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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Joy Fraser
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mit dem Gepäck verschwunden, und ich hoffte mit jeder Mücke, die ich erschlug, dass dieses Gebiet nicht von Malariaerregern verseucht war. Es war jetzt achtzehn Uhr, und ich war fix und fertig.
    „Wir müssen uns einen Platz für die Nacht suchen.“
    Ich konnte kaum noch gehen, und mein Rücken schmerzte heftig. Der Wald roch süßlich, nach verfaulenden Pflanzen und frischem Blattgrün. Der Geruch legte sich wie Schmierseife auf die Schleimhäute, es war heiß, und uns klebten die Kleider am Körper. Ab und zu, beim Anblick eines den Weg kreuzenden völlig unbekannten Kriechtieres, hallten unsere Rufe durch den Regenwald: „Schaut mal, da! Was ist das für ein komisches Tier?“. Die schönsten Papageien begleiteten unseren Weg, riesige Schmetterlinge tauchten aus dem Dickicht auf, umflatterten uns kurz und verschwanden wieder. Die eine oder andere Schlange kroch aufgeschreckt von unserem rücksichtslosen Eindringen davon. Derlei Begegnungen lösten sofortige Schreiattacken und Adrenalinschübe aus. Ab und zu riefen wir nach Jack, doch eigentlich rechnete niemand von uns noch damit, ihn zu finden.
    „Ich verdurste“, meldete Barbara.
    „Hoffentlich stoßen wir morgen auf Wasser“, sagte ich mehr zu mir selbst.
    Mir klebte die Zunge am Gaumen, und mir war zum Heulen. Angeblich soll in solchen Wäldern alle paar hundert Meter wenigstens ein Rinnsal oder sogar ein Wasserfall anzutreffen sein, hatte Robert mir erzählt. Er meinte, sollte er einmal irgendwo stranden, dann viel lieber in einem Urwald als beispielsweise in einer Wüste. Urwald sei klasse, hier könne man überleben. Bei dem Gedanken an ihn kamen mir die Tränen, und unsere gefährliche Situation wurde mir bewusster. Sich durch den Dschungel zu schlagen war eine Sache, aber nun hatten wir das Problem, einen sicheren Schlafplatz zu finden. Der schwammige Boden aus verrottendem Kompost, verseucht von Insekten, schien mir keine verlockende Aussicht zu sein.
    Angst, Verzweiflung und Ekel schnürten mir die Kehle zu. Zu Hause hatte ich Schwierigkeiten, eine kleine Gartenspinne aus der Wohnung zu befördern, ohne hinterher eine Therapie zu benötigen. Für gewöhnlich fiel Robert die heldenhafte Aufgabe zu, mich von dem Untier zu befreien. Im Dunkeln würde ich keinen Schritt weitergehen. Wir waren todmüde, und es war jetzt schon fast dunkel unter dem dichten Blätterdach. Ich konnte die anderen nur noch als farblose Konturen erkennen. Und plötzlich, als ich meinen Blick durch das dichte Grün schweifen ließ, war da ein Gesicht. Das Gesicht eines Indios.
    Es war ein dunkelbraunes, junges Gesicht, und es kam mir bekannt vor. Ich erkannte den Indio vom Flughafen, doch diesmal ohne Kriegsbemalung. Ich starrte ihn an, bis ich blinzeln musste, und er war verschwunden. So unvermittelt, wie er erschienen war, war er plötzlich fort.
    Ich rieb mir die Augen und war nicht sicher, ob der Schlag auf meinen Kopf beim Aufprall nicht der Ursprung der Erscheinung sein könnte. Ich wollte die anderen nicht beunruhigen, deshalb beschloss ich, darüber zu schweigen.
    „Räumt mit den großen Blättern hier den Kompost auf einen Platz, so viel ihr könnt“, rief ich den schattenhaften Gestalten meiner Freundinnen zu.
    Es war mir wieder etwas aus dem Überlebenstraining eingefallen, und ich dankte Robert dafür, mich damit fast zu Tode gelangweilt zu haben.
    „Dann reißen wir jede Menge von den großen Blättern ab und legen sie als Matratze aus. So ist es gut. Wir legen uns drauf und decken uns mit den Blättern zu.“
    Ich suchte unauffällig die Umgebung ab, aber es war kein Indio mehr zu sehen.
    Man folgte meinen Anweisungen widerspruchslos. Jedes Blatt wurde akribisch auf die Anwesenheit von Spinnen oder ähnlich unangenehmen Zeitgenossen untersucht.
    „Gott sei Dank haben wir noch unsere Feuerzeuge. Da soll mal einer sagen, rauchen ist ungesund“, scherzte ich, und die anderen lachten, so dass die pure Verzweiflung etwas in eine dunkle Ecke unserer Seelen zurückwich.
    Wir sammelten allerlei Gehölz und entfachten nach mehreren erfolglosen Versuchen ein kläglich qualmendes Feuer, denn das Holz war feucht.
    Der Qualm hatte den Vorteil, Insekten abzuschrecken. So hoffte ich jedenfalls. Wir sammelten noch mehr Holz, bis wir ein Feuer von der Größe der Pfadfinderlagerfeuer aus meiner Kindheit entfacht hatten. Wären nicht unsere Ängste und Schmerzen und der Verlust von Jack gewesen, hätte es ganz gemütlich sein können. Leise unterhielten wir uns, bis wir
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