Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
außerordentlich nützlich. Faran Ured lobte sich selbst für seinen Einfall. Grams hatte den einsamen Wächter vor der Schatzkammer niedergerungen, und er selbst konnte ihn mit einem leichten Zauber einschlafen lassen. Er hielt es nicht für nötig, ihn zu töten wie den Kerkermeister, der einfach zu viel gesehen hatte. Nun ließ Faran Ured Wasser in das Schloss der schweren Holztür vor der Schatzkammer laufen und murmelte die alte Beschwörung. Es knackte, dann sprang die Tür auf. Er lächelte zufrieden.
    Der Inhalt der Kammer war jedoch zunächst eine Enttäuschung: Das schmucklose Gewölbe barg mehrere große Kisten, die Ured nacheinander öffnete, aber leer vorfand. Endlich entdeckte er in einem dunklen Winkel einen eisenbeschlagenen Kasten und eine Schatulle. Der Kasten enthielt silberne Groschen, Schillinge und einige schwere Barren.
    » Wie viel ist das?«, fragte Grams, der ihm über die Schulter schaute.
    » Vielleicht fünfunddreißig oder vierzig Pfund in Silber, würde ich sagen«, murmelte Ured, der einen Barren in den Händen wog. » Man sollte doch meinen, dass eine Stadt, die mit den Mahren in Verbindung steht, mehr Reichtümer zu bieten hätte.«
    Er öffnete die nächste Schatulle. Sie enthielt, sorgfältig eingeschlagen in Leinen, ein silbernes Zepter und einen goldenen Stirnreif. » Sieh an, die Insignien des Herzogs«, sagte Ured. Er nahm beides heraus und betrachtete es. Dann schüttelte er den Kopf. Er war hier, um der Baronin, vielmehr ihrem Mann, auf den Thron zu helfen. Er würde nichts tun, woraus ihm Prinz Weszen einen Strick drehen konnte. Er legte beides zurück und wies auf den schweren Kasten.
    » Seid doch so gut und tragt das für mich, Meister Grams, wollt Ihr?«
    Grams runzelte die Stirn. » Ihr wollt es stehlen«, stellte er fest.
    » Nein, ich bringe es nur vor dieser Schlange von einer Baronin in Sicherheit«, meinte Ured, der nicht vergaß, dass auch Menschen unter Bann nur schwer dazu zu bringen waren, gegen ihre innersten Überzeugungen zu handeln. Seine Auftraggeber hatten gesagt, er solle sicherstellen, dass Shahila die Herrschaft über Atgath an sich riss – davon, dass er sie nicht bestehlen durfte, hatten sie nichts gesagt. Die Baronin sollte ruhig sehen, wie sie ohne das Silber zurechtkam. Er ließ ihr Krone und Zepter, das musste genügen. Ihm war allerdings klar, wie gefährlich das war. Der Große Skorpion und seine Söhne hielten sich vielleicht mit dieser Art Haarspalterei nicht auf. Aber im besten Fall erfuhren sie erst davon, wenn er seine Frau und seine Töchter weit fortgebracht hatte.
    » In Sicherheit«, murmelte Grams, als hätte er seine Gedanken gehört, hob den sperrigen Holzkasten auf und trottete Faran Ured hinterher.
    Sie stiegen die Treppe wieder ein Stockwerk hinab und folgten dem Gang bis zur Außenmauer. Unterwegs begegneten sie einem Bediensteten, einem Koch vielleicht. Der Mann weinte und versuchte nicht, sie aufzuhalten. Ured fragte sich, ob er sie überhaupt sah. Wer hätte gedacht, dass der Mord am armen Hado mir auch noch den Weg ebnen würde, dachte Ured. Er goss sorgfältig etwas Wasser über die Fugen der Mauer.
    » Was macht Ihr da?«, fragte Grams.
    » Ich beweise, dass der stete Tropfen den Stein höhlt«, erwiderte Ured gut gelaunt. Er flüsterte die Beschwörungsformel, und dann begann das Wasser, den Mörtel aufzulösen. Es dauerte nicht lange, und das Gestein knirschte verdächtig. Ured fing an, die Steine aus der Mauer zu lösen.
    » Ihr könntet mir ruhig helfen«, sagte er freundlich.
    Grams packte an, und schon polterte Stein um Stein auf den Boden. Es war eine doppelte Reihe, dann kam eine breite Schicht mit Schutt, danach wieder eine doppelte Reihe Steine, aber das alles war für den Wasserzauber und ein paar kräftige Hände kein Problem. Schließlich hatten sie, kaum mannshoch über dem Boden, ein Loch in die Mauer gebrochen, durch das sie sich hindurchzwängten. Als sie im Schnee landeten, sog Ured die frische Bergluft ein und fühlte sich befreit. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt. Die Nacht würde sie bald vor neugierigen Blicken verstecken. Es tat ihm beinahe leid, Atgath zu verlassen, denn er hätte gerne gesehen, wie die Baronin die Stadt ohne Silber oder Gold halten wollte.
    » Komisch, dass Schnee liegt«, meinte Grams.
    » In der Tat«, murmelte Ured. » Doch folgt mir, Meister Grams. Wir haben einen weiten Weg vor uns.«
    Der Köhler blieb jedoch mit hängenden Schultern stehen. » Ich kann nicht fort.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher