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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Joy Fraser
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etwas von einer Katze kurz vor dem Sprung auf die Maus. Also gut, dachte ich, und hoffte auf ein paar eingebungsvolle Gedanken.
    „Meine Großmutter hinterließ ein Testament, in dem sie mir ein altes Dokument ihrer Großmutter vermachte. Dort war die Rede von einem Tagebuch, das bei einem Notariat hinterlegt sei. Wissen Sie, alle meine weiblichen Vorfahren hießen Isabel“, sagte ich und hoffte, er würde sich nicht daran stören, woher meine angebliche Großmutter wissen konnte, dass ich einmal Lombard heißen würde.
    „Wir mussten alle Notare der Stadt anrufen, bis wir bei Ihnen fündig wurden.“
    Jacks Gesicht entspannte sich merklich, und er faltete gemütlich seine Hände auf dem Schoß. Nun brauchte er seine Gehirnwindungen nicht mehr anzustrengen. Der Notar zog die Brauen in die Höhe und blickte nachdenklich.
    „Aber warum hat ihre Großmutter es denn nicht selbst abgeholt?“
    Ich holte tief Luft und log hemmungslos weiter.
    „Sie war sehr krank. Später hatte sie Alzheimer“, sagte ich und nickte gedankenverloren.
    „Oh, das ist bedauerlich“, teilte er mitfühlend mit.
    Er glaubte mir kein Wort, ich sah es seinen Augen an. Ich lächelte freundlich, doch mein Blick flehte ihn an, sich damit zufrieden zu geben.
    „Sonderbar, selbst der Nachname wurde angegeben. Ich meine, wie konnte ihre Ur-Großmutter wissen, wen ihre Mutter einmal heiraten würde?“
    Sein Blick schweifte erwartungsvoll zwischen Jack und mir hin und her. Darauf fiel mir leider überhaupt nichts ein. Sie war eine Hellseherin? Die Ehen wurden damals sehr weit in die Zukunft geplant? Resigniert zuckte ich die Achseln.
    „Vielleicht hatte sie das zweite Gesicht? Ich kann diese Frage auch nicht beantworten, daher würde ich die Sachen gerne sehen. Könnten wir jetzt bitte zur Tat schreiten, wir sind in Eile.“
    Er nickte langsam, und ich erkannte sein Bedauern, auf diese brennende Frage keine Antwort zu bekommen.
    Dann übergab er mir ein Päckchen. Das Tagebuch, schoss es mir durch den Kopf, und meine Hände schwitzten. Als ich es zwischen meinen Fingern spürte, musste ich Tränen unterdrücken. Das ganze Leben meiner Freundin Karin lag in meinen Händen, und ich dankte Gott, dass es die Zeit gut überdauert und unser Plan tatsächlich funktioniert hatte. Der Notar stand auf und griff nach einem großen, hohen Gegenstand, der an der Seite seines Schreibtisches lehnte, und übergab ihn Jack.
    „Es ist ein Ölbild“, sagte er und lächelte entschuldigend. „Im Laufe der Jahre wurde die Originalverpackung beschädigt, und wir mussten es neu einschlagen.“
    Jack hielt das Bild höher, sah mich auffordernd an, und ich schüttelte den Kopf. Ich wollte es erst ansehen, wenn wir allein waren. Meine Tränenflut war schon jetzt kaum noch zu bremsen. Auch noch ein Bild, fantastisch!
    „Aber das andere, es fühlt sich tatsächlich an wie ein Buch, ist noch immer original verpackt“, fügte er hinzu. „Ich weiß selbst nicht, wie es meinen Vorgängern gelungen ist, die Sachen unbeschadet durch zwei Weltkriege zu bekommen. Es grenzt an ein Wunder.“
    Er schien wirklich tief beeindruckt, und ich dachte, irgendwie war auch er ein Teil dieser Geschichte. Er war wichtig, als Verwalter von Karins Nachlass, genau wie die Notare vor ihm, und alle wurden somit gleichermaßen zu Spielsteinen des Schicksals. Hatte Matu die ganze Zeit über sie gewacht? Meine Stimme zitterte leicht.
    „Es ist ein Wunder.“
    Er nickte langsam, und sein Blick verriet ein gutes Gespür für Menschen und seltsame Ereignisse. Wachsam registrierte er, dass mich dieser Nachlass offensichtlich zu Tränen rührte. Doch obwohl die Neugier ihm schwer zu schaffen machte, verzichtete er auf weitere Fragen. Andererseits konnte ich mir nicht vorstellen, dass dieser neugierige Mann nicht doch das Tagebuch gelesen hatte, aber wahrscheinlich mit dessen Inhalt nicht viel hatte anfangen können. Eine alte Originalverpackung konnte man ganz leicht fälschen, doch es war letztendlich nicht wichtig.
    „Wir werden diese Kanzlei weiterempfehlen. Vielen Dank“, sagte Jack, stand auf und gab dem Mann die Hand.
    „Es war mir ein Vergnügen“, sagte der Notar lächelnd.
    Wir verabschiedeten uns und machten uns auf den Weg ins Parkhaus, verstauten das Bild im Kofferraum und fuhren nach Hause. Meine Tränen liefen unaufhaltsam, und Jack warf mir ab und zu einen besorgten Seitenblick zu. Anette und Barbara saßen auf dem Rücksitz, lachend und weinend, zugleich und blätterten aufgeregt
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