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Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For

Titel: Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
Autoren: Alexandra Potter
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KAPITEL 1
    Was wünschen Sie sich?
    Weltfrieden?
    Ein Heilmittel gegen Aids?
    Giseles Hintern?
    Schmerz durchzuckt mich, als die Riemchen meiner neuen, mit Glassteinchen besetzten Sandalen auf die quallengroßen Blasen auf meinen großen Zehen drücken, während ich auf den Knopf der Fußgängerampel drücke und am Straßenrand warte. Ich meine, irgendetwas wünschen wir uns doch alle, oder? Jeder von uns. Ich packe mein Frühstück, einen Kuchenriegel mit Joghurt-Creme, aus und starre auf meine vor Schmerz pochenden Füße. Ich bin genau wie alle anderen - mit dem Unterschied, dass die anderen damit beschäftigt sind, Gutes in der Welt zu tun, sie zu verändern und in String-Bikinis umwerfend auszusehen, wohingegen ich hier stehe und die Blasen an meinen Füßen betrachte - und soll ich Ihnen verraten, was ich mir wünsche?
    »Aua.«
    Wie auf ein Stichwort platzt eine Blase auf, und Wundwasser sickert zwischen meine Zehen.
    Flip-Flops.
    Es ist Mitte Juli, und Großbritannien befindet sich in den Fängen einer Hitzewelle. Für den Großteil der sonnenhungrigen Bevölkerung bedeutet dies einen seligen Reigen aus Sonne und Eiscreme, Picknicks im Park und müßigen Stunden im Liegestuhl im Garten hinter dem Haus. Für uns Londoner dagegen ist es die Hölle. Die Stadt schwitzt wie ein Hochleistungssportler. Stickige Büros, stinkende Abgase und nicht klimatisierte U-Bahnen bringen einen um den Verstand. Nerven liegen blank, Nasen schälen sich.
    Und meine Füße bringen mich um. Leise fluchend ziehe ich ein zerknülltes Papiertuch aus der Tasche und kauere mich auf den Asphalt.
    Chic, sehr chic, sinniere ich, wische mir den Schnurrbart aus zerschmolzenem Make-up von der Oberlippe und schiebe das zerfledderte Papiertuch zwischen meine Zehen. Manchmal frage ich mich, wieso ich mir jeden Monat die Mühe mache und die InStyle kaufe, wenn ich doch selbst einen angesagten Look kreieren könnte.
    Ein unsanfter Stoß in den Rücken verrät mir, dass die Ampel auf Grün gesprungen ist, also stehe ich auf und humple über die Straße. Augenblicklich bin ich von einer Horde Pendler umringt, die in ihre Handys plappern, rauchen und ihre Milchkaffees aus dem Becher schlürfen. Alle schieben, drücken, drängen, rempeln. Eine Aktentasche knallt gegen meine Wade, und ich schreie auf. Nicht zum ersten Mal wünsche ich mir, irgendwo am Meer zu leben statt in diesem abgasverseuchten, innerstädtischen Höllenschlund, den ich seit sechs Jahren als meine Heimat bezeichne.
    Nachdem ich den Bürgersteig erreicht habe, bevor das grüne Männchen verschwunden ist, hinke ich die Marylebone Road hinunter. Ehrlich gesagt, fühle ich mich manchmal, als würde ich mein ganzes Leben damit zubringen, mir irgendwelche Dinge zu wünschen. Keine großartigen, lebensverändernden Wünsche - wie etwa, Brad Pitt in meinem Viertel über den Weg zu laufen, wo er mit den Dreharbeiten zu seinem neuesten Kassenschlager beschäftigt ist und spontan beschließt - ja, raten Sie mal -, mich, Heather Hamilton, für die weibliche Hauptrolle haben zu wollen.
    Ja, okay, von solchen Wünschen rede ich hier nicht - nicht diese »Mach die Augen zu und wünsch dir was«-Wünsche, in denen man Münzen in einen Brunnen wirft, zu den Sternen emporblickt oder eine Lampe reibt. Nein, ich rede von den gewöhnlichen, bescheidenen und, offen gestanden, öden Wünschen, die ich Dutzende Male am Tag äußere, ohne darüber nachzudenken. Für mich haben Wünsche nichts mit Magie zu tun, sondern gehören zur Tagesordnung.
    So wie der Wunsch, ich hätte eben nicht diesen feisten Kuchenriegel verdrückt.
    Schlagartig wird mir bewusst, dass ich das leere Papier in der Hand habe, und mein schlechtes Gewissen regt sich. Okay, ich habe ihn in einem Bio-Laden gekauft, und er lag im Regal neben den Trockenaprikosen und dem braunen Reis, aber wem will ich hier etwas erzählen? Ich weiß doch genau, dass er nicht wirklich gesund ist. Mit zusammengekniffenen Augen studiere ich die Nährwerttabelle. Oh mein Gott, nicht wirklich gesund? Dieses Zeug sollte einen Auf kleber mit einer Warnung vor Gesundheitsschäden tragen. Haben Sie eine Ahnung, welchen Fettgehalt so ein Kuchenriegel hat?
    Ich knülle die Verpackung zusammen und stopfe sie eilig in meine Handtasche, die wie üblich voll von dem Kram ist, den ich mit mir herumschleppe: undichte Filzstifte, verstreute Tampons, einen Lipgloss ohne Deckel, dessen Applikator mit Fusseln übersät ist, und einige dieser kleinen Zettel aus der
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