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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse
Autoren: Tanja Heitmann
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erschütternd.«
    »Nimmst du Ranuken denn ab, dass er dein Busenfreund ist?«
    Widerwillig nickte Mila. »Irgendwie schon, obwohl es wirklich ein Ding ist. Ich meine, der Kerl trägt knallenge rote Lederhosen und sonst nichts.«
    »Rote Lederhosen, seit wann denn das?«
    Mila musterte mich mit einem Blick, der wohl bedeuten sollte: Du weißt ja noch weniger als ich. Womit sie in so mancher Hinsicht recht hatte.
    »Die waren ein Geschenk. Von einer Lena, die lang und breit über meine Haare geredet hat. Ich glaube, es hat sie sehr aufgebracht, mich zu sehen. Vor allem weil sie mir kein wenig vertraut erschien. Das hat sie irgendwie aus der Spur geworfen. Rufus meinte, es würde ihr sehr schwerfallen zu akzeptieren, dass ich mich nicht daran erinnern kann, wer ich früher gewesen bin. Sie fühlt sich deshalb als Versagerin, als würde sie dafür die Verantwortung tragen. Wahrscheinlich wäre es besser, wenn ich ihr nicht noch einmal unter die Augen trete. Sie war so verletzt …«
    Mühsam kämpfte ich gegen das Verlangen an, die Arme nach Mila auszustrecken, um sie zu trösten. Damit liefe ich jedoch Gefahr, sie zu erschrecken, oder viel schlimmer noch, sie könnte sich in die Ecke gedrängt fühlen, obwohl ich ihr doch den nötigen Raum überlassen wollte, um eigene Entscheidungen zu treffen. Sie suchte meinen Blick. Ein leichtes Zittern ging durch ihre viel zu schmal gewordenen Schultern, und bevor ich mich versah, hockte ich vor ihr, so nah, dass ich den vertrauten Duft ihrer Haut einatmete.
    »Lena wird darüber hinwegkommen«, versicherte ich ihr.
    »Glaubst du?«
    »Ich weiß es.«
    »Und du, wirst du über alles hinwegkommen, was geschehen ist?«
    Diese Frage war schon wesentlich schwerer zu beantworten. Wenn ich zurückblickte, sah ich Kastors zu Staub zerfallende Gestalt und Shirin, die einzig und allein aus Licht bestand. Ich sah, wie Gyulas Leichnam ins Meer stürzte, das blanke Gesicht meines Vaters, der keine einzige Erinnerung mehr an mich besaß, und Nikolais erlöschende Augen, als ich seinem Leben mit der Bernsteinklinge des Katanas ein Ende setzte. »Ich werde mit dem, was geschehen ist, leben müssen«, antwortete ich wahrheitsgemäß, weiter konnte ich nicht gehen.
    »Was ist wohl schlimmer: sich nicht erinnern zu können oder alles zu genau zu wissen?«
    »Du wirst dich wieder erinnern können, Mila. Vielleicht nicht an alles und vielleicht wird es auch noch lange dauern, aber deine Vergangenheit liegt in dir. Nikolai hat sie nicht ausgelöscht.«
    »Und wenn es erst am Ende meines Lebens so weit ist, dass ich mich an dich erinnere, daran, was ich für dich empfunden habe?« Damit sprach sie die größte meiner Ängste aus.
    »Dann wird das eben so sein.«
    In Milas Blick schlich sich diese gewisse konzentrierte Aufmerksamkeit, die immer dann auftrat, wenn sie etwas auf ihre ganz besondere Art betrachtete. Dann beugte sie sich vor und für einige wertvolle Sekunden spürte ich ihre Nasenspitze und ihren Atem an meiner Halsbeuge.
    »Dafür gibt es wirklich weder einen Namen noch einen passenden Vergleich«, stellte sie mit großer Ernsthaftigkeit fest.
    Mir wurde leicht schwindlig. »Wofür?«
    »Für den Geruch, den deine Haut verströmt. Darüber habe ich mir von Anfang an den Kopf zerbrochen, musst du wissen. Ich weiß nur, wie du riechst: fantastisch, umwerfend, sinne-benebelnd, unvergleichlich. Oh, du wirst verlegen. Magst du keine Komplimente?«
    »Normalerweise würde ich sagen: Das weiß du ganz genau.«
    »Echt? Daran kann ich mich wirklich nicht erinnern.« Mila lächelte. »Und wie reagierst du in der Regel, wenn ich immer weiter darüber rede, dass du nicht nur großartig riechst, sondern dass ich auch deinen 3-Tage-Bart mag und dass du sogar mit diesem scheußlichen schwarzen Geschmiere auf der Brust kein bisschen abstoßend wirkst, sondern vielmehr …«
    »Unter diesen Umständen würde ich dich normalerweise mit einem Kuss ablenken«, unterbrach ich ihren Redefluss.
    »Ach, ja?« Ihr Lächeln wurde breiter, direkt einladend.
    Ich nahm mir vor, ein Gentleman zu sein und mich keinen Zentimeter zu bewegen. Ich hielt ungefähr fünf Sekunden lang durch, dann beugte ich mich vor und fand ihre leicht geöffneten Lippen. Zuerst berührte ich sie ganz behutsam, aber als ich Milas Seufzen hörte, legte ich meine Hand um ihren Nacken und ließ unsere Lippen miteinander verschmelzen. Sie schmeckte so vertraut, dass ich sämtliche Vorsätze über Bord warf und den Kuss vertiefte. Als ich mich
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