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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume
Autoren: Karin Slaughter
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zusammenzustecken, war Ethan in seinem Kämmerchen von einem Mitbewohner verschont geblieben. Er hatte das Zimmer einmal in Lenas Anwesenheit ausgemessen, und sie hatten überrascht festgestellt, dass es zwei fünfzig mal drei fünfzig maß, mehr, als sie erwartet hatten.
    Lena klopfte, dann öffnete sie die Tür. Ethan saß mit einem Buch auf dem Bett. In dem kleinen Fernseher im Regal liefen Nachrichten, doch der Ton war abgestellt.
    Er fragte: «Was machst du hier?»
    «Du wolltest, dass ich nach der Arbeit vorbeikomme.»
    «Wollte», sagte er. «Vergangenheit. Jetzt nicht mehr.»
    Lena lehnte sich an die Tür. «Weißt du, was ich für einen Tag hatte?»
    «Weißt du, was
ich
für einen Tag hatte?», gab er zurück und schlug das Buch zu.
    «Ethan   –»
    «
Ich kümmer mich drum
», unterbrach er sie. «Das hast du doch gesagt. ‹Ich kümmer mich drum.›»
    «Ich meinte nicht   –»
    «Bist du schwanger?»
    Sie starrte ihn an, ein Schmerz regte sich in ihrem Bauch. Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, wollte Lena nicht allein sein, selbst wenn das hieß, dass sie sich auf seine Bedingungen einlassen musste.
    «Also?»
    Schließlich sagte sie: «Nein.»
    «Du lügst.»
    «Ich bin nicht schwanger», beharrte sie. Da sie schon einmal dabei war, machte sie so weiter: «Ich habe meine Tage bekommen, nachdem wir telefoniert haben. Wahrscheinlich der Stress.»
    «Du hast gesagt, du würdest dich drum kümmern, wenn du schwanger wärst.»
    «Aber das bin ich nicht.»
    Er stand vom Bett auf und kam zu ihr. Sie war erleichtert, bis sie die Faust sah. Er holte aus und schlug ihr in den Magen. Lena krümmte sich vor Schmerz, und er drückte ihr die Hand auf den Rücken, sodass sie sich nicht aufrichten konnte. Ethan beugte sich herunter und flüsterte: «Wenn du dich je um irgendwas
kümmerst
, was mir gehört, bring ich dich um.»
    Lena wimmerte und versuchte, Luft zu bekommen.
    «Hau ab», sagte er dann und stieß sie hinaus auf den Flur. Er knallte die Tür mit solcher Wucht zu, dass die Pinnwand, die außen hing, zu Boden fiel.
    Lena streckte die Hand nach der Wand aus und versuchte sich aufzurichten. Schmerzen schossen ihr durch die Eingeweide, und sie spürte, wie ihr die Tränen kamen.
    Zwei Studenten standen am Eingang des Flurs, und Lena versuchte, so aufrecht wie möglich an ihnen vorbeizugehen. Sie schaffte es, Haltung zu bewahren, bis sie hinter dem Wohnheim war, im Wald, wo sie keiner sehen konnte.
    Hier lehnte sie sich an einen Baum und sank zu Boden. Die Erde war matschig, aber es war ihr egal.
    Sie schaltete ihr Handy ein, wartete, bis sie ein Signal bekam, dann wählte sie eine Nummer. Tränen liefen ihr über das Gesicht, als sie das monotone Tuten hörte.
    «Hallo?»
    Lena machte den Mund auf, doch sie konnte nur weinen.
    «Hallo?», fragte Hank, und dann – da nicht viele Menschen infrage kamen, die ihn mitten am Nachmittag heulend anriefen –: «Lee? Liebes, bist du das?»
    Lena schluckte. «Hank», brachte sie schließlich heraus. «Ich brauche dich.»

EPILOG
    S ara saß auf der Motorhaube und blickte auf den Friedhof. Trotz der Tatsache, dass Deacon Whites Bestattungsinstitut von einem Konzern aufgekauft worden war, hatte sich hier in den letzten Jahren nichts verändert. Die geschwungenen, grünen Hügel und die weißen Grabsteine, die wie abgebrochene Zähne dastanden, sahen noch genau wie damals aus.
    Sara hatte das Gefühl, sie könnte nicht schon wieder ein Grab sehen. In der letzten Woche war sie auf einer Beerdigung nach der anderen gewesen und hatte um die Männer und Frauen getrauert, die Sonny und Eric Kendalls Amoklauf zum Opfer gefallen waren. Marilyn Edwards hatte den Schuss im Waschraum des Reviers überlebt, und es sah so aus, als würde sie durchkommen. Sie war stark, doch sie war eine der Ausnahmen. Die meisten der anderen Opfer waren gestorben.
    «Die Stadt sieht anders aus», sagte Jeffrey, und für ihn stimmte es vielleicht. Er hatte sich verändert, seit er sie das letzte Mal hierher gebracht hatte.
    «Willst du dich wirklich nicht bei Possum und Nell melden?»
    Er schüttelte den Kopf. «Ich glaube, ich bin noch nicht so weit.» Er schwieg, wahrscheinlich dachte er an seinenSohn und fragte sich einmal mehr, was er für Jared tun konnte. «Ich frage mich, ob Robert es gewusst hat.»
    «Also, ich habe es sofort gesehen.»
    «Aber Robert hat nicht mit mir geschlafen», gab er zurück. «Verdammt, ich frage mich, was er so macht.»
    «Du könntest versuchen, es
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