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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume
Autoren: Karin Slaughter
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kennen gelernt. Wahrscheinlich wäre er immer noch in Sylacauga und hätte mit den ewigen dummen Sprüchen und Bemerkungen zu kämpfen, die Robert schließlich in die Flucht getrieben hatten.
    Er sagte: «Ich weiß nicht, wie ich das hier überstehen soll.»
    «Ich bleibe, solange du mich brauchst.»
    «Ich kann nicht einmal daran denken», sagte er, und es war die Wahrheit. Wie sollte er das fertig bringen? Wie konnte er wiederholen, was Hoss eben gesagt hatte?
    «Alles wird gut», sagte sie. Im selben Moment fiel ein Schuss in Hoss’ Büro.
    Jeffrey war wie versteinert, er konnte sich nicht rühren. Doch irgendwie schaffte er es schließlich, sich umzudrehen. Sara musste die Tür aufgemacht haben, und Jeffrey sah den alten Mann in seinem Sessel, eine Hand auf der Flagge seines Bruders, in der anderen den Revolver. Er hatte sich die Mündung an den Kopf gehalten und den Abzug gedrückt. Es bestand kein Zweifel, dass er tot war, doch Jeffrey sah Sara fragend an, als sie um den Tisch herumging und nach einem Puls suchte.
    «Es tut mir Leid», sagte sie. «Er ist tot.»

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
    15.50   Uhr
     
    « S cheiße», fluchte Lena, doch sie versuchte, die Hand ruhig zu halten, als Molly die Spritze in die Wunde stach.
    «Tut mir Leid», murmelte Molly und beobachtete über Lenas Schulter hinweg Sara und Jeffrey.
    Lena sah ebenfalls zu, wie Jeffrey in den Krankenwagen getragen wurde. «Wird er wieder gesund?»
    Molly nickte. «Ich hoffe es.»
    «Und Marla?»
    «Sie wird gerade operiert. Marla ist alt, aber zäh.» Sie richtete den Blick wieder auf Lenas Hand. «Das brennt jetzt ein bisschen.»
    «Was du nicht sagst», stöhnte Lena. Die verdammte Spritze tat mehr weh als das Messer.
    «Das lindert die Schmerzen, damit ich nähen kann.»
    «Mach schnell», sagte Lena und biss sich auf die Lippe. Sie schmeckte Blut, und ihr fiel wieder ein, dass ihre Lippe aufgeplatzt war. Molly stach noch einmal zu. «Verdammt, das tut weh.»
    «Nur noch ein bisschen.»
    «Verdammt», wiederholte sie und wandte den Blick von der Spritze ab. Sie sah, wie Amanda Wagner und Nickim Hinterzimmmer der Reinigung miteinander sprachen, beide blickten in ihre Richtung.
    «So», sagte Molly. «In ein paar Minuten spürst du nichts mehr.»
    «Hoffentlich», knurrte Lena, der Einstich tat immer noch weh, obwohl die Nadel längst draußen war. Durch das Schaufenster sah sie das Chaos auf der Straße. Mindestens fünfzig Agenten des Georgia Bureau of Investigation waren ausgeschwärmt, und keiner von ihnen hatte eine Ahnung, was genau los war. Smith war tot, und Sonny saß in Handschellen auf der Rückbank eines Streifenwagens auf dem Weg nach Macon, wo sie ihn wahrscheinlich krankenhausreif prügeln würden. In der Hölle gab es einen besonderen Ort für Polizistenmörder.
    Lena beobachtete, wie Molly das Nähbesteck sortierte, das sie aus dem Krankenwagen geholt hatte. «Wo sind die Mädchen?»
    «Bei ihren Eltern», sagte Molly und legte sich Nadel und Faden bereit. «Was die durchgemacht haben müssen. Die Eltern, meine ich. Mein Gott, wenn ich nur daran denke, wird mir schlecht.»
    Lena merkte, wie ihre Hand taub wurde.
    «Besser?», fragte Molly.
    «Ja», gab Lena zu. «Danke, dass du das machst. Ich hasse das Krankenhaus.»
    «Das kann ich verstehen», sagte Molly und reinigte die Wunde. «Du brauchst auch nur drei oder vier Stiche. Sara könnte das viel besser als ich.»
    «Sie ist härter im Nehmen, als ich dachte.»
    «Ich glaube, das sind wir alle», entgegnete Molly. «Das hätte ich dir nicht zugetraut, als wir reingegangen sind.»
    «Ja», sagte Lena einfach. Das Kompliment hatte einenschalen Beigeschmack. Lena hatte eine Heidenangst gehabt.
    Mit einer langen Pinzette griff Molly nach einer gebogenen Nadel. Sie steckte die Nadel durch Lenas Haut. Lena sah zu, wie ihr Fleisch durchbohrt wurde, ohne dass sie etwas spürte außer einem dumpfen Zerren an der Haut. Es war ein komisches Gefühl.
    «Wie lange bist du schon mit Nick zusammen?»
    «Nicht lange.» Molly verknotete den Faden. «Erst hat er es bei Sara versucht. Ich bin wohl so was wie der Trostpreis.»
    Bei der Vorstellung von Nick und Sara als Paar musste Lena lachen. «Sara ist zwei Meter größer als er.»
    «Außerdem liebt sie Jeffrey», erinnerte sie Molly. «Lie ber Gott, ich weiß noch, als ich die beiden das erste Mal zusammen gesehen habe.» Sie setzte zum nächsten Stich an. Lena spürte wieder das dumpfe Zerren, als ihre Haut durchbohrt wurde. «Ich hab Sara
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