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Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt

Titel: Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
Autoren: Faye Kellerman
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PROLOG
    Er sah den Blitz, bevor er das Plopp hörte. Dieses Ppffft wie ein Schlag, das beinahe das Stöhnen übertönte. Der Kopf flog zurück, pendelte hin und her, bis er schließlich über der rechten Schulter zur Ruhe kam. Als das Blut zwischen den Augen hervortropfte, fragte er sich, ob der Mistkerl überhaupt etwas gespürt hatte, sternhagelvoll, wie er gewesen war.
    Der Gedanke ließ das Schlottern auch nicht aufhören, seine Hände waren klamm und steif. Eine ganze Weile hörte er gar nichts. Dann drang das Geräusch seines eigenen Atems in sein Bewusstsein. Er kroch aus seinem Unterschlupf und schluckte schwer. Versuchte zu gehen, aber die Knie knickten weg.
    Er sank zu Boden.
    Er blieb lange Zeit so liegen. Minuten vielleicht, vielleicht auch Stunden. Die Zeit war ein schwarzes Loch, ein Zustand völliger Benommenheit zwischen Schlaf und Rastlosigkeit. Alles war verschattet und undeutlich.
    Langsam wurden die Dinge wieder deutlicher. Das Zimmer, der Fußboden, der gefesselte Körper, das Loch zwischen den Augen. Blut war auf den Teppich gesickert und hatte eine Pfütze um seine Schuhe herum gebildet.
    Er starrte darauf und hoffte, dass Tränen kommen würden. Aber das taten sie nicht. Das taten sie nie.
    Mühevoll richtete er seine linkische Gestalt auf, wobei er beinahe über die dünnen Beine gestolpert wäre. Das war das Elend, wenn man in so jungen Jahren schon so groß war: alles lang, aber keine Muskeln. Ihm war schwindlig und schlecht vom Pulvergestank. Er seufzte tief.
    Er versuchte zu gehen, fiel aber gleich wieder vornüber.
    Er brauchte Luft -frische Luft.
    Auf Händen und Knien kroch er zur Hintertür hinaus und stieß das quietschende Fliegengitter auf. Die Hände um die Säule der Veranda geschlungen, zog er sich hoch. Sein Fahrrad stand immer noch am Apfelbaum, gegen den Stamm gelehnt, weil es keinen Ständer hatte.
    Er wusste, dass er es jemandem sagen musste. Mom hasste das Arschloch zwar, aber sie würde trotzdem ausflippen. Blieb also nur sein Onkel. Joey würde sich um ihn kümmern. Er musste zu Joey rüber.
    Er richtete sich auf und schob sich zentimeterweise zu seinem Fahrrad hinüber. Er legte die Hände auf die Griffe, schwang das Bein über den Sitz und trat dabei das Pedal runter. Es konnte losgehen.
    Die Auffahrt hinunter und auf die Straße hinaus.
    Schneller und schneller, immer fester, bis der Wind ihm hart ins platinblonde Haar fuhr.
    Er zog das Rad vorne hoch. Er fühlte sich gut.

1
    In der Zeitung fehlten die Seiten sieben und acht. Die Landesnachrichten, insbesondere die landesweiten Kriminalfälle. Decker legte das dünne Blatt nieder. Sein Magen hatte sich zu einem festen, säuerlichen Knoten zusammengezogen. »Rina, wo ist der Rest der Zeitung?«
    Rina bearbeitete das Rührei weiter mit der Gabel. »Ist nicht alles da?«
    »Nein, es ist nicht alles da.«
    »Hast du nachgesehen?«
    »Ja, ich habe nachgesehen.«
    »Vielleicht hat Ginger es in die Fänge bekommen«, sagte Rina leichthin. »Du weißt ja, wie sehr der Hund Zeitungspapier mag. Ich glaube, sie benutzt es gegen Mundgeruch …«
    »Rina …«
    »Peter, könntest du Hannah bitte vom Geschirrspüler loseisen und in ihr Stühlchen setzen, damit ich sie füttern kann? Und nimm die Pflaumen aus dem Besteckkorb, wenn du schon dabei bist.«
    Decker starrte seine Frau an, stand auf und nahm seine zweijährige Tochter, die noch im Schlafanzug war, hoch. Sie hielt in jeder Hand eine Pflaume.
    »Daddy Pflaule will?«
    »Ja, Hannah Rosie, ich möchte gerne eine Pflaume.«
    »Abbeiß?« Sie stopfte ihrem Vater die Frucht in den Mund. Decker tat wie gewünscht und biss ab. Der Saft spritzte aus der überreifen Pflaume, tropfte von seinem kürbisfarbenen Schnurrbart und lief ihm in violetten Spuren am Kinn hinunter. Er setzte seine Tochter in ihren Hochstuhl und wischte sich den Mund ab.
    »Du abbeißen will, Daddy?«
    »Nein, danke, Hannah.«
    »Du abbeißen will, Daddy?«, sagte Hannah mit Nachdruck.
    »Nein.«
    »Du abbeißen will, Daddy?« Hannah war den Tränen nahe.
    »Beiß noch mal ab, Peter«, sagte Rina. »Iss die ganze Pflaume.«
    Decker nahm die Pflaume und aß sie. Hannah hielt ihm die zweite hin. »Schätzchen, wenn ich noch mehr Pflaumen esse, kann ich den Rest meiner Tage im Badezimmer verbringen.«
    Rina lachte. »Ich nehme die Pflaume, Hannah.«
    »Nein!«, schrie das Baby los. Ihr Gesicht war rot vor Aufregung. »Daddy Pflaule essen soll.«
    Decker nahm ihr die zweite Pflaume ab. »Warum kaufst du andauernd
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