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Schampanninger

Titel: Schampanninger
Autoren: Max Bronski
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zu.
    – Sie haben schon nach Ihnen gefragt.
    Endlich explodierte er. Es zerriss ihn förmlich vor Lachen. Verdammt guter Witz! Mit weit aufgerissenen Augen und ebensolchem Mund schaute er hektisch um sich. In seinemHirn lief ein Ticker heiß: Sofort alle zusammenrufen. Stop. Diesen unsterblichen Witz in chirurgisch herauspräparierten Kleinstphasen noch mal erzählen. Stop. Hotel birst vor Lachen. Stop. Alle applaudieren. Stop.
    Normalerweise hätte ich ihm eine reingesemmelt, aber ich beherrschte mich. Die Lage war viel zu ernst. Was sich nun anbahnte, war eine Katastrophe biblischen Ausmaßes. Ich wartete einfach mit regloser Miene, bis seine hässliche Lache im gleißenden Licht meiner souveränen Haltung schrumpelte, schließlich verdorrte und ihm in Gestalt einer giftig-braunschaligen Frucht vor die Füße fiel. Er hüstelte. Ich beugte mich über den Tresen.
    – Mann, nehmen Sie sich doch zusammen.
    Er haute ein paar Mal heftig auf die Leertaste.
    – Tut mir leid, mein Herr. Einen Gast dieses Namens haben wir nicht hier.
    Mit dem mir verbliebenen Gleichmut nagelte ich zum Ausgang zurück.

52
    Ich fuhr den Wagen nur um die Ecke. Dann rief ich Julius an. Auf meine Nachricht hin hörte ich ihn nicht einmal mehr atmen. Wahrscheinlich war eine Notfallversorgung fällig. Als ich nun schon den dritten Veranstalter am Apparat hatte und zum dritten Mal die Hiobsbotschaft durchgab, platzte mir der Kragen.
    – Schafft diesen verdammten Vertrag her, bis ich komme.
    Der Männerverein stand wie die Bürger von Calais zusammen, eine Gruppe zwar, aber in tiefstem Schmerz jeder für sich: einer rang, einer wühlte, einer starrte, einer flehte innerlich, aber alle bissen sich zwischendurch auf die Lippen. Der Vertrag war ein Witz, so machte man noch nicht einmal die Lieferung eines Möbelstücks ab, geschweige denn das Engagement für einen musikalischen Abend. Sie hatten eine Vorauszahlung von vierzigtausend Euro geleistet, das restliche Geld war nach Beendigung des Konzerts fällig.
    Ich rief die im Vertrag angegebene Telefonnummer an. Der fröhliche Wirt des Flying Scotsman meldete sich. Die Stimmung war noch nicht auf dem Siedepunkt, aber die Gäste waren dorthin gut unterwegs. Der Wirt schrie ein paar Mal den Namen von Finn Dunbar in die Runde, erntete jedoch nur Gegröle. Wir wünschten uns noch ein gutes Neues, ich versprach, gelegentlich auf das eine oder andere Bier vorbeizuschauen, und damit hatten wir die vierzigtausend Vereinstaler auf Nimmerwiedersehen beerdigt. Den einen verführte die Gier nach Gewinn, den anderen die Liebe zur Musik, dem Geld war es so oder so egal.
    Draußen im Saal war bereits einiges geboten. Schieben, Rumoren, Rufen und Pfeifen, vor allem aber war es bereits eine halbe Stunde vor Beginn gesteckt voll. Ich wusste auch nicht, was ich nun mit dieser Gruppe von Bleichgesichtern anfangen sollte. Es war passiert, was nie hätte passieren dürfen, und das setzte sie schachmatt. Vor allem hatten sie angesichts einer bald rebellierenden Meute die Hosen voll.
    – Und was machen wir jetzt?
    Julius hatte gefragt. Reflexhaft mich. Ich guckte mich nach den anderen um. Aber von denen würde nichts kommen. Siewürden immer nur zustimmend nicken, ob ich nun sagte, sie seien alle Deppen, oder vorschlug, dass wir uns die Büßergewänder anziehen und sofort im Pilgerzug nach Altötting abmarschieren sollten.
    – Rausgehen und durchgeben, was Sache ist.
    – Und das würdest du echt tun, Gossec?
    Das hatte ich nicht einmal angedeutet. In unbändiger Wut packte ich eine Bierflasche und warf sie gegen die Mauer. Das reichte nicht. Ich ließ zwei weitere an der Wand zerschellen.
    – Sag doch, dass der Laster mit der Ausrüstung bei Adelzhausen liegen geblieben ist, gab Edi vor.
    Ich machte ihm den Scheibenwischer für seinen dämlichen Vorschlag.
    – Diesen Unsinn hast du doch früher schon nicht geglaubt. Also gut: Ich gehe raus, und ihr sorgt für Ersatz.
    – Was meinst du das?
    – Irgendjemand muss spielen und zwar in ziemlich genau einer halben Stunde.
    – Kannst du vergessen!
    – Wollt ihr da draußen Kleinholz einsammeln müssen?
    Julius schüttelte stellvertretend für alle den Kopf.
    – Hat jemand Onkel Tom und Henry im Saal gesehen?
    – Sind bestimmt im Publikum, meldete Edi.
    – Dann ist ja alles klar: Du schaffst die beiden her, Julius, du holst die Instrumente, und ich gehe jetzt raus und halte die Rübe hin.
    Sie gaben mir ein T-Shirt, auf dem vorne groß Staff aufgedruckt war, das ich
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