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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse
Autoren: Tanja Heitmann
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mehr als die, die einem gewöhnlichen Menschen geschenkt werden. Es ist aber genauso gut möglich, dass es nicht einmal ein zusätzlicher Tag ist.«
    »Die Chancen deuten also eher auf Sterblichkeit.«
    Asami zuckte mit den Schultern.
    »Dieser Ring zeigt, dass ich Samuel geliebt habe …«, setzte ich an, um sogleich von Asami unterbrochen zu werden.
    »Er zeigt, dass du ihn immer noch liebst, denn er will zu dir. Genau wie Samuel.«
    »Und gleichzeitig steckt der Ring an deiner Hand.«
    Ein neuer, weitreichender Gedanke begann in mir anzuwachsen, hervorgerufen durch die Wärme und das leise Pulsieren des Bernsteins, der mich lockte. Es wäre so einfach, nach ihm zu greifen, ihn zu tragen und dem Jungen, zu dem es mich hinzog, immer nah zu sein. Aber die Entscheidung, vor der ich stand, verlangte mehr.
    »Unser Sam hat es wirklich gut. Er wird von uns beiden geliebt, auch wenn die Liebe für mich im Augenblick nicht mehr als ein Gefühl ist, an das ich glaube.« Ich stockte. Seit ich in dem Zimmer mit dem Blick auf den Garten zu mir gekommen war, hatte ich erlebt, wie wichtig es ist, geliebt zu werden. Dabei wusste ich nicht einmal, was genau ich für diese Menschen bedeutete, ich wusste nur, dass ihre Zuneigung für mich überlebenswichtig gewesen war. »Jemanden an seiner Seite zu wissen, kann entscheidender sein als die Luft zum Atmen, sogar Nikolai konnte sich dieser Macht nicht entziehen. Wenn wir beide Samuel lieben, dürfen wir ihm das nicht nehmen. Vor allem nicht, da ich eines Tages vermutlich sterben werde.«
    Asami stieß ein heiseres Lachen aus. »Es ist wohl kaum anzunehmen, dass er sich zwischen uns beiden aufteilen wird. Glaub mir, Samuel hat das nicht vor, er bevorzugt dich, sogar dann, wenn du dich von ihm abwendest. Mich wird er bestenfalls dulden und darauf kann ich mich nicht einlassen. Eine Entscheidung ist also unumgänglich.«
    Ich dachte darüber nach, während der Wind meine Wangen kühlte. »Kannst du warten?«
    »Warten? Auf Samuel?«
    Ich nickte.
    Begreifen zeichnete sich in Asamis Gesicht ab, als sein Mund sich vor Verwunderung leicht öffnete.
    Ich überließ mich noch einmal dem Zauber, der von dem Bernsteinring ausging, dann zog ich meine Hand zurück. »Es mag schon sein, dass mir mehr Jahre als einer gewöhnlichen Sterblichen zustehen, aber eines Tages wird Samuel jemanden brauchen, der ihn bedingungslos liebt, sogar wenn er voller Zorn und Trauer ist. Was denkst du, wäre das eine Möglichkeit?«
    Asami schloss die Augen und presste seine beringte Hand an die Brust, dann stand er auf, verneigte sich und ging. Ich sah ihm nach, bis er zwischen den Hecken verschwunden war, bevor ich meinen eigenen Weg einschlug.

39 Vergissmeinnicht
    Sam
    Es war ein typischer Herbsttag, nass und windig. Das aufgewühlte Meer rollte gegen den Stein. An solchen Tagen war es grau bis schwarz, ganz anders als meine Augenfarbe. Der Horizont lag im Dunst. Schritt für Schritt ging ich den imaginären Umriss der Ruine ab, die sich in der Sphäre auf der Klippe befand. Dort herrschte heute vermutlich aufgeregtes Treiben, während es hier, in der Menschenwelt, ein verlassener Ort war, an den sich niemand verirrte. Von mir einmal abgesehen, denn ich war froh, mit meinen Gedanken allein zu sein.
    In dem Augenblick, in dem die Traumpforte zerstört worden war, hatte ein Impuls dafür gesorgt, dass überall auf der Welt Menschen aus dem gleichen Traum hochschreckten, in dem sich ihnen eine Welt offenbart hatte, die der ihren in vielerlei Hinsicht glich, doch gänzlich ohne Farbe und ursprünglicher war. Es war eine Welt, in der Wesen mit Schwingen durch den Himmel flogen, die weder engelsweiß noch schwarz wie die Hölle waren. Es würde eine Zeit lang dauern, bis auch der letzte Träumer die Erkenntnis verdaut hatte, dass es zwischen Himmel und Erde nicht nur mehr gab, als er bislang angenommen hatte, sondern dass außerdem Pforten entstanden, die die beiden Welten miteinander verbanden.
    Unter den Schattenschwingen hatte sich eine Mehrheit dazu durchgerungen, die Möglichkeit wahrzunehmen, sich der Menschenwelt zum ersten Mal seit dem Krieg gegen den Schatten zu öffnen. Dieses Mal allerdings umsichtig, darauf bedacht, keine Panik auszulösen und zugleich auch verstärkt die eigenen Fähigkeiten zu erforschen, bevor man sie einsetzte. Die Welten der Menschen und der Schattenschwingen würden sich annähern, so viel stand fest. Ob sie erneut zusammenwachsen und genug Brücken schlagen würden, bis es die Grenze
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