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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm
Autoren: Claudia Kern
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das bedrohliche Knacken. Eine Stufe zerplatzte keinen Meter über ihr, Scherben regneten auf Laura herab. Schon explodierte eine zweite, dann eine dritte. Die Scherben wurden zu gefährlichen Geschossen, die durch die Luft rasten und sich in Wände bohrten, wo sie neue Risse schufen.
    Finn erreichte den Boden als Erster. Er warf sich von der letzten Stufe in die Menge hinein. Milt folgte ihm. Sein Tritt ging ins Leere, als die Stufe unter ihm zerplatzte.
    Laura schrie auf. Milt ruderte mit den Armen, versuchte, sein Gleichgewicht wiederzuerlangen, doch das war ein Kampf, den er nicht gewinnen konnte. Der Abgrund gähnte unter ihm. Wie in Zeitlupe fiel er ihm entgegen.
    Finns Hand schoss vor, packte Milt am Kragen seiner Jacke. Der Schwung riss ihn nach vorn, auf den Abgrund zu. Laura sah, wie er seine freie Hand in einen Riss in der Gangwand schob und sich daran festhielt. Er schrie. Blut verschmierte das Glas.
    Milt hing über dem Abgrund. Mit den Füßen fand er Halt an der Achse, um die sich die Treppe wand, stieß sich davon ab und schob seinen Oberkörper in den Gang hinein. Finn zog ihn vollends in Sicherheit, dann sah er hoch zu Laura.
    »Spring!«
    Sie wusste nicht, ob es vor ihr noch Stufen gab oder ob alle zerplatzt waren. Scherben regneten immer noch auf sie herab, die Stufe unter ihr begann zu schwanken. Die ganze Treppe wurde instabil.
    »Spring!«, schrie nun auch Milt.
    Sie steckte den Dolch in ihren Gürtel. Der schwarze Abgrund erschien ihr endlos. Sie spürte, wie sich Nidi in ihre Schultern krallte.
    »Spring!«, flüsterte er.
    Mit zitternden Knien stieß sich Laura ab. Der Abgrund schoss auf sie zu. Sie streckte sich nach dem sicheren, dunklen Glas des Ganges - und lag im nächsten Moment in Milts Armen. Hinter ihr klirrte es. Die Treppe brach in sich zusammen.
    »Weiter!«, schrie Finn. »Raus hier!«
    Laura hob den Blick, nahm nun erst ihre Umgebung wahr. Die Menge, die sich eben noch in freudiger Erwartung vor dem Thronsaal gedrängt hatte, war zu einer wogenden, wilden Masse geworden. Aufgepeitscht von den schrillen Tönen, stürzten sich die Krii aufeinander. Es sah aus, als wollten sie sich gegenseitig zerreißen. Eine Frau schlug mit großen gläsernen Kegeln auf zwei Männer ein, ein Mann trat nach einer Frau, die bereits am Boden lag. Die Gesichter, in die Laura blickte, waren wutverzerrt, die Laute, die aus den aufgerissenen Mündern der Krii kam, nur noch ein Fauchen und Knurren. Die Töne brachten sie alle zur Raserei.
    Laura und die anderen blieben an der Wand, liefen auf das Eingangstor zu. Die Krii beachteten sie kaum, waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt, doch plötzlich löste sich ein Mann aus der Menge. Laura hätte ihn beinahe nicht erkannt, so verzerrt war sein Gesicht, doch dann sah sie den Kristall in seiner Hand.
    »Ihr wart das!«, schrie Breynu sie an. »Ihr habt die Melodie zerstört!«
    Milt rammte ihn mit der Schulter, trieb ihn zwischen die Kämpfenden zurück, doch es war zu spät. Schon wandten sich weitere Gesichter Laura und den anderen zu. Die Wut der Krii hatte plötzlich ein Ziel.
    Laura rannte los. Vor ihr stießen Finn und Milt wie Footballspieler Kämpfende zur Seite. Manche stürzten sich einfach wieder aufeinander, andere verwickelten ihre Verfolger in Kämpfe. Doch es blieben immer einige Krii hinter ihnen.
    Sonnenlicht blendete Laura, als sie das Tor hinter sich ließ. Auch auf der Brücke wurde gekämpft. Milt und Finn liefen bereits darauf zu, aber Laura hielt sie zurück.
    »Hierher!«, schrie sie und zeigte auf die schmale Treppe neben dem Eingang, auf die Meroyan am Vortag die abgelehnten Kandidaten geschickt hatte. Laura lief sie als Erste hinunter. Die Stufen war dunkel und wirkten stabiler als die der Wendeltreppe. Die Töne ließen Boden und Luft auch weiterhin vibrieren, aber außerhalb der Flöte riss das Glas nicht ganz so schnell, und die Kämpfe waren weniger heftig, das sah Laura, als sie sich nach Finn und Milt umdrehte.
    Sie fragte sich, was geschehen würde, wenn die Flöte einstürzte. Würden die Töne mit ihr vergehen oder sich über die ganze Stadt ausbreiten und auch sie vernichten?
    Das habe ich nicht gewollt, dachte sie.
    Zwei Ebenen lief sie hinunter, bevor sie die Treppe verließ und auf einer leeren Straße stehen blieb. Atemlos und erschöpft wartete sie auf Finn und Milt. Nidi sprang von ihrer Schulter, als die beiden eintrafen.
    »Raus aus der Stadt?«, fragte er.
    »Und wie!« Finn nickte. »Bevor hier alles
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