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Schlag weiter, Herz

Schlag weiter, Herz

Titel: Schlag weiter, Herz
Autoren: Davic Pfeifer
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geschlossen hatte, klopfte es. Es hatte noch nie geklopft, Mert bekam keinen Besuch. Er sah mit dem Auge, das weniger zugeschwollen war, durch den Spion und entdeckte niemanden vor seiner Tür. Kaum hatte er sich umgedreht, klopfte es wieder. Sein Herz raste, aber er öffnete die Tür. Links im Rahmen lehnte Stefan. Er hatte Tränensäcke bekommen. Die ganze Erscheinung war weiß und weich, wie liegen gelassener Teig. Sein langes, blondes Haar wuchs nur noch in Resten.
    »Willst du einen alten Kumpel nicht reinbitten?«, fragte Stefan, nachdem einige Sekunden vergangen waren.
    Mert winkte ihn mit der Hand in den Flur. Stefan trat ein, wartete, bis Mert vorausging, und folgte ihm dann in den einzigen Raum. Da es keinen Stuhl gab, setzte Stefan sich wie selbstverständlich auf das Bett. Mert lehnte an der Küchenzeile.
    »Du freust dich nicht richtig, mich zu sehen, oder?«
    »Doch, schon, tut mir leid. Bin nur erschrocken.«
    »Wär ich auch an deiner Stelle. Du hast mich ganz schön hängen lassen.«
    »Ich hab dich ins Krankenhaus gebracht.«
    »Das wollte ich nicht. Und die Waffe mit meinen Fingerabdrücken hast du auch gleich noch eingeworfen, damit sie ja gefunden wird. War nicht leicht zu erklären, wie ich mir selbst ins Bein geschossen habe.«
    Mert wusste nicht, was er sagen sollte. Er wartete ab.
    »Hast du mein Geld mitgehen lassen?«, fragte Stefan.
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Wär besser gewesen. Die Bullen haben alles beschlagnahmt, aber dich haben sie nicht gefunden. War auch für mich nicht einfach. Ich hab ein paar Abende vor Nadjas Wohnung verbracht, bis ich auf den Trichter gekommen bin, mich an Ali zu heften.«
    »Was willst du?«
    »Du musst mir helfen.«
    »Mit was?«
    »Du musst mir den Rücken freihalten, bei einem Geschäft.«
    »Ich mach das nicht mehr.«
    Stefan sah ihn an, sehr lang und kalt.
    »Findest du nicht, dass du mir was schuldest, mein Freund? Vom Geld will ich gar nicht anfangen.«
    »Was schulde ich dir denn?«
    »Du hast mich hängen lassen, hast dich durchschmarotzt und mich hängen lassen. Ich hab meine Zeit abgerissen, hab keinen Piep gesagt, dass du dabei warst. Und ich brauch ein bisschen Kohle, um wieder anzufangen.«
    »Soll ich dir was geben?«
    Stefan lachte blechern.
    »So viel hast du nicht, selbst wenn du mir die Bude ausgeräumt hättest, bevor die Bullen da waren. Hättest wenigstens das Koks verschwinden lassen können, dann wär das Ganze glimpflicher abgelaufen.«
    »Ich kann dir nicht helfen.«
    »Du siehst gut aus, fit, genau so einen brauch ich.«
    »Ich kann dir wirklich nicht helfen, ich bin froh, dass es vorbei ist.«
    »Für dich ist es vielleicht vorbei, aber ich kann mich nicht zur Ruhe setzen. Ich bin im Arsch. Wegen dir.«
    »Mit mir hat das nichts zu tun.«
    Stefan blickte sich in Merts Wohnung um, taxierte die Einrichtung, schüttelte den Kopf.
    »Sieht nicht so aus, als würd’s bei dir gut laufen.«
    Mert erwiderte nichts, richtete sich aber an der Küchenzeile auf. Sein Körper straffte sich, das geschah ganz automatisch in dem Moment, als ihm keine andere Lösung mehr einfiel. Stefan deutete die Feindseligkeit richtig.
    »Weißt du, es ist ja auch nicht ungefährlich für dich, solange ich mit den Albanern zu tun hab. Keine Ahnung, ob die mich im Visier haben. Vielleicht haben sie Nadjas Adresse über mich rausgekriegt, und dann finden sie dich sicher auch bald. Vielleicht reicht es ihnen auch, Nadja wehzutun.«
    Mert dachte nach. Er entspannte sich wieder, sein Blick klärte sich. »Was soll ich tun?«, fragte er schließlich.
    Stefan erklärte ihm, was er vorhatte. Er wollte den Mann mit dem Rollkragenpulli, den sie damals in Eppendorf besucht hatten, ausnehmen. Ihm ein Paket Babynahrung statt Kokain andrehen und das Geld als Startkapital nutzen, um wieder ins Geschäft zu kommen. »Der Typ traut sich bestimmt nicht mal, sich zu beschweren, der hat ja schon vor seiner Frau die Hosen voll.«
    Mert willigte ein.
    Zwei Tage später holte Stefan ihn zur vereinbarten Uhrzeit ab. Der X5 war verwahrlost. Es roch, als würde Stefan in dem Auto leben. »Soll ich fahren?«, fragte Mert. »Bin lange nicht mehr gefahren.«
    Stefan rutschte umständlich auf die Beifahrerseite. Mert setzte sich hinters Steuer, fuhr den Sitz zurück und legte den Gang ein.
    »Wie in alten Zeiten«, sagte Stefan, als Mert den Wagen in Richtung Innenstadt lenkte. Als sie an der Ampel an der Kreuzung zur Glacischaussee warteten, direkt neben dem Platz, auf dem der
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