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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer
Autoren: Glen Cook
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sind mittellose Bauern, die in der Stadt ihr Glück machen wollen.
    »Glaubst du, wir sind noch rechtzeitig, Garrett?«
    Ich hatte unser Leben aufs Spiel gesetzt und uns auf dem kürzesten Weg durch die Slums gelotst. »Sie kennt die Stadt nicht. Selbst wenn sie eine Kutsche gemietet hätte, kann sie nicht vor uns hier durchgekommen sein.« Logisch stimmte das, aber ich versuchte auch, mir Mut zu machen. Nach den Ereignissen der letzten Zeit war mein Vertrauen in die Logik ziemlich erschüttert.
    Immerhin war der Tote Mann nicht nur einmal, sondern gleich dreimal hinters Licht geführt worden. Das war schwer zu schlucken, obwohl ich um des lieben Haussegens willen seinem Wort glaubte.
    Es war wohl sein Wunschdenken, was Carla Lindo geholfen hatte, ihn einzuwickeln. Er war lange genug auf der Welt, um den Braten zu riechen. Er hatte es nicht bemerkt, weil sie ihm Honig um den Bart geschmiert hatte … Konnte ich es ihm verübeln?
    »Hat sie Geld?« wollte Winger wissen.
    »Glaub ich nicht. Warum?«
    »Ich frage mich, ob sie eine Kutsche mieten oder ein Pferd kaufen konnte.«
    »Sie hat alles ausgegeben, um mich zu engagieren.«
    »Dann ist sie zu Fuß unterwegs. Kann sie lesen?«
    »Warum?«
    »Wenn ich sie wäre und lesen könnte, würde ich das Buch aufschlagen und mich in etwas anderes verwandeln, für den Fall, daß mich jemand verfolgt.«
    Daran hatte ich nicht gedacht. Ich wußte nicht, ob sie lesen konnte oder nicht. Mein Erinnerungsvermögen setzt aus, wenn ich müde bin. »Nimm das Schlimmste an. Achte auf jeden, der etwas wie ein Buch dabeihaben könnte.«
    »Wie groß?«
    Ich deutete mit den Händen an, was ich in den Armen der Nackten gesehen hatte.
    Winger hockte sich in den Schatten der Mauer und ignorierte den finsteren Blick des Bettlers neben ihr. Sie schloß ein Auge, als würde sie gleich einschlafen. »Glaubst du, daß du Ärger bekommst, weil dein Kumpel diesem Ostermann so übel mitgespielt hat?«
    »Nein. Sowas passiert eben. Bei uns in der Gegend sogar besonders häufig. Die Nachbarn werden froh darüber sein, daß es diesmal so unterhaltsam war. Einmal sind ihre Häuser fast zu Bruch gegangen. Deshalb sind überall neue Ziegel und Holzbalken zu sehen. Leute, die keine Aufregung mögen, ziehen um. Keiner kümmert sich darum. Die Häuser gehören ihnen nicht, sondern sie mieten sie.«
    »Das ist mir an TunFaire aufgefallen. Keiner kümmert sich um etwas anderes als um sich selbst.«
    Das stimmte zwar nicht ganz, traf es jedoch fast.
    Eine Zeitlang passierte gar nichts. Ich unterhielt mich mit einem Bettler, der ein Ex-Mariner war. Wir sprachen hauptsächlich über Glanz Großmonds Taten im Cantard. In der Nacht, die ich beim Oberboß verbracht hatte, war das Gerücht aufgekommen, daß Großmonds großartige Großtat sich für ihn gar nicht so großartig ausgezahlt hatte. Unsere furchtlosen Führer hatten sie angeblich sogar vorhergesehen. Sie hatten zwar mitgespielt und sich in ein Scharmützel mit den Venageti verwickeln lassen, aber immerhin genügend Reserven zurückgehalten. Die hatten Großmond weiter verfolgt und seine Armee ganz schön dezimiert.
    Klang, als hätte die Überlegenheit einer Partei im Cantard ihr Ende gefunden, wenn der Staub sich erst gelegt hatte. Damit waren wir wieder beim alten, endlosen Terror, nur daß jetzt die Waage drei Schalen ausbalancieren mußte, nicht wie bisher zwei. Das machte die Situation verrückter als je zuvor.
    Ich war froh, daß ich es hinter mir hatte.
    Winger stieß mich an.
    Eine wunderschöne Rothaarige kam zu Fuß aus dem Tor. Sie war für eine anstrengende Reise gekleidet und hatte ein großes Paket bei sich. Und sie hatte es eilig. Belesen oder nicht, ihr Äußeres war unverändert.
    Sie hatte es etwas zu eilig. Deshalb bemerkte sie weder uns noch die Tatsache, daß sie die Aufmerksamkeit anderer Bewunderer erregt hatte. Stadtstreicher, die sie für leichte Beute hielten. Sie schlichen hinter ihr her, weil sie wußten, daß sich auf der Straße reichlich Gelegenheit für einen Überfall bieten würde. Drei Meilen hinter dem Westtor kam man schon in die Wildnis. Die Hügel dort sind besser für Schafherden geeignet als für Weinberge.
    Winger stand auf. Sie begriff die Situation, auch ohne daß ich sie erklärte. »Ich mach dir einen Vorschlag, der dir nicht gefallen wird.«
    »Und der wäre?«
    »Laß die drei Ganoven zuerst zuschlagen. Dann nehmen wir ihnen das Buch ab.«
    »Du hast recht. Der Vorschlag gefällt mir nicht.«
    »Denk nach. Wir
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