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Schleier des Herzens (German Edition)

Schleier des Herzens (German Edition)

Titel: Schleier des Herzens (German Edition)
Autoren: Veronica Wings
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ritt sie schweigend neben ihm. Ihr Herz blutete, wenn sie an Diego dachte, und hinzu kam, dass sie immer mehr von Angst erfüllt war. Der kleine Reitertrupp hatten die Besitzungen ihres Vaters längst hinter sich gelassen, und inzwischen verzichtete der Maure auch darauf, Beatriz’ Pferd am Zügel zu führen. Wohin hätte sie auch entkommen können? Sie ritten jetzt durch unbebautes, karges und wildes Land – niemand wagte hier zu siedeln, die Grenze kam näher und näher.
    Schließlich Wandte sich der Anführer der Mauren erneut an das Mädchen.
    »Wir haben soeben die Grenze überschritten. Seht Ihr die Wachtürme? Noch ein paar Meilen, und wir werden die ersten Dörfer und Landgüter erreichen.«
    Der Mann sprach betont freundlich auf Beatriz ein, aber sie gönnte ihm keinen Blick. Zusammengesunkenund grübelnd saß sie auf ihrer Stute. Die Durchquerung des Grenzlandes hatte ihr die letzte Hoffnung geraubt.
    Wie verheißungsvoll dieser Tag begonnen hatte! Und jetzt waren da nur noch Trauer, Schmerz und die Angst vor einer ungewissen Zukunft.
    »Ihr werdet sehen, dass wir die gleichen Früchte anbauen wie Ihr. Wir haben allerdings die Kunst der Bewässerung vervollkommnet. Wo christliche Landwirte um Regen beten müssen, fördern wir das Leben spendende Nass aus den Tiefen der Erde, oder wir leiten die Flüsse um, die in den Bergen entspringen ...«
    Beatriz antwortete nicht.
    »Ihr müsst Euch nicht unterhalten, wenn Ihr nicht wollt«, meinte der Mann schließlich. »Aber es macht die Reise doch etwas kurzweiliger, oder findet Ihr nicht?«
    »Mich verlangt nicht nach Kurzweil, ich bin in Trauer!«, fuhr Beatriz ihn an. Dabei konnte sie nicht umhin, ihn kurz zu betrachten. Ihr Entführer war groß, sehr hoch gewachsen für einen Mauren. Sein Helm schien ihr leichter und feiner gearbeitet als die Rüstungen der Christen, seine untere Gesichtshälfte blieb unter einem gestreiften Tuch verborgen. Es sollte im Kampf vor Staub schützen, aber maurische Krieger trugen es wie einen verwegenen Schmuck. Die Augen des Anführers wirkten dunkel, fast schwarz. Sie blitzten das Mädchen spöttisch an.
    »Ich vergaß, Ihr trauert ja um jenen Jüngling, dem ich eben den Weg ins Paradies ebnete – wo er deutlich besser aufgehoben ist als im Kampf gegen meine Leute. Da, seht Ihr? Das Dorf, von dem ich eben sprach. Hier liegt das Gestüt, aus dem er Touhami raubte. Auch dort trauern noch Frauen und Mädchen.«
    »Ungläubige!«, spuckte Beatriz aus.
    »Auch ›Ungläubige‹ weinen, meine Schöne«, sagte derMann ernst. Jetzt, da er sich in Sicherheit wähnte, lockerte er den Brustpanzer seiner ledernen Rüstung. Mit widerwilliger Bewunderung vermerkte Beatriz, wie sicher er im Sattel saß. Er lenkte sein leichtes, edles Pferd nur mit kleinsten Bewegungen seiner Schenkel; seine Verständigung mit der goldfarbenen Stute drückte Kraft aus, aber auch eine sonderbare Form der Zärtlichkeit. Beatriz schien fast zu spüren, wie sich die Muskeln des Tieres unter seiner Berührung anspannten ...
    Aber dann schalt sie sich im Stillen für diese Gedanken. Wie konnte sie die Reiterei dieses Mannes bewundern, ja sogar an Zärtlichkeit und Sanftmut denken? Dieser Maure war Diegos Mörder, ihr Entführer ...
    Aber andererseits schien sie ihm auch zu Dank verpflichtet. Er hatte dafür gesorgt, dass man Diegos Leiche rasch entdecken würde – und er hatte seine Männer davon abgehalten, über sie herzufallen. Noch immer glaubte Beatriz nicht daran, dass man sie auf einem Sklavenmarkt feilbieten würde. Lieber nahm sie an, dass sich doch etwas Erziehung und Mitgefühl hinter der spöttischen Fassade ihres Entführers verbarg. Und wer weiß: Vielleicht waren seine Drohungen und Sticheleien ja nur eine seltsame Form der Werbung. Beatriz war sich ihrer Wirkung auf Männer durchaus bewusst. Vielleicht war es sogar hilfreich, ihn ein bisschen zu ermutigen?
    Beatriz beschloss, das Spiel mitzuspielen.
    »So wollt Ihr mich nun wirklich verkaufen?«, fragte sie kokett.
    Der Mann runzelte die Stirn, als er ihren veränderten Ausdruck bemerkte. Dann zuckte er die Schultern. »Was tat denn Euer Diego mit seinen maurischen Sklaven? Ließ er die frei und reich beschenkt wieder ziehen? Aber ich vergaß, das waren ja nur Ungläubige.« Der Mann lachte bitter.
    Es klang erschreckend ernst. Aber Beatriz würde sich nicht entmutigen lassen.
    »Denkt Ihr denn wirklich, ich eigne mich zur Dienstmagd?«, fragte sie mit einem hilflosen Lächeln. »Ich habe nie im
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