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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond
Autoren: Lynn Flewelling
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vertrauten, flüssigen Schrift. Außerdem fand er ein besonderes Zeichen: eine kleine Troddel aus roter und blauer Seide. Seregil nahm sie näher in Augenschein und lächelte, als er einige rote Fäden entdeckte, die in vielsagender Weise dunkler als die übrigen waren.
    Alec war weniger erfreut, als Seregil ihm die Botschaft am Abend zeigte. »Was will Ulan von dir?«, fragte er misstrauisch.
    »Ich weiß es nicht, aber ich wette, es ist in Klias Interesse, das herauszufinden.«
    »Mir gefällt die Geschichte nicht.«
    Seregil lachte. »Ich habe den Namen dieses Mannes reingewaschen. Er wird mich bestimmt nicht ermorden, schon gar nicht, nachdem er mir dies zukommen lassen hat.«
    »Wirst du es Klia erzählen?«
    »Das kannst du machen, wenn ich fort bin. Erzähl es ruhig allen.«
     
    Es war eine ruhige Nacht. Wie eine Perlmuttintarsie auf pechschwarzem Grund spiegelte sich der Vollmond im Wasser des Vhadäsoori.
    Seregil trat in den Steinkreis und ging langsam zu der Schale Auras. Einen Augenblick glaubte er, er wäre als Erster eingetroffen. Jemanden zum Warten zu zwingen konnte ein wirkungsvolles Instrument der Macht sein. Dann aber sah er, wie das Spiegelbild des Mondes kurz verschwand, als eine dunkle Gestalt über die Wasseroberfläche glitt. Eine alte Furcht erwachte in ihm zu neuem Leben, doch dies war nicht der Dämon eines Totenbeschwörers.
    Elegant glitt Ulan ans Ufer und trat auf Seregil zu. Seine dunkle Robe verschmolz mit der Finsternis der Nacht, und sein schmales bleiches Gesicht und das silbrige Haar schimmerte im Mondschein wie eine Tempelmaske.
    Seregil misstraute diesem Mann, dennoch bewunderte er seinen Stil. »Irgendwie habe ich geahnt, dass wir uns noch einmal sprechen würden, Khirnari.«
    »Genauso erging es mir, Seregil von Rhíminee«, erwiderte Ulan und hakte sich bei Seregil unter. »Kommt. Gehen wir ein wenig spazieren.«
    Sie schlenderten am Ufer entlang wie alte Freunde, und Seregil konnte sich leicht Torsin an seiner Stelle vorstellen. Hatte auch der alte Gesandte die Macht gespürt, die von diesem Mann ausging wie Hitze von einem Schmiedeofen? Auf jeden Fall behagte Seregil diese Nähe nicht, und so befreite er seinen Arm und blieb stehen. »Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber es ist spät, und ich bin überzeugt, Ihr habt mich nicht hergebeten, um Euch an meiner Gesellschaft zu erfreuen.«
    »Warum eigentlich nicht?«, konterte Ulan. »Ihr seid ein sehr interessanter junger Mann. Ich bin sicher, Ihr habt eine Menge faszinierender Geschichten zu erzählen.«
    »Nur mit einer Harfe in der Hand und Gold vor der Nase. Was wollt Ihr von mir?«
    Ulan lachte. »Es ist wahr, Ihr pflegt die Gewohnheiten der Tír, was natürlich vollkommen in Ordnung ist. Ich mag die Tír und ihre Ungeduld. Es ist überaus belebend. Ich werde mich dieser Gepflogenheit ergeben und zur Sache kommen. Eure Leute wünschen noch immer einen offenen Hafen in Gedre, richtig?«
    Aha, darum also geht es. »Ja, und ich nehme an, Ihr werdet in Korathan einen weniger feinsinnigen Verhandlungspartner vorfinden als in Klia.«
    »Damit habe ich bereits gerechnet, seit ich gehört habe, dass er mit Kriegsschiffen unterwegs nach Gedre war«, stellte der Khirnari freimütig fest und blickte mit Unschuldsmiene zum Mond empor.
    Seregil war nicht bereit, diesen offensichtlichen Köder aufzugreifen. Entweder wusste Ulan von Korathans ursprünglichen Befehlen, oder er versuchte, ihm Informationen zu entlocken. Bei einem solchen Gegenspieler war es gewiss angebracht, nichts freiwillig preiszugeben.
    Ulans Blick richtete sich wieder auf Seregil, als wäre ihm dessen Verschwiegenheit überhaupt nicht aufgefallen. »Ihr seid weise, klüger als Eure Jahre vermuten lassen. Weise genug, zu wissen, dass ich über die Macht und den Willen verfüge, einen Pakt mit den Skalanern zu verhindern, bis die plenimaranische Flotte vor Rhíminee vor Anker geht und Eure schöne Stadt in Brand steckt. Ich habe Euren Prinzen beobachtet. Ich glaube nicht, dass er gewitzt genug ist, das zu begreifen, aber Ihr seid es, und auf Euch hört er.«
    »Ich kann ihm nicht vorschlagen, aufzugeben. Gedre ist für Skala von größter Bedeutung.«
    »Daran zweifle ich nicht. Darum bin ich bereit, mich an die Vereinbarungen zu halten, die Torsin und ich vor seinem unglückseligen Ende abgesprochen hatten. Rhaish mag tot und dem Teth’sag Genüge getan sein, doch ich kann Euch versichern, dass es nur wenige Ratsmitglieder gibt, die den Akhendi jetzt noch
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