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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Joy Fraser
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diese Dinger nicht helfen, hätte ich noch eine Flasche Whisky im Flugzeug.“
    „Wieso, glauben Sie, werde ich ihn brauchen?“, stotterte ich mühsam hervor.
    Mein Englisch war nicht schlecht, doch ich war zu überrascht, um lässiger kontern zu können. Normalerweise neigte ich nicht zum Rot werden, spürte aber Hitze in meine Wangen schießen. Gott, ich fühlte mich schrecklich.
    Wegen seines Aussehens hatte ich ihn für einen Einheimischen gehalten und mit Spanisch gerechnet. Spontan hätte ich seine Vorfahren unter den alten Azteken angesiedelt. Volle Lippen, dunkle Augen, die mich unter dichten, schwarzen Augenbrauen neckend anblinzelten. Wenn er nicht so ein Idiot gewesen wäre, hätte er mir schon gefallen können. Ich inspizierte das weiße T-Shirt, das keine Erinnerung mehr an die letzte Wäsche besaß, und die Jeans, die ihre ehemals blaue Farbe nur noch erahnen ließen. Trotz des braun gebrannten Gesichtes wirkte er, als hätte er schon bessere Tage gesehen. Eine erneute Angstwelle packte mich, und ich kaute intensiv auf meinem Reisekaugummi rum.
    Er lachte auf und ging zielstrebig ins Gebäude, wobei er etwas von kurz frisch machen murmelte. Ich bemerkte einen Tankwagen auf dem Flugfeld neben der Maschine, und einen Mann, der routiniert mit dem Auftanken begann. Interessiert sah ich ihm dabei zu. Dieser Mann war eindeutig ein Einheimischer. Er hatte mexikanische oder peruanische Gesichtszüge, seine Hautfarbe war viel dunkler, und seine Wangenknochen saßen höher als die des Piloten. Anette und Karin zündeten sich eine Zigarette an und hielten mir auffordernd die Schachtel entgegen.
    „Nein, danke, mir ist schon schlecht. Und vielleicht solltet ihr jetzt besser nicht rauchen, da vorn wird das Flugzeug betankt.“
    Anette winkte ab.
    „Ach was, das ist doch viel zu weit weg.“
    Die beiden begannen, über das Alter der Maschine und des Piloten zu mutmaßen. Scherzhaft schätzten sie beide auf um die vierzig.
    „Was meint ihr, welcher Abstammung er ist?“, fragte ich.
    Anette blickte nachdenklich in den Himmel und blies Rauch in die Luft, bevor sie antwortete.
    „Er sieht irgendwie indianisch aus, aber auch wieder europäisch, sobald du ihm die Haare schneidest und ihm einen Anzug anziehst.“
    Barbara aß mit verträumtem Gesichtsausdruck einen Apfel und beteiligte sich nicht am allgemeinen Rätselraten. Der Tankwagen war inzwischen verschwunden, und eine Bewegung in meinem Augenwinkel ließ mich zur Seite blicken. Neben dem Gebäude stand ein Indio. Unbeweglich ruhten seine Augen auf mir. Er war nur sehr spärlich bekleidet, trug einen Lendenschurz und hielt einen langen geschnitzten Speer in der Hand. Sein bemaltes Gesicht, wie auf dem Kriegspfad, erschreckte mich ein wenig, und doch hatte sein Ausdruck nichts Bedrohliches. Bisher waren mir auf dieser Reise nur modern gekleidete Einheimische begegnet, die in ihren Jeans, T-Shirts oder bunten Hemden nur durch genaueres Hinsehen von den Touristen zu unterscheiden waren. Vielleicht gab es hier noch ursprüngliche Naturvölker, und der Mann hatte dem Flugplatz nur einen interessierten Besuch abgestattet. Anette holte mich mit der Frage nach der Uhrzeit aus den Gedanken.
    „Vierzehn!“, rief ich knapp nach einem kurzen Blick auf meine Uhr. Ich wandte mich wieder dem Indio zu, doch er war verschwunden. Mein Blick suchte die Umgebung ab, aber ich konnte ihn nirgends entdecken. Anscheinend hatte Anette ihn nicht bemerkt, was mir seltsam vorkam . Auf mein Nachfragen hin schüttelte sie den Kopf, und es stellte sich heraus, dass ihn außer mir niemand sonst gesehen hatte. Mit einem Achselzucken tat ich die Sache ab, denn der Pilot war aus dem Gebäude getreten und bedeutete uns mit einer Handbewegung, ihm zu folgen. Er trug nun ein sauberes T-Shirt und frische Jeans. Außerdem hatte er offenbar geduscht, denn sein zurückgebundenes Haar glänzte nass in der Sonne, und ein leichter Hauch eines Duschgels Marke „weckt den wahren Mann in dir“ kitzelte meinen Geruchssinn. Wenigstens machte er jetzt einen gepflegteren Eindruck. Ich schrieb ihm ein paar verlorene Punkte bezüglich seiner Vertrauenswürdigkeit gut und schleppte leise fluchend meinen schweren Koffer, wobei ich mich immer wieder vergeblich nach einem Gepäckwagen umsah.
    Señor Macho kletterte flink in die Maschine, und wir reichten ihm ächzend unsere Koffer hoch, die er irgendwo im hinteren Teil des Flugzeuges festschnallte. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Maschine
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