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Schlachthof 5

Schlachthof 5

Titel: Schlachthof 5
Autoren: Kurt Vonnegut
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eingeteilt, der in Tobruk in Gefangenschaft geraten war.  Der Maori war schokoladenbraun. Er hatte ein Liniengewirr auf seiner Stirn, und seine Wangen waren tätowiert. Billy und der Maori stießen ihre Schaufeln in das zähe, unnachgiebige Geröll des Mondes. Die Bestandteile waren locker, so daß es dauernd kleine Lawinen gab. Viele Löcher wurden gleichzeitig gegraben. Noch wußte niemand, was man dort finden würde. Die meisten Löcher führten zu nichts — zu Straßenpflaster oder Steinblöcken, die so groß waren, daß sie sich nicht bewegen ließen. Es gab keine maschinelle Hufe. Nicht einmal Pferde oder Maulesel oder Ochsen konnten die Mondlandschaft überqueren.
    Und Billy, der Maori und andere, die ihnen bei diesem besonderen Loch halfen, stießen schließlich auf eine aus Holz geflochtene Membrane über Felsbrocken, die sich zu einem zufälligen Gewölbe festgekeilt hatten. Sie stießen eine Öffnung in die Membrane. Darunter waren Finsternis und Leere.
    Ein deutscher Soldat mit einer Stablampe stieg in die Finsternis hinunter und blieb lange Zeit unten. Als er schließlich zurück kam, sagte er einem am Rand der Öffnung stehenden Vorgesetzten, daß Dutzende von Leichen dort unten waren. Sie saßen auf Bänken. Sie waren nicht gekennzeichnet.  So geht das.
     
    Der Vorgesetzte sagte, daß die Öffnung in der Membrane erweitert und eine Leiter in das Loch hinuntergelassen werden sollte, um die Leichen herausschaffen zu können. So begann das erste Leichenbergwerk in Dresden.

    Allmählich wurden Hunderte von Leichenbergwerken in Betrieb genommen. Sie rochen zuerst nicht schlecht, waren wie Wachsfigurenmuseen. Aber dann zersetzten sich die Leichen und lösten sich auf, und der Gestank war wie Rosen und Senfgas.  So geht das.
     
    Der Maori, mit dem Billy zusammengearbeitet hatte, starb in der erstickenden Luft, nachdem man ihm befohlen hatte, in diesen Gestank hinunterzusteigen und dort zu arbeiten. Er riß sich selbst in Stücke, während er nach oben schaffte und immer wieder nach oben schaffte.  So geht das.
     
    Daher wurde eine neue Arbeitsmethode eingeführt.  Die Leichen wurden nicht mehr heraufgebracht. Sondern sie wurden dort, wo sie waren, von Soldaten mit Flammenwerfern eingeäschert. Die Soldaten standen draußen und warfen einfach das Feuer hinein.
    Irgendwo dort wurde der arme, alte Hochschullehrer Edgar Derby mit einem Teekessel ertappt, den er aus den Katakomben mitgenommen hatte. Er wurde wegen Plünderns festgenommen. Er wurde verurteilt und erschossen.  So geht das.
     
    Und irgendwo dort war Frühling. Die Leichenbergwerke wurden geschlossen. Die Soldaten gingen alle fort, um gegen die Russen zu kämpfen. In den Vororten hoben die Frauen und Kinder Schützengräben aus. Billy und der Rest seiner Gruppe wurden im Vorortstall eingesperrt. Und dann eines Morgens standen sie auf und entdeckten, daß die Tür nicht versperrt war. Der zweite Weltkrieg in Europa war zu Ende.
    Billy und die übrigen wanderten auf die schattige Straße hinaus. Die Bäume schlugen aus. Nichts geschah dort draußen, es gab keinen Verkehr irgendwelcher Art. Nur ein einziges Fahrzeug war da, ein im Stich gelassener, von zwei Pferden gezogener Wagen.  Der Wagen war grün und sargförmig.
    Vögel zwitscherten.
    Ein Vogel sagte zu Billy Pilgrim: »Ki-witt, Kiwitt? «
     

Nachwort
     
    Ich möchte keine Vorschläge haben, wie wir kriegswichtige Ziele im Umland von Dresden zerstören können, ich möchte Vorschläge haben, wie wir 600.000 Flüchtlinge aus Breslau in Dresden braten können.
              Winston Churchill, 1945
     
    Viele Leute sagen, daß man durch Bombardieren niemals einen Krieg gewinnen kann. Ich sage, es ist noch nie versucht worden, und wir werden sehen.
              Arthur Harris, Chef der britischen Bomberflotte
     
    Ich kann mich an nichts erinnern. Ich dachte, das waren die Amerikaner.
              Winston Churchill (Rose: Churchill, The Unruly Giant. 1994, S. 338)
     
    ... Er war Mitglied einer Sache, die sich »Komitee für soziales Denken « nannte. Und er erzählte mir von den Konzentrationslagern und wie die Deutschen Seife und Kerzen aus dem Fett toter Juden gemacht hatten und so fort. Alles, was ich sagen konnte, war:
    »Ich weiß, ich weiß, ich weiß . « ... (S.16)
     
    Es war eine Lüge. Es hat niemals Kerzen oder Seife aus dem Fett toter Juden gegeben.(1)
    Seit der Veröffentlichung des Buches sind Jahre vergangen und diese und andere Lügen sind
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