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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer
Autoren: Glen Cook
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bis er reagiert hatte? Nein. Dean war drin. »Dean? Was ist los?« Er saß auf der Couch, schnüffelte und fummelte mit einem großen Tuch herum, das er sich um eine Hand gewickelt hatte.
    Er nahm sich Zeit für seine Antwort. »Oh! Mr. Garrett!« Er stand unter Schock. »Ich habe versucht, sie aufzuhalten. Aber ich hab es nicht geschafft.«
    Winger war ebenfalls da. »Er ist verwundet, Garrett.« Stimmt. Der Boden zu seinen Füßen war blutig.
    Hastig trat ich neben ihn, weil ich dachte, er wäre schlimm verletzt. Aber so übel war es nicht, obwohl der Schnitt in seiner linken Hand bis zum Knochen ging. Es sah aus, als habe er in eine Klinge gefaßt. »Was ist passiert?«
    »Sie hat das Buch gestohlen, Mr. Garrett. Unmittelbar nachdem diese Kreaturen versucht haben, einzubrechen. Ich habe sie dabei ertappt, wie sie es ausgepackt hat und versucht, es ihr wegzunehmen.«
    Wovon redete er? »Wovon redest du?« Dann sah ich eine zerrissene Seite aus Messing unter seinem Fuß. Es war die Seite, an der er sich die Hand geschnitten hatte.
    »Das Buch der Schatten. Es war die ganze Zeit hier. Unter der Couch. Und sie hat es gewußt.«
    Carla Lindo wußte es? Woher? Wir würden uns über seine Pflichten als Putzmann unterhalten müssen. Unter der Couch? Wie war es dahin gekommen?
    »Meine Güte.« Ich erinnerte mich an den Anblick ganz gewisser nackter Haut an einem ganz bestimmten Morgen. Sie/Er hatte ein Bündel in einem Leinentuch dabeigehabt, das dem Tuch um Deans Hand ähnlich gesehen hatte. Ich hatte damals nicht darauf geachtet, weil ich abgelenkt gewesen war. Wenn ich überhaupt an das Päckchen gedacht hatte, dann hatte ich wohl angenommen, daß sie/er es bei ihrem Abgang mitgenommen hatte. »Carla Lindo hat es sich geschnappt? Sie wußte, wo es war, und ist damit verschwunden?«
    Dean nickte.
    Ich kann mich schnell auf eine neue Situation einstellen. »Winger, sieh dir die Hand an. Ich muß kurz zu meinem Partner und ihn zur Schnecke machen.«
    Das kannst du dir schenken, dachte der Tote Mann, als ich in seine Bude stürmte. Ich war genauso überrascht wie Dean.
    »Unmöglich. Du weißt doch, was wir alle denken. Spielst du hier seltsame Spielchen?«
    Mir ist entgangen, was sich auf den niederen Ebenen ihres Verstandes abspielte. Jetzt ist klar, daß ihr Hauptmotiv für ihre Anwesenheit bei uns das Buch der Schatten war. Sie wollte es finden und in ihren Besitz bringen. Denk daran, daß ich auch die Gedanken der Schlange nicht lesen konnte, die sich als Carla Lindo Ramada hier eingeschlichen hatte, und die Gegenwart der anderen Person habe ich ebenfalls nicht bemerkt. Das bedeutet, daß an dieser jungen Frau etwas ungewöhnlich ist.
    »Ach wirklich?« Ich war sauer. Unnötig zu erwähnen. Ein bißchen Nachdenken nach dem Verschwinden der Nackten hätte uns all den Ärger erspart. Ich hätte herumgestöbert, das Buch gefunden und es in aller Öffentlichkeit zerstört. Ende der Aufregung. Aber nein! Ich mußte mich ja von Dutzenden von Rothaarigen ablenken lassen!
    Ich erledige hier meinen Teil, Garrett. Aber ich hab keine Beine.
    »Das soll heißen?«
    Es ist nicht einmal zwanzig Minuten her, seit der kleine Teufel entflohen ist. Du weißt, wohin sie geht.
    Ich wußte vor allem, wohin ich gehen würde. Nach oben. Ins Bett. »Dann hat sie eben noch mehr Macht.«
    Garrett! Diese Frau hat sehr zu meiner Genugtuung bewiesen, daß sie nicht auf der Seite der Guten steht. Ich schlage vor, du überlegst, welchen Nutzen sie oder ihr Vater aus dem Buch der Schatten ziehen könnten. Und bedenke dabei ihre Ausgangsbasis: eine uneinnehmbare Festung!
    Er war beleidigt, weil sie ihn reingelegt hatte. Es dürstete ihn nach Blut. »Schon gut.« Das hatte mir gerade noch gefehlt. Eigentlich war ich ruhebedürftig, brauchte dreißig Liter kaltes Bier, ein Zehn-Pfund-Steak, roh und in Pilzen geschmort. Ein ausgedehntes Bad könnte auch nicht schaden. »Ich bin schon unterwegs.« Warum tat ich mir das an?
    Unterwegs wohin? Da draußen wartete eine ganze Welt auf mich.
    Sie muß nach Westen gegangen sein, Garrett.
    Das schränkte die Möglichkeiten erheblich ein. Es gibt nur einen Weg aus der Stadt, wenn man nach Westen will.
     

 
47. Kapitel
     
    Winger begleitete mich, ohne lange zu fragen. Ich stritt nicht mit ihr. Sie konnte mich pieksen, damit ich wach blieb.
    Wir setzten uns gegen die Stadtmauer außerhalb des Westtores zwischen die optimistischsten Bettler der Welt und hielten Wache. Die meisten Leute, die hier entlangkommen,
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