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Silberstern Sternentänzers Sohn 01 - Der geheimnisvolle Hengst

Silberstern Sternentänzers Sohn 01 - Der geheimnisvolle Hengst

Titel: Silberstern Sternentänzers Sohn 01 - Der geheimnisvolle Hengst
Autoren: Lisa Capelli
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Aufbruch in ein neues Leben
    „Annit!“ Wie aus weiter Ferne drang die Stimme an ihr Ohr. Annit drehte sich in ihrem Schlafsack noch einmal um. Irgendjemand hatte sie aus einem seltsamen Traum gerissen. Sie war mit Silberstern, dem schwarzen Araberhengst, über eine ausgedörrte Steppe geritten. Weit hinten am Horizont hatte sie eine seltsame Gestalt gesehen, die ihr zuwinkte. Annit hatte Silberstern angetrieben. Als sie näher gekommen war, hatte sie erkannt, dass die Gestalt ein Junge war, der schmutzige, zerschlissene Klamotten trug. In seinen kurzen blonden Haaren hatten die Sonnenstrahlen gespielt, und seine braunen Augen hatten gefunkelt. Er war von einem hell leuchtenden Feuerkreis umgeben gewesen, in dem sich das Licht in vielen bunten Farben gebrochen hatte wie in einem Diamanten. Plötzlich hatte der Junge sich abgewendet, war davongelaufen und am Horizont verschwunden - als hätte er sich in Luft aufgelöst...
    Und dann hatte eine Stimme ihren Namen gerufen. Annit zog den Schlafsack bis zu ihrer Nasenspitze hoch.  Vielleicht kann ich ja noch ein bisschen schlafen und weiter träumen, dachte sie. Ich würde doch zu gern wissen, was es mit diesem seltsamen Jungen auf sich hat.
    „Willst du denn gar nicht aufstehen?“, ertönte in diesem Moment eine tiefe Stimme. Gleich darauf steckte Rocco seinen Kopf in das kleine Zelt, in dem sie lag. „Wenn du noch frühstücken willst, musst du dich beeilen“, fuhr Rocco fort. „In einer halben Stunde fahren wir weiter.“ Damit war er wieder verschwunden.
    Annit rieb sich verschlafen die Augen. „Komme gleich“, rief sie, obwohl Rocco das sicher nicht mehr hören konnte. Hastig kroch sie aus dem Schlafsack, zog Jeans und T-Shirt an und band ihre langen schwarzen Locken mit einem Haarband zusammen.
    Als sie schließlich aus dem kleinen Zelt schlüpfte, atmete sie tief die noch kühle Morgenluft ein.
    Am Abend zuvor hatte Rocco, der bekannte Feuerschlucker, Fakir und Zirkusdirektor, auf dem Weg nach Warschau mit seiner ganzen Zirkustruppe hier haltgemacht. Auch Annit gehörte zu dieser Truppe. Es war schon stockdunkel gewesen. Daher hatte Annit nicht mehr viel sehen können von dem Ort, an dem sie die Nacht verbracht hatten. Staunend betrachtete sie nun die bizarren Felsgebilde, die vor ihr aufragten und von der Sonne in ein beinahe unwirkliches Licht getaucht wurden.
    „Fast wie im Märchen“, murmelte Annit. Verschlafen setzte sie sich an den kleinen Campingtisch.
    „Ich hab dir schon ein Marmeladenbrot gemacht“, sagte Rosalia lächelnd und reichte Annit das Brot.
    Rosalia hatte ihre tiefschwarzen, mit feinen Silberfäden durchzogenen Haare wie meist zu einem Knoten zusammengebunden. Annit mochte die warmherzige Frau mit den lebhaft blitzenden schwarzen Augen sehr. Rosalia hatte immer ein offenes Ohr, wenn es mal Probleme gab, und kümmerte sich fast wie eine Mutter um Annit. Ständig trug sie eine ihrer bunten, bodenlangen Tuniken, die sie aus Tunesien mitgebracht hatte. Dort hatten sie und ihr Mann José, der als Schwertschlucker arbeitete, früher mal ein paar Jahre gelebt. Die beiden gehörten erst seit Kurzem zu Roccos Zirkustruppe. Roccos Freund, der Schwertschlucker Bastiano, hatte sie nicht nach Polen begleiten wollen. Er wollte lieber wieder zurück nach Berlin. Daher hatte Rocco für seinen Zirkus einen neuen Schwertschlucker gebraucht.
    „Wo sind wir hier eigentlich?“, fragte Annit, nachdem sie von ihrem Marmeladenbrot abgebissen hatte.
    Rosalia zwinkerte geheimnisvoll. „In der Heimat des sagenumwobenen Rübezahl“, antwortete sie.
    „Rübezahl?“ Annit hatte schon von dem Berggeist gehört. Aber sie wusste nicht viel mehr, als dass er ein ziemlich launischer Riese gewesen sein musste.
    „Der Sage nach ist er der Wetterherr des Riesengebirges“, erklärte Rosalia und deutete auf die Berge. „Aus heiterem Himmel sendet er Donner und Blitz oder Regen und Schnee vom Berg nieder. Und er nimmt auch verschiedene Gestalten an“, fuhr sie fort, während sie die benutzten Teller zusammenstellte. „Besonders gern zeigt er sich als Mönch in aschgrauer Kutte mit einer Harfe in der Hand. Darauf spielt er dann so heftig, dass die ganze Erde erzittert.“
    Annit schüttelte sich. „Da kann ich ja froh sein, dass er heute Nacht nicht sein Unwesen getrieben hat“, sagte sie.
    Rosalia zuckte mit den Schultern. „Guten Menschen gegenüber zeigt er sich freundlich und beschenkt sie sogar.
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