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Schattenkuss

Schattenkuss

Titel: Schattenkuss
Autoren: Inge Loehnig
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ist mit dem Zeltlager?«
    Steffi warf Tom einen Blick zu. »Tom, du hast doch nächste Woche einige Termine, da könntest du Lukas wieder mit nach Hause nehmen und ins Zeltlager bringen. Und Lena könnte bei mir in Altenbrunn bleiben. Vermutlich muss ich den Haushalt auflösen und wer weiß, was sonst noch alles zu erledigen ist. Ich könnte deine Hilfe sicher brauchen.« Fragend sah sie Lena an.
    Ein Stöhnen entwischte ihr. Urlaub auf dem Bauernhof. Das wurde ja immer besser! »Was soll ich denn in dem Kuhkaff? Kann ich nicht mit Tom und Lukas heimfahren?«
    »Du wärst mir eine große Unterstützung, Lena! Und außerdem ist das kein Kuhkaff. Andere fahren nach Altenbrunn, um dort Urlaub zu machen. Es gibt einen See, man kann wandern und …«
    »… und vermutlich am Nordic-Walking und der Seniorengymnastik teilnehmen. Na super!« Lena verdrehte die Augen. »Außerdem kenne ich da niemanden. Das wird ätzend langweilig.« Sie sandte einen Hilfe suchenden Blick an Tom, doch ausgerechnet er fiel ihr in den Rücken, hatte schon ganz vergessen, dass sie durch die Rettung der missglückten Spaghettisoße eigentlich noch etwas bei ihm guthatte. »Es ist dort wirklich nett. So wie ich dich kenne, wirst du schnell Anschluss finden«, sagte dieser Verräter. Doch Lena ließ nicht locker, bis Tom schließlich zugab, dass er eigentlich ganz froh über die Aussicht sei, mal ein paar Tage Urlaub von der Familie zu haben.
    Urlaub von der Familie? Von Steffi, das verstand Lena, aber auch von ihr? Seine Worte trafen sie. Wortlos stand sie auf, ging in ihr Zimmer und begann zu packen. Fünf Minuten später klopfte es. Als sie schwieg, kam Tom ohne Aufforderung herein und ignorierte den giftigen Blick, den sie ihm zuwarf.
    »So wie du das verstanden hast, habe ich es nicht gemeint«, sagte er. »Ich bin gerne mit euch zusammen. Ihr seid meine Familie. Aber seit einem Jahr mache ich an sieben Tagen in der Woche den Haushalt und den Garten. Früher hatte ich freie Wochenenden und Urlaub. Ich brauche einfach mal ein paar Tage für mich. Okay?«
    Er sah sie so bittend an, dass Lena ihm einfach nicht länger böse sein konnte. Und irgendwie verstand sie Tom ja auch. Steffi war in der letzten Zeit richtig faul geworden. Als sie noch den Haushalt gemacht hatte, hatte sie erwartet, dass Tom mithalf, den Müll rausbrachte, Getränke besorgte, mal eine Maschine Wäsche wusch. Und was tat sie heute an seiner Stelle? Nichts. Tom musste sich echt verarscht fühlen. Es reichte, wenn er mit Steffi Stress hatte. »Okay.« Sie nickte.
    Der Rest des Abends verging mit Packen. Tom bat die Nachbarn, die Blumen im Garten zu gießen und die Post hereinzuholen. Steffi weinte leise, während sie die Koffer füllte. Ob es ihr leidtat, dass sie sich nie mit Oma ausgesöhnt hatte? Weshalb hatte sie sich überhaupt derart mit ihren Eltern zerstritten?
    Als sie noch klein gewesen war, hatte Lena versucht, von Steffi den Grund für das Zerwürfnis zu erfahren, und war abgeblitzt. »Das verstehst du nicht. Dafür bist du zu klein«, hatte Steffis Antwort gelautet. Und dann war nie wieder darüber gesprochen worden. Irgendwie schien das Thema tabu zu sein und auch Lena konnte sich nicht erinnern, jemals einen ernsthaften Versuch unternommen zu haben, mehr Kontakt zu ihrer Großmutter aufzubauen. Sie war immer so kalt und abweisend gewesen. Und nun war es zu spät.

2
    Während der Fahrt am nächsten Vormittag versuchte Lena, den Grund für den Streit zwischen Steffi und ihren Eltern in Erfahrung zu bringen. Kurz vor Augsburg unternahm sie den ersten Versuch. Doch Steffi wich aus und Tom, der fuhr, konzentrierte sich ganz auf den Verkehr und reagierte nicht auf ihre Frage.
    Sie umrundeten München und fuhren auf der A8 Richtung Salzburg weiter. Tom und Steffi unterhielten sich über die Traueranzeige für Oma, wie sie am besten zu formulieren sei und in welcher Zeitung sie erscheinen sollte. »Weiß Ulrike eigentlich schon Bescheid?«, wollte Tom wissen.
    Lena, die bis dahin vor sich hin gedöst hatte, wurde hellhörig. Welche Ulrike? Sie kannte niemanden, der so hieß.
    »Ich nehme an, Tante Marie wird sie angerufen oder ein Telegramm geschickt haben.«
    »Hat sie denn ihre Adresse?«
    Steffi zuckte mit den Schultern. »Woher soll ich das wissen?« Ihre Stimme klang gereizt. Tom schwieg und wandte seine Aufmerksamkeit wieder ganz der Straße zu.
    »Wer ist denn diese Ulrike?« Lena gähnte. Im Rückspiegel fing sie Toms Blick auf, der ihr verriet, dass sie soeben
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