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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Joy Fraser
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glasigen Augen und seufzte ab und zu.
    „Wir sollten nach Norden gehen. Im Süden verlaufen Berge.“
    Anette schien sich ihrer Sache sicher zu sein. Aber wo war Norden? Ich hatte den Instinkt eines Stadtmenschen, der zur Orientierung dringend große Schilder benötigte.
    „Moment.“
    Ich sah auf meine Uhr. Digital. Keine Zeiger. Außerdem war das Display tot. Robert hatte mir die Uhr mit den Worten „die zuverlässigste, die es auf dem Markt gibt“ geschenkt, aber die Hersteller hatten beim Qualitätstest vergessen einen Flugzeugabsturz zu simulieren.
    „Hat jemand eine funktionierende Uhr mit Zeigern?“
    „Hier.“ Barbara reichte mir ihre Uhr.
    „Mit Hilfe der Uhr und der Sonne kann man die Himmelsrichtungen bestimmen“, erklärte ich.
    Robert war ein Off-Road-Freak. Dazu gehörte auch der Kurs „Überlebenstraining in der Lüneburger Heide“. Stundenlang hatte ich mir anhören müssen, wie man Regenwürmer gourmetmäßig filetiert und einen schmackhaften Löwenzahnsalat zubereitet. Das Thema Orientierung war auch dabei gewesen. Robert hatte mir alles erklärt, falls ich mich einmal verirren sollte. Ich fand das sehr umsichtig von ihm.
    „Man legt die Uhr flach auf die Hand. Der Stundenzeiger muss auf die Sonne zeigen.“
    Ich suchte die Sonne, was unter dem dichten Blätterdach keine leichte Aufgabe darstellte.
    „Dann liegt Süden genau zwischen dem kleinen Zeiger und der zwölf“, sagte ich und kaute an meiner Unterlippe.
    „Was, echt?“, rief Barbara verblüfft.
    „Nein, Moment“, überlegte ich. „Da war noch etwas mit den Tageshälften.“
    Ich konnte mich nicht genau erinnern. Verdammt, hätte ich doch bloß etwas mehr Interesse gezeigt. „Ach ja, jetzt hab ich es. Vormittags auf der linken Uhrhälfte und nachmittags auf der rechten.“
    „Wieso bist du dir jetzt so sicher, dass es nicht umgekehrt war?“, fragte Barbara misstrauisch.
    „Na, ist doch logisch, vier Uhr vormittags, habt ihr das schon mal gehört? Und nachts kann man wohl kaum den Sonnenstand ermitteln“, mischte sich Karin mit ihrem klaren Verstand ein. „Vormittags kann ja nur auf der linken Hälfte, nachmittags auf der rechten sein, oder?“
    Sie sah uns an, als hätte sie ein paar Idioten vor sich, womit sie nicht ganz Unrecht hatte.
    „Okay. Demnach ist Norden ... da entlang.“ Anette deutete in eine Richtung.
    „So ein Mist!“ Karin war in ein stacheliges Gebüsch getreten, und die Dornen hatten sich durch ihre dünne Turnschuhsohle gebohrt. Sie konnte sich schnell davon befreien, aber der weiße Turnschuh färbte sich an der Seite rot.
    „Ist nicht schlimm“, sagte sie auf meinen beunruhigten Blick hin. „Aber das mit den Rucksäcken ist blöd, ich habe nämlich immer Pflaster dabei.“
    „Wir müssen höllisch aufpassen“, sagte ich.
    „Ich habe keine Ahnung, was uns erwartet. Aber ich weiß, dass es hier eine Menge giftige, stachelige Pflanzen und ebensolche Tiere gibt. Kratzer oder offene Wunden können sich böse entzünden. Schaut euch genau um, bevor ihr euch irgendwo anlehnt oder hinsetzt. Alles klar?“
    „Das musst du mir nicht erst sagen.“ Barbara sah sich nervös um.
    Anette nickte mir zu, und Karin und ich suchten jeder von uns einen Stock, mit dem wir das Gestrüpp zerteilen konnten.
    Kaum ein paar Meter weit gekommen, zogen wir die Köpfe ein, erschreckt von dem unglaublichen Knall hinter uns. Ein bebender Nachhall schwang durch die Luft. Die Maschine war explodiert, und zischend schossen die Teile durch den Urwald. Automatisch schlugen wir die Arme schützend über die Köpfe, aber der erwartete Schrottregen blieb aus. Der dichte Urwald sorgte für genügend Deckung. Wir konnten nicht einmal die Qualmwolke ausmachen. Wie sollte jetzt noch jemand das Wrack finden?
    Schweigend und mit rasenden Herzen gingen wir weiter. Gott sei Dank waren wir nicht hineingeklettert, sonst wären unsere Einzelteile malerisch im Dschungel verteilt worden.
     
    Wir waren etwa gegen fünfzehn Uhr vom Himmel gefallen. In dem unwegsamen Gelände kamen wir nur langsam voran. Immer wieder mussten wir uns bücken, Äste zur Seite schieben, mit den Füßen drauftreten, um sie nicht dem Hintermann ins Gesicht schnellen zu lassen, und aufpassen, wo wir hintraten oder hinfassten. Hinzu kam noch, dass wir uns ständig mit der Hand ins Gesicht oder auf den Rücken des Vordermannes klatschen mussten, wegen der Angriffe mehrere Moskitoarmadas. Die Malariaprophylaxe, die wir alle weiterhin hätten einnehmen müssen, war
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