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Schampanninger

Titel: Schampanninger
Autoren: Max Bronski
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Schöne ist, dass man als guter, bibelfester Christ ohnehin weiß, was der Prediger dort vorne sagen wird, und so kann man sich ganz darauf konzentrieren, wie er es präsentiert, und da vergibt man dann eben doch auch schon ganz unterschiedliche Noten für Haltung, Vortrag und Bildsprache. Eines senkte sich jedoch ganz tief in mein Bewusstsein, dass nämlich unser heiliger Nikolaus Türke war. Ein waschechter sozusagen, daselbst geboren und aufgewachsen.
    Anschließend wandelte der Herr Kardinal noch ein bisschen von Tisch zu Tisch, um das eine oder andere Gespräch zu führen. Und wie es der Zufall einrichtete und meine Mutter gewollt hätte, landete er auch an meiner Tafel. Ringküssen war nicht, da ließ er gar nichts aufkommen, war auch in diesen Zeiten nicht geboten, denn einige im Saal hatten einen Mordsschnupfen.
    – In welcher Pfarrei sind Sie denn?
    – St. Andreas, sagte ich.
    – Und, fragte er, sind Sie auch sonst recht aktiv in der Gemeinde?
    Und schon war es passiert! Ich war überhaupt nicht aktiv, wenn es hochkam, besuchte ich die Kirche einmal im Jahr zur Christmette. Aber wie sollte man das einem freundlichen Kardinal sagen, der nur ein wenig plaudern wollte und gar nicht die Zeit hatte, sich religiösen Grundsatzfragen zu stellen? Und so tappte ich in meine eigene Falle, weil ich eben, wie es bei uns heißt, ums Verrecken keine Unwahrheit sagen kann. Mutwillig jedenfalls.
    – Nicht so, erwiderte ich. Wissen Sie, ich halte es eigentlich mehr mit dem Buddhismus.
    – Aha! Buddha, so so. Na ja.
    Verschissen, Chance vertan! Wieder keinen Punkt für die Ewigkeit gesammelt und einen prominenten Fürsprecher verloren.
    Er drehte ab und wendete sich dem jungen Priester neben ihm zu, seinem Sekretär vielleicht.
    – Sie haben es immer noch nicht verstanden, dass der auch nur einer von uns war.
    Der Sekretär nickte animiert, lächelte fein und hüstelte theologisch dazu.
    – Josaphat Boddhisattva von Indien, so heißt Ihr Mann bei uns. Feiern wir jeden siebenundzwanzigsten November.
    Dann zogen sie im Geschwader davon.
    – Ist halt so eine Art religiöse Vorform bei dir, verstehst du, sagte der Kollege Harry Zindl am Nebentisch.
    Er hatte das tröstlich gemeint, weil da ja noch etwas daraus werden konnte.

47
    Schön durchgewärmt, gestärkt von Kaffee und Stollen, wanderte ich zum Weißbräu hinüber. In der Tasche hatte ich drei Adressen von wohlmeinenden Leuten, die mich für einen guten Kerl hielten und deshalb bereit waren, den Widersacher in mir niederzuringen. In Pasing könnte ich einmal die Woche an einer Meditationsgruppe teilnehmen, Pater Ferdinand stünde zu einem persönlichen Interventionsgespräch auch zu Nachtzeiten zur Verfügung und Harry Zindl wollte mich seinem Kaplan vorstellen, der bisher noch jeden herumgekriegt habe. Das schwarze Schaf war allen eben besonders angelegen, und der verlorene Sohn machte noch mehr Freude. Zum Abschied hatten sie uns eine Tüte mit Plätzchen und Stollen überreicht, in der Anlage ein Fläschchen Hochprozentiges, vermutlich aus dem Feuerwasserbestand des Ordinariats, der von der letzten großen Indianermissionierung her immer noch reichhaltig bestückt war.
    Großes Aufsehen zu erregen wäre ungeschickt gewesen.Die Leute strudelten nur so hinein, ich hielt mich im Hintergrund und schlich zur Garderobe, wo ich meine Sachen verstaute und nach Alois Ausschau hielt, mit dem ich noch ein Hühnchen zu rupfen hatte. Wie ich das anstellen sollte, war mir selbst nicht klar, entscheidend war, wie er sich mir gegenüber verhalten würde. Grob oder bußfertig. Ich hörte jemand unten im Keller rumoren. Die Unterwelt war Alois’ Reich. Die knarrenden Treppen hinunterzusteigen wagte ich nicht. Ich zwängte mich in den Lastenaufzug, mit dem sich auch große Fässer transportieren ließen. Als ich unten ankam und ausstieg, war alles ruhig. Das machte mir ein mulmiges Gefühl, ich spürte, dass etwas faul war. Ich ging auf Zehenspitzen zum Kühlraum, wo ich ihn vermutete.
    Ich fand ihn nicht, spürte aber, dass er noch unten war. Dieser Riesenkerl beherrschte die Kunst, sich geräuschlos fortzubewegen und sich unsichtbar zu halten. Jetzt half nur noch die Provokation.
    – Servus, Alois, rief ich. Gestern habe ich der Polizei gesteckt, dass du Maillingers Wohnung aufgehebelt hast. Dir legen sie auch noch das Handwerk!
    Wiederholungen sind dem Menschen nicht deshalb geschickt worden, dass er sich langweile, sondern dass er es besser mache. Die Wiederholung der
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