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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer
Autoren: Glen Cook
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ein gutes Gespür. Wir konnten sie nicht in die Enge treiben. Sie fand den Geheimgang und floh durch die Hintertür des Hauses. Ihr Abstand wurde immer größer.
    Ich bog erst um die Ecke des Hauses, als sie schon vorn angekommen war und mitten in den Haufen von Zwergen rannte, der gerade abziehen wollte. Sie wirbelte herum und lief nach Osten, auf die Morgenröte zu, die den Himmel über den Weinbergen hell färbte.
    Winger und ich holten auf. Wir hatten längere Beine und mußten nicht auf Dornen der Disteln und Büsche achten.
    Aus dem Nichts tauchte ein geflügelter Schatten auf, traf die Hexe an der Schulter und ließ sie stolpern. Ein anderer folgte, dann noch einer, und sie mußte ihre Richtung ändern.
    Winger packte meinen Arm. »Langsam. Wir brauchen sie nicht einzuholen.«
    »Wie?« Ich hatte aufgehört, viel nachzudenken.
    »Sie lenken sie.«
    Tatsächlich. Ich lief langsamer, versuchte, mein Hirn wieder in Gang zu setzen. Aber ich hatte meine tägliche Ration Gewitztheit schon in Kains Geheimzimmer verbraten.
    Die Schlange kletterte über den Wall des Anwesens und rannte auf ein kleines Wäldchen am Ende des Flusses zu. MorCartha umschwärmten sie wie Motten das Licht, als Winger und ich den Wall überstiegen. Sie ignorierten uns völlig. Die Hexe blieb kurz vor der Baumreihe stehen und sah sich hastig um. Die morCartha schnitten ihr jede Rückzugsmöglichkeit ab.
    Dann traten Männer aus dem Wald. Kleine Männer, aber Menschen, keine Zwerge und auch keine Elfen. Sie umringten die Schlange. Ein winziger alter Mann mit schicker Brille humpelte hinter ihnen her.
    Willard Täte.
    »Bleib stehen, Winger«, sagte ich. »Gut. Und jetzt gehen wir ganz unauffällig zur Straße.« Mein Impuls, den Tates Vernunft einimpfen zu wollen, hielt nur eine halbe Sekunde an. Es war genauso gefährlich, wie zu Beutler und Sattler zurückzukehren. Willard Tate wirkte im dämmrigen Licht dämonisch. Er wollte sich ganz offensichtlich für alle Schicksalsschläge gleichzeitig Genugtuung verschaffen.
    »Was geht da vor?« wollte Winger wissen.
    »Es ist besser, wenn du das nicht erfährst.« Der alte Tate hatte sein Werkzeug dabei. Ich ging weiter zur Straße und hoffte, daß uns niemand bemerkte. »Dieser alte Mann … Seine Nichte wurde aus Versehen von einem Schläger der Schlange niedergestochen.« Wieviel er wohl für dieses Rendezvous ausgegeben hatte? Und wieviel war inszeniert und wieviel pures Glück? Ich würde ihn allerdings nicht fragen. Vielleicht fand Onkel Willard die Gelegenheit zu günstig, Tinnies Leben auch gleich zu vereinfachen, indem er sie von ihrem Lieblings-Ex-Mariner befreite.
    Die Schlange schrie.
    »Willst du nichts unternehmen?«
    »O doch. Ich werde meinen heißgeliebten Hintern hier wegschaffen. In dieser Gegend laufen zu viele Leute mit erhöhtem Blutdruck herum. Ich geh nach Hause und schließ mich einen Monat lang ein. Dann mache ich mir vielleicht Gedanken darum, was aus diesem blöden Buch der Schatten geworden ist.«
    Ich hatte eine Idee. Sie war fünfhundert Pfund schwer und verrückt wie ein Hutverkäufer. Es war ein schlichtes Ausleseverfahren. Jeder, der auch nur das geringste Interesse an dem Buch hatte, besaß es nicht. Bis auf Fido. Folglich hatte er es oder wußte zumindest, wo es war. Vielleicht wollte er warten, bis sich die Aufregung gelegt hatte, bevor er anfing, Fido der Schreckliche zu spielen.
    Die Schlange hatte durchtrainierte Lungen. Sie gab einen anhaltenden Heulton von sich. Ich blickte nicht zurück.
    Damit würde ich später meinen Frieden schließen. Nachdem ich mich an die Vorstellung gewöhnt hatte, daß ich immer noch gesund war.
     
     

 
46. Kapitel
     
    Sechshundert Meter südwestlich von Kains Tor nach TunFaire führt eine kleine Steinbrücke über den Fluß, der das Wäldchen bewässert, das die Tates für ihren Hinterhalt benutzt hatten. Zwei widerliche Gesellen hockten auf der Brüstung der Brücke. Schäbige morCartha hatten sich in den Bäumen niedergelassen und waren ausnahmsweise friedlich. Vermutlich gehörten sie nicht nur zum selben Stamm, sondern auch zur selben Familie.
    Der kleinere Typ stand auf, klopfte seinen Hosenboden ab und grinste mich an. Dunkelelfische Zähne blitzten auf. »Alles klargegangen, Garrett?« Dieses gutaussehende Miststück!
    Ich blieb ganz cool. Eisblock Garrett, so nennt man mich. Ich habe Eiszapfen anstelle von Knochen. »Vor dir siehst du den berüchtigten Morpheus Ahrm«, erklärte ich Winger. Offenbar wollte er, daß
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