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Schlag weiter, Herz

Schlag weiter, Herz

Titel: Schlag weiter, Herz
Autoren: Davic Pfeifer
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nicht küssen. Zu viel Verbindung. Das Manga-Mädchen lässt das Handtuch fallen, drückt Mert an den Schultern aufs Bett und nimmt seinen Penis in den Mund. Es scheint Mert ewig her zu sein, dass er Sex hatte. Aber so sehr sie sich auch bemüht, er bekommt keine Erektion. Sie setzt sich auf Mert, bewegt ihren Po, wie sie es vermutlich als Technik von anderen Kunden kennt, doch Mert nimmt sie an den Armen und hebt sie von sich runter. Er dreht sich auf die Seite, zieht sie an einem Arm an seinen Rücken und sagt: »Na komm schon her.«
    So liegen sie eine Weile. Mert schläft fast ein, dann tippt ihn das Manga-Mädchen an. »You okay?«
    »Yes«, sagt Mert und setzt sich auf.
    Er zieht sich an, nimmt sein Geldbündel aus der Hosentasche und legt ihr zweitausend Baht hin. Unten auf der Straße rennt er gegen eine Wand aus Hitze. Er geht nach rechts über die Bangla Road, aber nicht mehr zur Mamasan. An der Beach Road muss er sein Motorrad aus dem Haufen von Mopeds befreien, die drum herum abgestellt wurden. Er fährt runter bis ans Ende des Zentrums, biegt rechts ab, dann wieder rechts, um auf die Hauptstraße zu kommen, und schlängelt sich durch den Stau. Erst als er das Zentrum verlässt, kann er beschleunigen. Er biegt rechts auf die Küstenstraße ab und fährt den Berg hoch. Sein Magen hebt sich über der Kuppe, dann lässt er sich runtergleiten, bis zur Rechtskurve. Er legt sich hinein, richtet die Maschine auf Höhe der Shooting Range wieder auf und gibt Gas.

45
    Ali schiebt den Kinderwagen in Richtung Spielplatz, seine Frau hat sich bei ihm eingehakt. Sie ist zehn Zentimeter größer als er und so hell wie die Sonne, die an diesem Tag scheint. Es hat sich eingebürgert, dass Ali und Felix sich mit ihren Frauen und den Kindern auf dem Spielplatz treffen, wenn das Wetter gut ist. Sie plaudern, können aber auch schweigen, wenn es nichts zu besprechen gibt. Sie sehen den Kindern zu, lassen die Frauen reden und verbringen trotzdem Zeit miteinander.
    »Du hältst dich gut«, sagt Ali statt einer Begrüßung. Felix streckt ihm die Faust hin, Ali klopft sie ab. Ali ist rund geworden, sein Übergewicht und seine weite Kleidung lassen ihn noch kleiner wirken. Er tätschelt seinen Bauch. »Sag nichts, ich weiß, dass ich wieder zugenommen hab. Bald fang ich noch mit dem Rauchen an.«
    Felix lächelt. Er hat eine Weile gebraucht, um sich an Alis Humor zu gewöhnen, aber mittlerweile findet er ihn hilfreich. Man kann nicht immer Trübsal blasen.
    »Und, wie geht’s so?«, fragt Ali.
    »Geht gut.«
    »Mh.«
    Alis Frau steht neben der Spielfläche, dort wo kein Sand ist, in dem der Kinderwagen versinken würde, und versucht ein Gespräch mit Angelika zu führen, während sie ihr Töchterchen wiegt. Angelika nickt abwesend und lässt dabei keine Sekunde den kleinen Jungen aus den Augen, der auf die Schaukel zukrabbelt. Anna hält sich an den Ketten fest und wird von Jörg angestoßen. Wenn sie nach hinten fliegt, lehnt sie sich nach vorne, wenn es nach vorne geht, streckt sie die Beine aus. Die Hartgummiplatte der Schaukel drückt sich schon ein wenig durch. Der Kleine robbt immer weiter auf Jörg und Anna zu, in der rechten Hand schleift er eine alte, kopflose Big-Jim-Figur durch den Sand.
    »Ich sehe oft Typen, die mich an Mert erinnern«, sagt Ali nach einer Weile, »dabei sieht ihm eigentlich niemand ähnlich.«
    »Mir ist früher auch nie aufgefallen, wie viele Frauen kurze Haare haben«, sagt Felix.
    Am Anfang hat Ali oft von Mert geträumt. Dass er vor ihm steht und alles aufklären kann. Als die Träume seltener wurden, dachte Ali, er habe es hinter sich, das Schlimmste sei vorüber. Aber manchmal springt ihn die Erinnerung unerwartet an. Gestern hat er auf dem Bürgersteig eine festgetretene Tüte M&Ms entdeckt, und plötzlich war alles wieder da: Buddha, die schwüle Nachthitze, die Klippe. Es gibt viele Anlässe, sich zu erinnern, wenn man erst mal darauf achtet. Das Knattern eines Motorrads, der Geruch von altem Schweiß in einem Handschuh, ein ehemaliger Vereinskollege auf dem Heimweg, eine Meldung über Mike Tyson. Plötzlich steht die Welt voller Hinweise, die auf den Verlust deuten.
    Angelika und Alis Frau haben eingesehen, dass es zu chaotisch ist, um sich vernünftig zu unterhalten. Alis Frau schiebt den Kinderwagen auf den Asphaltstreifen, der um die Sandfläche herumführt, während Angelika ihren Sohn ermahnt, seine Schwester nicht zu hoch zu schubsen. Der Kleine versucht in den Stand zu kommen, doch
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