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Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Autoren: Steve Hamilton
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Kapitel 1
    Als Polizist in Detroit habe ich viele Feuer gesehen. Von mir wurde erwartet, daß ich die Brandstelle abzusichern half und ansonsten tunlichst zu verschwinden hatte, um nicht im Wege zu sein, aber manchmal blieb ich einfach da und sah den Feuerwehrleuten zu. Wie sie ihre Arbeit machten. Ich habe dabei förmliche Schlachten erlebt, aber wenn sie geschlagen waren, stand das Gebäude immer noch. Das blieb bei mir haften. Die Fenster gähnend leere Höhlen und es mochte ein riesiges Loch im Dach klaffen, aber das Gebäude war noch da.
    Jahre später sah ich zu, wie ein Sturm am Lake Superior ein Bootshaus zerstörte. Als der Sturm abflaute, war da nichts mehr außer einer mit Sand bedeckten Betonfläche. Das war keine Überraschung. Jeder, der hier oben lebt, weiß, daß Wasser stärker als Feuer ist. Wasser gewinnt hier spielend. Aber Wasser räumt wenigstens hinter sich auf. Wenn Wasser etwas zerstört, läßt es alles wie neu wirken. Es kann sogar schön aussehen.
    Das tut das Feuer nicht. Wenn ein Feuer mit seiner Arbeit fertig ist, sind die Überreste nur zur Hälfte zerstört. Sie sind verkohlt und brüchig. Sie sind widerwärtig. Nichts auf der ganzen Welt ist so häßlich wie das, was ein Feuer zurückläßt, nichts als Asche und Rauch und einen Geruch, an den du jeden weiteren Tag deines Lebens denken wirst.
    Deshalb mußte ich die Hütte wieder aufbauen. Vielleicht machte ich mir ja etwas vor, aber das war einfach etwas, was ich tun mußte. Auch wenn die Tage kürzer wurden. Auch wenn die Kiefern sich im kalten Oktoberwind bogen. Kein Mensch in seinen gesunden Sinnen hätte jetzt mit dem Wiederaufbau begonnen. Also tat ich es.
    Das meiste alte Holz hatte ich schon fortgeschafft, diese Balken, die noch dreihundert Jahre ausgehalten hätten, wären sie nicht verbrannt. Ich hatte sie weggeschleppt, zusammen mit den vom Feuer geschwärzten Rohrleitungen und den von der Hitze verformten Bettgestellen. Nichts mehr war da außer dem Steinfundament, von seiner Holzverkleidung entblößt, und dem Kamin, dem Letzten, was mein Vater eigenhändig gebaut hatte, bevor er gestorben war. Ich wußte, daß bald der Schnee kommen und die schwärzlichen Flecken verdecken würde, und der Kamin stünde dann wie ein Grabstein in dem eisigen Schweigen. Das durfte ich nicht zulassen.
    Der Wiederaufbau begann nicht gut. Der Typ, der zugesagt hatte, am Montag mit meinen Weißkieferstämmen da zu sein, fuhr am Mittwochmorgen vor und tat so, als gäbe es nichts zu entschuldigen. Er fuhr einen dieser riesigen Tieflader mit einem Kran darauf, der genug Kraft hatte, jeden Balken sanft wie eine Teetasse niederzusetzen. Aber er brauchte den ganzen Morgen, um den Wagen zu entladen, und fast hätte er dabei noch den Kamin eingerissen. Danach stand er noch eine Weile herum und wollte mir von seiner eigenen Hütte unten in Traverse City erzählen. »Die Hütten, an denen ich da vorhin vorbeigefahren bin, haben Sie die gebaut?«
    »Mein Vater.«
    »Das war wohl ’ne ganz schön große hier«, sagte er. Er zog sich die Hosen hoch, während er die Lichtung musterte. »Was ist passiert, ist sie abgebrannt?«
    »Ist sie.«
    »Ganz schöne Scheiße. Mit diesen Holzöfen muß man verdammt vorsichtig sein.«
    »Da kann ich Ihnen nicht widersprechen.«
    »Sieht so aus, als hätten Sie ordentlich Lehrgeld bezahlt.«
    Ich ließ einige Sekunden verticken. »Es war kein Holzofen«, sagte ich schließlich. »Die hat wer niedergebrannt.«
    »Sie verarschen mich.«
    »Dieser Herr und ich hatten einen kleinen Streit.«
    Es dauerte eine Weile, bis er das verarbeitet hatte. »Mann, wollen Sie mich verarschen? Sie müssen mich verarschen.«
    »Sie müssen es ja nicht glauben.«
    »Dann werden Sie die wohl auch ganz alleine wieder aufbauen.«
    »Ich will’s versuchen.«
    »Mal im Ernst, wo sind Ihre Helfer?«
    »Wenn ich welche brauche, kriege ich welche.«
    »Wir haben Oktober. Sie haben doch wohl nicht vor, jetzt noch anzufangen?«
    »Da müßte ich wohl verrückt sein, meinen Sie das?«
    »Ja, sage ich doch. Es sei denn, Sie verscheißern mich schon wieder.«
    »Nun, ich weiß Ihre Anteilnahme zu schätzen. Und ich weiß es auch zu schätzen, daß Sie mir meine Balken gebracht haben. Sie waren nur zwei Tage zu spät dran. Gute Rückfahrt.«
    Er schüttelte immer noch den Kopf, als er abfuhr. Ich lauschte dem fernen Geräusch seines Lasters, als er bis zur Hauptstraße rumpelte und dann nach Süden abbog. Als er verschwunden war, war nichts mehr zu
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