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Schattenfeuer

Schattenfeuer

Titel: Schattenfeuer
Autoren: Dean R. Koontz
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tief durchatmete. Ohne Erfolg.
    Nackt ging sie ins Schlafzimmer und holte die Pistole Kaliber 32 aus der obersten Schublade des Nachtschränkchens. Sie prüfte das Magazin, um sicherzustellen, daß die Waffe geladen war. Dann legte sie beide Sicherungsbügel um, kehrte mit der 32er ins Bad zurück und legte sie griffbereit neben die Flasche Champagner und den Schokoladenriegel.
    Andy Williams sang >Moon River<.
    Rachael verzog erschrocken das Gesicht, als sie die Fußspitze ins heiße Wasser tauchte. Vorsichtig nahm sie Platz und ließ sich tiefer sinken, so daß der Schaum bis zu ihren Brüsten emporreichte. Schon nach kurzer Zeit gewöhnte sie sich an die hohe Temperatur. Die Hitze tat ihr gut, drang bis in ihre Knochen vor und verdrängte die Kälte, die ihr seit dem Tod Erics ein ständiger Begleiter gewesen war.
    Sie biß ein kleines Stück vom Riegel ab, kaute nicht, wartete darauf, daß die Schokolade auf der Zunge schmolz.
    Sie versuchte, nicht nachzudenken, nicht zu grübeln, gab sich alle Mühe, ihre Gedanken einfach treiben zu lassen, sich ganz der wohligen Wärme hinzugeben.
    Rachael lehnte sich in der Wanne zurück, streckte die Beine, genoß den Geschmack der Schokolade und den aromatischen Jasminduft.
    Nach einigen Minuten schlug sie die Augen auf und schenkte sich ein Glas Champagner ein. Das Prickeln an ihrem Gaumen stand in einem angenehmen Kontrast zum Ge schmack der Schokolade und zu Sinatras Stimme, die das nostalgische und melancholische Lied >It was a Very Good Year< anstimmte.
    Für Rachael stellte dieses entspannende Ritual einen wichtigen Bestandteil der Tagesroutine dar, vielleicht sogar den wichtigsten. Manchmal knabberte sie nicht an einem Schoko ladenriegel, sondern an einem harten Stück Käse -und trank dazu Wein anstatt Champagner. Gelegentlich genehmigte sie sich eine eiskalte Flasche Bier und eine kleine Tüte mit gesalzenen Erdnüssen. Doch ganz gleich, was sie auch wählte: Sie nahm alles ganz langsam zu sich, in kleinen Happen und Schlucken, um alle Geschmacks- und Duftnuancen auszukosten.
    Rachael war eine Person mit >Gegenwartsfokus<.
    Benny Shadway, der Mann, den Eric für Rachaels Liebhaber gehalten hatte, vertrat die Ansicht, es gebe vier unterschiedliche Typen: Leute mit Vergangenheits -, Gegenwarts-, Zukunfts-und Omnifokus. Diejenigen, die hauptsächlich an die Zukunft dachten, brachten kaum Interesse für das Ge genwärtige oder Vergangene auf. Es handelte sich oft um Personen, die sich Sorgen machten und deshalb nach vorn blickten, um festzustellen, welche Krisen oder unlösbaren Probleme das Schicksal für sie bereithalten mochte -oder auch um ruhelose Träumer, die aus irgendeinem Grund glaubten, die Zukunft bringe ihnen die Chance, auf die sie ihr ganzes Leben lang gewartet hatten. Andere wiederum waren Arbeitssüchtige, ehrgeizige Männer und Frauen, die mein ten, Zukunft und Erfolg seien Synonyme.
    Rachael war sicher, Eric diesem Typ zuordnen zu können. Er hatte immer gegrübelt und ständig die Bereitschaft gezeigt, neue Herausforderungen sofort anzunehmen -ein Mann, für den die Vergangenheit keine interessanten Aspekte aufwies, der ungeduldig das Schneckentempo beobachtete, mit dem sich so oft die Ereignisse der Gegenwart entwickelten.
    Jemand mit Gegenwartsfokus hingegen konzentrierte den größten Teil seiner Energien und Leidenschaften auf die Freuden und den Kummer des Augenblicks. Manche Leute dieses Typs waren nichts weiter als Faulpelze, zu träge, um sich auf das Morgen vorzubereiten oder auch nur einen Ge danken daran zu verschwenden. Aus diesem Grund kamen Pechsträhnen überraschend, denn derartigen Personen fiel es schwer sich vorzustellen, daß angenehme Phasen irgendwann auch einmal zu Ende gehen konnten. Und wenn sie in Schwierigkeiten gerieten, verzweifelten sie oft, weil sie sich außerstande sahen, einen Ausweg aus verfahrenen Situatio nen zu finden, die Lösung ihrer Probleme zu planen. Andererseits gehörte zu dieser Klasse auch der fleißige Arbeiter, der sich voll und ganz der jeweils aktuellen Aufgabe widmete und somit besondere Tüchtigkeit offenbarte. Ein guter Tischler zum Beispiel mußte einen Gegenwartsfokus aufweisen, um nicht voller Ungeduld den Zusammenbau der einzelnen Teile herbeizusehnen. Statt dessen mußte er seine Aufmerksamkeit einzig und allein auf die Formung der hölzernen Komponenten bestimmter Möbelstücke richten.
    Menschen mit Gegenwartsfokus, so meinte Benny, fiel es für gewöhnlich leichter, auf der Hand liegende
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