die ihr Vater zur Feldarbeit hielt. Seine Bauern hatten gelacht, wenn sich das wilde Mädchen mit nackten Beinen auf eins der Arbeitstiere geschwungen und ihm beherzt die Hacken in die Seite geschlagen hatte, um es zu einem Galopp anzuregen. Die Mulis hatten ihr allerdings selten den Gefallen getan; meist hatten sie die kindliche Wut einfach an sich abprallen lassen. Abermanchmal war doch eins der Tiere angetrabt und hatte seine Reiterin dabei hoffnungslos durchgeschüttelt. Dennoch, heruntergefallen war Beatriz nie! Das würde ihr auch jetzt nicht passieren, schließlich war die Vollblutstute umso viel weicher und besser zugeritten!
    Beatriz tastete sich zu den Pferden und löste geschickt den Knoten des Stricks, mit dem ihre Stute neben den anderen Tieren angebunden war. Das Pferd sah ihr mit freundlich gespitzten Ohren entgegen. Sicher sehnte es sich ebenso nach seinem
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