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Die Brut hinter der Mauer

Die Brut hinter der Mauer

Titel: Die Brut hinter der Mauer
Autoren: Jason Dark
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Je mehr sich die beiden Männer ihrem Ziel näherten, um so schlechter wurde das Wetter.
    Zuerst verschwand die Sonne. Dann überzog eine bleigraue Farbe den Himmel, aus dem sich hin und wieder Dunstschleier abspalteten, als wollten sie den Boden allein erreichen. Dazu kam es nicht. Auf der Strecke fanden sie zusammen und verdichteten sich zu Nebelstreifen, die, langen Tüchern gleich, in das einsame Tal glitten. Sie paßten in diese menschenleere Einsamkeit hinein, in der es so gut wie keine Straßen gab, dafür ein sumpfiges Gelände, wilden, fast urwaldähnlichen Bewuchs, Flächen mit hohem Gras und Büschen, an deren Zweigen sich Unkraut festklammerte. Die weiten einsamen Hügel sahen manchmal wie lange Schatten aus — als hätte der Teufel seine Zunge ausgestreckt.
    Ein tristes, ein ödes Land, das auch eine gewisse Romantik ausstrahlte. Dafür hatten jedoch die beiden Männer keinen Sinn. Sie hofften nur, daß ihr Transporter bis zum Ziel durchhielt.
    »Scheiße, auch noch Nebel!« Richmond fluchte. Er wischte mit dem Handrücken über seine Lippen. Das tat er immer, wenn er wütend war. Man hatte ihm den Spitznamen Stier gegeben, weil er von bulliger Gestalt war und auch einen Stiernacken besaß.
    »Ist doch egal.« Turkey, sein Mitfahrer, lachte. »Der Job wird gut bezahlt, alles andere stört mich nicht.«
    »Du brauchst auch nicht zu fahren.«
    Turkey, ein kleiner Fettwanst, lachte. »Soll ich dich ablösen?«
    »Nein, ich will lebend ankommen.«
    »Dann beschwer dich nicht.«
    Die Männer kannten sich schon seit langem. Sie galten als zuverlässig in der Branche. Ihnen ging der Ruf voraus, daß sie es schafften, selbst dem Teufel eine Ladung Kohlen in die Hölle zu schicken, wenn die Bezahlung stimmte.
    Billig waren sie nicht. Ihre Auftraggeber rechneten auch nicht damit. Wenn sie einen Job vergaben, war der meist heiß, und sie brauchten Männer, die keine Fragen stellten.
    Turkey und Richmond wußten auch jetzt nicht, was sich in den Fässern auf der Ladefläche befand. Ein gefährlicher Inhalt mußte es sein. Nicht ohne Grund hatten sie die Fässer mit doppelt gespannten Eisenbändern sichern müssen.
    Solange die Dinger verschlossen blieben, würden die beiden alles transportieren und niemals über die Fracht nachdenken. Schon eher ärgerten sie sich über die äußeren Umstände, denn sie rollten hinein in die nebelverhangene, einsame Talschüssel.
    Bisher waren sie ohne Licht ausgekommen. Nun ging Richmond das Risiko ein und schaltete die Lampen ein.
    Das gefiel seinem Partner nicht. »He, was ist, wenn man uns beobachtet?«
    »Würdest du dich freiwillig hier aufhalten?«
    »Das nicht.«
    »Na bitte. Hier sind wir am Arsch der Welt, und wer kriecht da schon hinein?«
    Turkey grinste nicht einmal. Er schaute aus dem Seitenfenster. Der Weg, über den die großen, tiefprofiligen Reifen schmatzten, gefiel ihm nicht. Er besaß keine Befestigung, war matschig und mit braunem Gras bewachsen. Es sollte noch schlimmer kommen, denn in dem Tal breitete sich ein Sumpfgebiet aus.
    Sie wollten bis an den Sumpf heranfahren und dort ihre Ladung loswerden.
    Sogar eine Karte hatte man ihnen mitgegeben. Die Strecke war von Hand eingezeichnet worden, der Auftraggeber persönlich hatte sich darum gekümmert und verlangt, daß sie die Aufzeichnungen später verbrannten. Richmond und Turkey hatten, ohne zu fragen, zugestimmt. Sie waren es gewohnt, nicht nachzuhaken. Hauptsache, die Kohlen stimmten.
    Der Nebel war mit dem in London nicht zu vergleichen; er blieb schleierhaft und war durchsichtig, was die Männer etwas aufatmen ließ. Richmond lachte scharf. »Da hat der Teufel mal wieder seine Hand über uns gehalten. Du siehst, Turkey, wer mit dem Satan pokert, der kann sich auf ihn verlassen.«
    Turkey hatte ein Bein gegen das Armaturenbrett gestemmt. »Na ja, beim Pokern kann man auch verlieren.«
    »Aber wir doch nicht, Junge. Wir sind stark, wir sind nicht nur besser, wir sind die Besten.« Richmond war gut drauf. Er schaltete einen Gang höher und gab wieder Gas. Der Wagen ruckte an. Die Reifen wühlten sich durch den weichen Boden, leicht schwankte er mit seiner Ladefläche, die Fässer schabten gegeneinander, aber sie kippten nicht. Turkey zündete sich eine seiner billigen Zigarren an. Der Tabak stank, als hätte jemand alte, schweißdurchtränkte Socken verbrannt. Selbst Richmond, der nicht verwöhnt war, was reine Luft anging, bestand darauf, daß Turkey ein Fenster öffnete.
    Kühle Luft strömte in das
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