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Die schöne Diebin

Die schöne Diebin

Titel: Die schöne Diebin
Autoren: BRONWYN SCOTT
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1. KAPITEL

    England, Stockport-on-the-Medlock nahe Manchester,
Anfang Dezember
    In der Dunkelheit spürte er, dass etwas verändert war. Ja, jemand hatte sein Zimmer durcheinandergebracht. Brandon Wycroft, fünfter Earl of Stockport, fluchte lautlos. The Cat hatte sich ins Haus geschlichen!
    Die Ironie des Geschehens war unübersehbar. Während er sich in seiner Bibliothek mit fünf einflussreichen Männern aus der Umgebung getroffen hatte, um mit ihnen zu beraten, wie man dem Treiben des Einbrechers, der The Cat, „die Katze“, genannt wurde, ein Ende bereiten konnte, war ebendieser Dieb in sein Heim eingedrungen. Während er und seine Gäste damit beschäftigt gewesen waren, Pläne zu schmieden, gute Zigarren zu rauchen und teuren Brandy zu trinken, hatte der Einbrecher es gewagt, ausgerechnet jenen Raum aufzusuchen, den er als sein privates Heiligtum betrachtete: das Schlafzimmer.
    Wenn er nicht so gute Ohren gehabt und wenn das Schlafzimmer nicht direkt über der Bibliothek gelegen hätte, dann wäre der Einbruch wohl noch eine Zeit lang unentdeckt geblieben. So jedoch hatte er sich auf ein verdächtiges Geräusch hin nach oben begeben.
    Ein Vorhang bewegte sich und zog seine Aufmerksamkeit auf das geöffnete Fenster, durch das kalte Winterluft ins Zimmer drang. Dann bemerkte er, dass da noch etwas war. Versteckte sich dort etwa der Eindringling?
    Brandon kniff die Augen zusammen. Seine Muskeln spannten sich. Bei Jupiter, die Katze war noch da!
    Er selbst stand an der Tür, weit entfernt vom Fenster. Aber er wusste, dass sein Instinkt ihn nicht trog: The Cat hielt sich in seinem Schlafzimmer auf.
    Seine Entrüstung über das Geschehen wuchs und weckte den Wunsch nach Rache. Er würde dem Treiben dieses Diebes einen Riegel vorschieben! Nachdem der Einbrecher mehr als einen Monat lang die wohlhabenden Bewohner von Stockport-on-the-Medlock ausgeraubt hatte, würde seine Karriere ein abruptes Ende finden! In Zukunft würde er den Männern nicht mehr schaden können, die den Bau einer Textilfabrik in dem kleinen Ort unterstützten.
    Ich werde die Katze jetzt fangen und meinen Erfolg den elf Gentle men mitteilen, die unten in der Bibliothek auf mich warten. Diese Leute, so fand er, waren sowieso mehr daran interessiert, auf den Landsitz eines Mitglieds des englischen Hochadels eingeladen zu werden, als selbst etwas zur Beendigung der Einbruchserie beizutragen. Sobald diese Angelegenheit erledigt war, konnte er nach London zurückkehren und seine parlamentarische Arbeit wieder aufnehmen.
    Er war im Begriff, sich auf den hinter dem Vorhang verborgenen Dieb zu stürzen, als dieser plötzlich aus seinem Versteck trat. Statt – wie er erwartet hatte – einen Fluchtversuch zu unternehmen, stellte die schattenhafte Gestalt sich so, dass sie vom Mondschein beleuchtet wurde. Deutlich konnte Brandon die Konturen der Katze erkennen. Es handelte sich um eine Frau.
    Eine Frau?
    Der waghalsige Einbrecher, der sich zwischen ihn und seine Pläne für Stockport-on-the-Medlock gestellt hatte, war eine Frau? Unfassbar, aber wahr! Im Mondlicht stand eine skandalös angezogene, offenbar recht attraktive weibliche Person.
    Irritiert musterte er sie. Sie trug ein schwarzes Männerhemd, unter dem sich ihre wohlgerundeten Brüste deutlich abzeichneten. Dazu eine Hose, die so eng saß, dass die schmale Taille, die weiblichen Hüften, die schlanken Oberschenkel und die erstaunlich langen Beine gut zu sehen waren.
    Eine verführerische Erscheinung! Doch sie konnte – und durfte – nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Frau eine Verbrecherin war. Die Katze war in seine Privatgemächer eingedrungen, hatte sich erwischen lassen und war nun ganz und gar seiner Gnade ausgeliefert.
    Er kreuzte die Arme vor der Brust, lehnte sich gegen den Türrahmen und gab sich den Anschein gepflegter Langeweile. Dabei achtete er allerdings darauf, so zu stehen, dass er den Fluchtweg in den Flur versperrte. The Cat konnte ihm nicht entkommen, denn der einzige andere Weg nach draußen führte durchs Fenster. Das aber befand sich zwei Stockwerke hoch über dem Boden.
    Diese Tatsache warf die Frage auf, wie es der Einbrecherin gelungen war, unbemerkt bis in diesen Raum vorzudringen.
    „Ich fürchte“, bemerkte Brandon, „ich kann Sie nicht zur Tür hinauslassen. Aber vielleicht ziehen Sie sowieso den Weg durchs Fenster vor.“ Seine Stimme enthielt eine Spur von Sarkasmus. Niemand würde einen Sturz aus dreißig Fuß Höhe riskieren. Damit blieb nur die Tür
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