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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume
Autoren: Karin Slaughter
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stehst also auf diese Hand?»
    «Auf beide», sagte sie.
    «Weißt du noch», begann er, «wann du mir das erste Mal gesagt hast, dass du mich liebst?»
    «Hmmm   …» Sie tat, als müsste sie nachdenken.
    «Wir waren gerade in Grant County angekommen», sagte er. «Weißt du noch?»
    «Ich hab meine Strandsachen ausgepackt», sagte sie, «und als ich mich umsah, warst du nicht da.»
    «Genau.»
    «Und als du zurückkamst und ich dich fragte, wo du warst, hast du gesagt   –»
    «Dein Mülleimer stinkt, als wäre was darin gestorben.»
    «Und ich habe dir gesagt, dass ich dich liebe.»
    «Das war wohl das erste Mal, dass jemand für dich den Müll rausgetragen hat.»
    «Stimmt», gab sie zu. «Und seitdem bist du der Einzige, der das für mich tun darf.» Jetzt lächelte er sie ehrlich an, und ihr Herz machte einen Sprung. «Ich will nichts mehr, als dich lieben.»
    Sein Lächeln ließ nach. «Was hält dich davon ab?»
    «Nein, nein», sie versuchte, sich klarer auszudrücken. «Ich habe mich so lange dagegen gewehrt. Seit ich dich kenne, habe ich dagegen gekämpft, mich in dich zu verlieben. Ich wollte nicht, dass ich dich brauche.»
    «Was hat sich geändert?»
    Ihre Antwort war einfach. «Du.»
    «Du nicht», sagte er. «Du hast dich nicht verändert, meine ich.»
    «Wirklich?» Sie fragte sich, wie er es schaffte, das wie ein Kompliment klingen zu lassen.
    «Das musstest du gar nicht», sagte er. «Du warst schon perfekt.»
    Jetzt lachte sie laut. «Sag das meiner Mutter.»
    Er wartete, bis sie zu lachen aufhörte. «Danke.»
    «Wofür?»
    «Dass du gewartet hast, bis ich erwachsen geworden bin.»
    Sie berührte seine Wange. «Geduld war immer meine Stärke.»
    «Kann ich bestätigen.»
    «Außerdem warst du das Warten wert.»
    «Sag mir das in zehn Jahren nochmal.»
    «Das mache ich», versprach sie. «Das mache ich.»
    Er sah hinunter auf seinen verletzten Arm, und sie wollte ihn schon daran hindern, die Schlinge abzunehmen. Doch stattdessen nahm er ihre Hand und betrachtete seinen College-Ring an ihrem Finger. Als auf dem Revier die Hölle losbrach, hatte sie den Ring aus Angst, die Männer würden Jeffrey daran identifizieren, an sich genommen. Im Krankenhaus, als Jeffrey im OP war, hatte sie fast eine Blase am Finger, so stark hatte sie an dem Ring gedreht, wie an einem Talisman, den sie beschwören konnte.
    «Willst du ihn wiederhaben?», fragte sie.
    Er versuchte, ein unbeteiligtes Gesicht zu machen. «Willst du ihn mir zurückgeben?»
    Sara sah den Ring an und dachte an alles, was dazu geführt hatte, dass sie ihn jetzt trug. So albern es war, sie wusste, dass es Jeffrey etwas bedeutete, wenn sie ihn trug, genau wie jedem anderen Einwohner von Grant County.
    Sie sagte: «Ich werde ihn nie wieder abnehmen.»
    Er lächelte, und das erste Mal seit ewigen Zeiten hatte Sara wieder das Gefühl, dass alles gut werden würde.
    Jeffrey schien das Gleiche zu fühlen. Er versuchte sie aufzuziehen: «Vielleicht solltest du ihn abnehmen, wenn du im Garten umgräbst.»
    «Hm», antwortete sie. «Vielleicht hast du Recht.»
    Er berührte ihren Daumen. «Oder wenn du deinem Dad zur Hand gehst.»
    «Ich könnte Isolierband drum wickeln, damit er besser passt.»
    Er lächelte und zog an dem Ring. Es bestand keine Gefahr, ihn zu verlieren. «Du weißt doch, was man über große Hände sagte   …», begann er. Als sie nicht antwortete, schloss er: «Große Füße.»
    «Haha», sagte sie und nahm sein Gesicht in beide Hände. Bevor sie es selbst wusste, hatte sie ihm die Arme um den Nacken geschlungen und hielt ihn fest, als hinge ihr Leben davon ab. Jedes Mal, wenn sie daran dachte, wie nah sie daran gewesen war, ihn zu verlieren, wallte eine unbändige Verzweiflung in Sara auf.
    «Alles ist gut», sagte er, doch er schien es mehr zu sich selbst zu sagen. Sie wusste, er dachte daran, was sie das erste Mal hierher geführt hatte.
    Sie zwang sich, ihn loszulassen, und fragte: «Bist du bereit?»
    Er blickte sich nach dem Friedhof um und drückte die Schultern durch, so gut es ging.
    Sara rutschte von der Motorhaube, doch er sagte: «Nein, das hier muss ich allein tun.»
    «Sicher?»
    Er nickte und ging in Richtung Friedhof.
    Sara setzte sich in den Wagen. Sie ließ die Tür offen stehen,um in der Hitze nicht zu ersticken. Sie betrachtete den Ring, drehte ihn, sodass sie den eingravierten Football an der Seite sehen konnte. Wie alle Mannschaftsringe war er riesig und potthässlich, doch in diesem Moment schien er ihr das
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