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Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)

Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)

Titel: Tränen der Lilie - Die Kristallinsel (Dreamtime-Saga) (German Edition)
Autoren: Bianca Balcaen
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    Prolog
     
    Kanada, 16.Juli 1755
     
    E in lautes Klatschen
durchbrach die Stille. Erschrocken zügelte Sébastien seinen nervös tänzelnden
Wallach und sondierte kampfbereit die Umgebung. Am unteren Berghang gabelte sich
der Pfad in zwei Richtungen. Obwohl noch sehr früh am Vormittag, brannte die
Sonne schon jetzt glühendheiß vom Himmel und sandte ihre Strahlen erbarmungslos
auf das dunkle Felsenkliff des Allegheny Rivers.
    Sébastiens halblanges,
braunschimmerndes Haar war im Nacken lose in einen Zopf verschlungen. Einzelne
Strähnen hatten sich daraus gelöst und flatterten hinter ihm im Wind. Bekleidet
war er nur mit einer hellen Wildlederhose, die sich eng an seine langen Beine
schmiegte. Sein nackter, bronzefarbener Oberkörper glänzte in der Sonne und gab
das Spiel kraftvoller Muskeln preis.
    Er verharrte in tiefer
Konzentration und wandte sein markantes Gesicht mit den hohen Wangenknochen und
den vollen Lippen, die von einem Dreitagebart umschlossen waren, in die
Richtung, aus der der Laut gekommen war. Am linken Flussufer entdeckten seine
geübten Augen drei junge Mädchen, die knietief im Wasser standen und bei ihren
Arbeiten vergnügt ein Lied vor sich hin summten.
    Wieder erklang das klatschende
Geräusch. Erleichtert, dass es sich um keinen feindlichen Angriff handelte,
atmete er aus. Dann gab seinem Pferd die Sporen und ritt auf den linken Pfad
zu.
    Das schnelle Galoppieren wirbelte
die staubdürre Erde auf und ließ sie an den Berghängen zu einer riesigen
Sandwolke aufsteigen. Mit einer Hand schirmte er die Augen gegen die Sonne ab
und sah, dass die Stirn des dunkelhäutigen Mädchens von kleinen Schweißtropfen
benetzt war, als es das weiße Leinenhemd nochmal kräftig gegen den Felsen
klatschte und es anschließend zum Trocknen auf den Felsen ausbreitete.
Anscheinend fühlte sie sich unbeobachtet, dachte Sébastien. Denn normalerweise
verirrte sich an den Waschtagen der Frauen keine männlichen Wesen ans
Wasser.
    Als der Staub sich langsam
niederlegte, zügelte Sébastien sein Pferd und begrüßte sie respektvoll. Die
Lachfältchen um seine hellbraunen Augen vertieften sich, als er ihrem Blick
begegnete und er bemerkte, wie sie verlegen zusammenzuckte. Er kannte die
Stammesregeln. Auf keinen Fall durfte eine unverheiratete Frau die
Aufmerksamkeit auf sich ziehen und einem Mann dadurch den Eindruck vermitteln,
sie sei unzüchtig.
    Leichtfüßig sprang er vom Pferd
und ging im gebührenden Abstand zu ihr auf das Ufer zu. Mit beiden Händen
schöpfte er das erfrischende Wasser und ließ es über sein Gesicht und sein
halblanges, dunkles Haar laufen. Dabei gewahrte er aus den Augenwinkeln ihren
verschämten und doch neugierigen Blick.
    Er freute sich, dass sein
muskulöser Oberkörper sie so offensichtlich beeindruckte. Als ihr scheuer Blick
an der türkisen Perle hängenblieb, die er an einer Lederkordel um den Hals trug,
wusste er, dass sie ihn als ein Mitglied des Athapaskenstammes erkannt hatte.
Als sie ihre beiden Schwestern anstieß und mit ihnen zu tuscheln begann, lockte
Sébastien mit einem leisen Schnalzen sein Pferd zu sich. Dann sprang er auf, hob
seine linke Hand zum Abschied und schenkte ihr im Vorbeireiten ein kurzes,
umwerfendes Lächeln.
    Ohne sich umzusehen, spürte er
die Blicke des Mädchens in seinem Rücken, bis er schließlich hinter den Bergen
und aus ihrem Blickwinkel entschwand.
     
    ****
     
    Im schnellen Trab ritt Sébastien
weiter und grinste über beide Ohren. Ihm war die Schwärmerei der jungen
Shawnees-Indianerin nicht entgangen und er fühlte sich geschmeichelt. Vorsichtig
lenkte er den Wallach auf den jetzt steil abfallenden und felsigen Bergpfad
hinab und seufzte. Drei lange Wochen war er unterwegs gewesen. Aber es hatte
sich gelohnt.
    Vor sieben Tagen hatten sie es
endlich geschafft und die Schlacht am Monongahela für sich entschieden. Damit
hatten sie die verhassten Engländer unter dem Kommando von Generalmajor Edward
Braddock endlich in die Flucht geschlagen und ihnen verdammt große Verluste
zugefügt. In der Tiefe seines Herzen war es ihm scheißegal, denn er war sich
ziemlich sicher, dass das nicht der letzte Kampf zwischen den Indianerstämmen
und den Weißen gewesen war. Alle, die Franzosen sowie auch die Engländer, waren
nur auf eines aus – sie wollten ihr Land enteignen. Aber die Franzosen waren
schon lange vorher in Kanada gelandet und Sébastien betrachtete sie daher als
das
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