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Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz
Autoren: Clay und Susan Griffith
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an die Existenz solcher Kreaturen zu glauben.
    Die Vampire trafen die großen Mächte Europas, Amerikas und Asiens mitten ins Herz. Sie enthaupteten Regierungen und Armeen und vernichteten Kommunikations- und Transportmittel. Ordnung wich Entsetzen, Panik und Zusammenbruch. Innerhalb von zwei Jahren waren die großen Industriegesellschaften des Nordens nur noch tote Kadaver und die Vampirclans teilten die alte Welt unter sich auf.
    Zu dieser Zeit hatte noch niemand die wahre Natur der Vampire verstanden. Selbst heute taten das nur wenige. Adele allerdings hatte den Vorteil, von den Professoren der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Alexandria in allem unterrichtet worden zu sein, was man über die Biologie und Kultur des größten Feindes der Menschheit wusste oder zu wissen glaubte. Im Laufe der Jahrhunderte waren Mythen über diese Geschöpfe entstanden – Mythen, die auf der Wahrheit basierten, jedoch nicht der Wahrheit entsprachen. Vampire waren weitaus gefährlicher, als die alten Legenden sie je darstellen konnten.
    Die meisten angesehenen Wissenschaftler behaupteten mit Gewissheit, dass Vampire nicht die wiederauferstandenen Leichen von Menschen waren. Die Kreaturen wurden als eine Art Parasit betrachtet, der sich von menschlichem Blut ernährte, und als Homo nosferatii klassifiziert. Vampire und Menschen waren sich verstörend ähnlich, was ihre Anatomie und Physiologie betraf, nur verfügten Vampire über spitzere Zähne, einziehbare, krallenartige Fingernägel und äußerst gut an die nächtliche Jagd angepasste Augen. Vier ihrer fünf Sinne waren ausgezeichnet. Sehvermögen, Geruchssinn, Gehör und Geschmackssinn waren weit stärker ausgeprägt als bei einem Hund oder einer Katze. Allerdings besaßen Vampire nur einen unterentwickelten Tastsinn, was es ihnen erschwerte, Gegenstände zu handhaben oder Werkzeuge zu gebrauchen. Anatomielektionen, die in den von Gaslicht erleuchteten Kammern unter der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Alexandria durchgeführt worden waren, hatten gezeigt, dass Vampire keinen Schmerz fühlten und selbst die schrecklichsten Wunden bei ihnen äußerst schnell heilten.
    Es war nie überzeugend bewiesen worden, dass Vampire neue Vampire schufen, indem sie Menschen infizierten. Wissenschaftler diskutierten lebhaft darüber, wie oder ob sie sich überhaupt vermehrten. Es gab viele Theorien, doch die gegenwärtig vorherrschende Meinung unter den Gelehrten lautete, dass diese Kreaturen ewig lebten und es heute genauso viele gab, wie es je gegeben hatte oder geben würde.
    Man hatte nie beobachtet, dass sich Vampire in Fledermäuse oder Wölfe verwandelten, doch sie konnten mit dem Wind reisen, indem sie ihre Körperdichte auf eine erstaunliche Weise regulierten, die man noch nicht völlig verstand. Die Exemplare in Gefangenschaft lebten nicht lange genug, um befriedigende Experimente an ihnen durchzuführen. Sonnenlicht ließ sie nicht zu Staub zerfallen, doch sie waren krankhaft empfindlich gegen Hitze, die sie schwach und lethargisch machte. Daher neigten sie dazu, nachts aktiv zu sein und die nördlichen Klimagebiete heimzusuchen.
    Natürlich hatte keine dieser neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse den entsetzten Opfern des Großen Mordens im Jahre 1870 zur Verfügung gestanden. Nach den Angriffen flohen Hunderttausende Menschen nach Süden in die Nähe des Äquators, wo sie in kolonialen Besitztümern Zuflucht suchten und in einem fieberhaften Taumel aus Zusammenbruch und Vereinigung der Kulturen grausam um Land kämpften. Schließlich vermischten sich die traumatisierten Überreste der nördlichen Menschheit mit den Einheimischen und machten sich an den Versuch, in der schwülen tropischen Hitze, in die sich Vampire selten wagten, neue Versionen ihrer geliebten Gesellschaften auf der Basis von Dampfkraft und Eisen zu erschaffen.
    Prinz Simon flitzte erneut an die Reling. »Ich glaube, ich sehe sie!« Er warf einen flehenden Blick zu Colonel Anhalt hinüber.
    Der Gurkha bot dem jungen Prinzen sein Fernglas an, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder der Prinzessin zuwandte. Eine Hand ruhte auf dem Griff seines Fahrenheit-Säbels, einer Offizierswaffe. »Ich denke immer noch, dass es töricht ist, Ihre Zeit damit zu ver schwenden, sich den Grenzstaaten anzubiedern. Es gibt in diesem Krieg nur zwei Seiten: Mensch und Vampir. Welchen Sinn hat Diplomatie bei denen, die uns ohnehin brauchen werden, sobald die Kämpfe beginnen?«
    Adele seufzte heiter. »Sie sind nur
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