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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Joy Fraser
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eigene Stimme klang fremd. Sicher hatte ich auch einen Schock, ich stand neben mir und beobachtete mich selbst. Irreal. Das Ganze war nicht wirklich passiert, oder?
    Anette kümmerte sich um Barbara, die schluchzend auf dem Boden lag und erbärmlich fror. Bis jetzt war mir warm, es schien nur alles so ... entfernt. Ich suchte in mir nach einer Emotion, doch da war nichts, eine gähnende Leere füllte mich aus.
    „Leg du dich auch hin. Du zitterst ja wie Espenlaub“, sagte ich zu Karin.
    Sie nickte und tat, wie ihr befohlen. Ich saß auf dem weichen Waldboden, legte meinen Kopf auf die angezogenen Knie und umfasste mit den Armen meine Beine. Diese Stellung war sehr entspannend. So verharrte ich eine Weile, bis plötzlich mein Körper heftig zitterte und ich keine Kontrolle mehr über meine Muskeln ausüben konnte. Mein Verstand befahl, ganz ruhig zu bleiben und keine Panik aufkommen zu lassen, es würde sicher irgendwann vorbeigehen. Aber wann? Wie lange dauerte ein Schock? Wirklich wichtige Dinge sagte einem keiner. Ich legte mich flach auf den Rücken und registrierte dabei körperliche Schmerzen. Aber waren es wirklich meine eigenen?
    An etwas anderes denken. Beruhigen.
    Da war ein Kinderlied.
    Ich erinnerte mich nicht daran.
    Der Tod war sehr nah.
    Aber er hat mich nicht gewollt.
    Ich lebe noch, ich lebe noch, ich lebe noch.
    Ausgerechnet mir musste das passieren, wo ich diese verdammte Flugangst hatte. Das musste eine himmlische Konfrontationstherapie sein! Ich lachte krampfartig und konnte nicht mehr aufhören. Heiße Tränen liefen mir übers Gesicht, aber das Zittern ließ langsam nach. Mein Lachen ging ins Weinen über, und ich schluchzte schließlich nur noch erbärmlich. Das Einzige, was mein Gehirn an Worten freigab, war: Ich lebe noch. Ich lebe noch! Nie wieder fliegen!
     
    Ich versuchte aufzustehen. Es musste etwa eine Stunde vergangen sein, und ich war wieder Herr meiner Gedanken. Ein leichtes Beben in den Muskeln und ein Kloß im Hals waren zurückgeblieben, und ich konnte mich nur langsam und bedächtig bewegen. Wir machten eine Bestandsaufnahme. Kratzer und Prellungen an sämtlichen Gelenken konnten wir alle vorweisen. Barbara schniefte ab und zu und seufzte leise. Das mussten die Auswirkungen ihres Weinkrampfes sein, der noch wesentlich heftiger gewesen sein musste als meiner. Meine Muskeln hatten sich in eine gelartige Masse verwandelt.
    „Und was jetzt?“, fragte ich.
    Niemand sagte etwas.
    „Uns geht es gut, bis auf Kopfschmerzen und blaue Flecken und die Auswirkungen des Schocks, denke ich. Das ist die Hauptsache“, sagte ich, nachdem mir nur verzweifelte Gesichter entgegenblickten.
    „Mal sehen, ob uns das Flugzeugwrack weiterhilft“, schlug Anette vor und wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht.
    Der Schock hatte ihr den Schweiß aus allen Poren getrieben. Wir strauchelten durch den Urwald, wobei wir angestrengt nach Jack Ausschau hielten. Wir riefen seinen Namen, immer wieder und wieder, aber es war sinnlos. Schließlich mussten wir aufgeben. Barbara schluchzte auf.
    „Er ist tot, er ist bestimmt tot. Oh Gott, oh Gott ...“
    Sie fiel auf die Knie und begann wieder heftig zu zittern und zu schluchzen. Wir brachten sie in die Schocklage, und Anette streichelte ihr beruhigend über das Haar.
    „Da kommen wir nicht dran“, rief Karin, die inzwischen versucht hatte, das Innere der Maschine zu erklettern, aber sie hatte aufgegeben, denn das Flugzeug hing mit dem Cockpit voran in den Bäumen. Das Problem war, dass es nur von ein paar dünnen Ästen gehalten wurde und Lianen und andere Schlingpflanzen die Sicht versperrten. Wenn jemand von uns, selbst die zierliche Karin, versucht hätte hineinzuklettern, wären wir Gefahr gelaufen, dass es noch einmal abstürzte. Es befand sich nur ungefähr drei Meter über dem Boden, der eine Motor war verkohlt, aber brannte Gott sei Dank nicht mehr.
    „Ich gehe da nicht rein“, bemerkte Karin kopfschüttelnd.
    „Wenn das Ding herunterknallt, explodiert es vielleicht. Es muss noch eine Menge Sprit drin sein, und der Motor ist sicher noch glühend heiß. Außerdem gibt es in dem Pflanzengewirr bestimmt riesige Spinnen und Schlangen.“
    Sie machte ein angeekeltes Gesicht und bewegte erschauernd die Schultern, um die imaginären Untiere abzuschütteln.
    „Aber da oben ist das Funkgerät“, stellte ich fest.
    Doch vielleicht funktionierte es nicht einmal mehr, und wir hätten uns völlig umsonst in Lebensgefahr gebracht. Von Jack hatten
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