Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer
Autoren: Glen Cook
Vom Netzwerk:
bestrafen?«
    Richtig. Ich schraubte einen Deckel auf meine Wunden, drehte Carla Lindo Ramada den Rücken zu und wanderte nach TunFaire. Winger und ich redeten nicht viel. Es gab nicht viel zu sagen. Ich sagte mir, daß es schlimmer hätte kommen können. Ich hätte mich tatsächlich auf Carla Lindo einlassen können. Das wäre richtig übel geworden. Aber die Umstände hatten sich verschworen, mich auf Distanz zu halten. Ich hatte Glück gehabt und eine weitere Lektion gelernt, welche die Finsternis im menschlichen Herzen enthüllte. Erneut hatte ich erlebt, daß sich mit dem richtigen Antrieb und der passenden Gelegenheit fast jeder in einen Bösewicht verwandeln kann. Wer schon böse ist, wird nur noch fieser.
    Die Priester der tausend Kulte TunFaires verkünden das grundsätzlich Gute im Menschen. Sie sind Narren. Ich sehe nur, daß die Leute dem kleinsten Vorwand nachgeben, Böses zu tun.
    Vieles davon schien ich laut gesagt zu haben. »Du bist deprimierend«, erklärte Winger.
    »Das sagen alle. Wenn sie mir in einem solchen Moment begegnen. Wenn du noch länger bei mir bist, kannst du miterleben, wie ich anfange, wirklich schwarz zu sehen.«
    Ich fragte mich, wie schwarz. Sie hatte Carla Lindos Paket. Vielleicht kam sie noch darauf, die Belohnung von Ostermann einstreichen zu wollen.
    Ich war nicht sicher, woher die Idee kam. Möglicherweise war es eine Eingebung. Oder sie war immer schon in meinem Unterbewußtsein gewesen, weil ich nicht die kürzeste Strecke zum Westtor gewählt hatte. Jedenfalls standen wir plötzlich an der Ecke Blaize und Eldoro. Gegenüber stand ein niedriges Gebäude aus ockerfarbenen Ziegeln, als schäme es sich vor den Nachbarhäusern. Die meisten Ziegel in TunFaire sind rot. »Komm her.« Die Idee blühte zu voller Reife.
    Ich trat ein. Ein Arrangement aus Kuhglocken verkündete bimmelnd mein Kommen. Ein schrumpeliger Kobold tauchte auf. Unaufhörlich rieb er sich die Hände vor der Brust. »Womit kann ich Ihnen dienen, mein Herr, meine Dame?« Seine Grimasse verriet uns, daß er es wußte. Seine Art hat ein besonderes Verhältnis zum Tod.
    »Ich habe gesehen, daß Rauch aus Ihrem Schornstein steigt. Haben Sie schon hochgefeuert?«
    »Nein Sir«, gab er verblüfft zurück. »Wir halten das Feuer in Gang, damit wir keine Zeit damit verschwenden müssen, den Brennofen anzuwärmen.«
    »Gib mir das Paket«, befahl ich Winger. Sie reichte es mir zögernd. Auch sie war verblüfft. Sie kam aus einer Ecke, wo es fast nur Menschen gab. Hätte sie gewußt, was ich vorhatte, hätte sie sich vielleicht geweigert. »Ich möchte das hier durchschicken«, erklärte ich dem Kobold und ließ ihn in das Paket sehen.
    »Sir?«
    »Ich zahle den üblichen Preis.«
    »Wie Sie wollen, Sir.« Selbst Kobolde lehnen kein Geld ab, auch wenn sie manchmal nicht verstehen. Er griff nach dem Paket.
    »Ich möchte es lieber selbst aufgeben. Dann bin ich absolut sicher, verstehen Sie?«
    »Wie Sie wünschen.« Er bewegte sich nicht. Ich mußte ihm die Farbe des Geldes zeigen. Tat ich auch. Er lächelte und steckte es in eine Geldkassette, die er plötzlich herbeigezaubert hatte und die auf ebenso magische Weise wieder verschwand. Noch einmal rieb er seine Hände. »Wenn Sie mir bitte folgen würden?«
    »Was tun wir hier, Garrett? Was ist das hier? Es riecht merkwürdig.«
    »Du wirst es gleich sehen.«
    Wir gingen einen Flur entlang, der an verschiedenen kleinen Zimmern vorbeiführte. In einem hielt eine Koboldfamilie Totenwache vor einer stillen Gestalt auf einem Steintisch. Jetzt begriff Winger.
    Viele Rassen, und auch einige Menschen, ziehen es vor, ihre Toten nicht zu begraben. Die Gründe sind mannigfach. Kobolde und andere glauben, daß die Toten nach einem Begräbnis auferstehen und herumlaufen könnten. Jedenfalls fürchten sie es. Für uns Menschen sind meistens finanzielle Gründe ausschlaggebend. TunFaire hat wenig Friedhöfe. Friedhofsplätze sind teuer.
    Der Kobold brachte uns in die Brennkammer. Er rief etwas in seiner eigenen Sprache. Andere Kobolde, wahrscheinlich Familienangehörige, tauchten auf. Sie warfen Kohle in die Brennkammer des Ofens und pumpten Blasebälge. Sekunden später schlug uns unerträgliche Hitze entgegen.
    »Willst du es verbrennen?« fragte Winger.
    »Ich werde es reinwerfen und es verbrennen. Es wird nur Schlacke übrigbleiben.« In diesen Öfen wurde es richtig heiß. Das mußte es auch, wenn man Knochen auflösen wollte.
    Die kleinen Leute schaufelten und bliesen. Der ganze
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher