Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Autoren: Steve Hamilton
Vom Netzwerk:
angriffen.
    Das Nest hing an einer der Birken. In der Nacht, als die Hütte niedergebrannt war, waren sie schon vom Feuer ausgeräuchert worden, und der Druck der Schläuche hatte ihr Nest partiell ausgehöhlt. Jetzt versuchten sie es wieder herzurichten, genau wie ich, aber die Zeit war ihnen davongelaufen. Jetzt, ohnehin halb verrückt von dem kalten Wetter, die meisten sowieso dem Ende ihrer Lebensspanne nahe, sahen sie mich unten rumwerkeln und mit meiner Kettensäge lärmen. Da beschlossen sie, kämpfend unterzugehen.
    Zwei schlug ich aus meinem Nacken weg, eine dritte von meinem Arm. »Ihr blöden beschissenen Viecher! Haut bloß ab!« Die nächste erwischte mich direkt an der Wange, und das reichte mir. Der Tag war ohnehin schon schlecht genug.
    Ich hatte meine Ausziehleiter dabei, weil ich sie irgendwann hätte brauchen können; also lehnte ich sie fest an die Birke und stieg mit der Axt hoch. Ich war schon im Begriff, tüchtig nach dem Ast auszuholen. Mit einem Hieb wollte ich das ganze Ding runterholen, das Nest mit Benzin tränken und dann in Brand setzen. Wie ich mich kannte, hätte ich den ganzen Kanister ausgeleert – fast zehn Liter Benzin, und dann hätte ich ein brennendes Streichholz mitten rein geschmissen. Alle Blätter auf dem Boden hätten sofort in hellen Flammen gestanden, und ich wäre mit brennenden Hosenbeinen herumgelaufen und hätte mir beide Augenbrauen vom Gesicht gesengt.
    Ich bremste mich noch im letzten Moment.
    Ich holte tief Luft und stieg die Leiter wieder hinunter. Die Axt ließ ich fallen.
    Es lohnte nicht. Das Nest zu verbrennen und den Rest der Hornissen zur Hölle zu schicken. In einer Woche waren sie ohnehin alle tot.
    Das war eine Lehre, die zu lernen fast mein ganzes Leben in Anspruch genommen hatte. Manchmal muß man den Dingen einfach ihren Lauf lassen.
    Regen setzte ein. Die dunklen Wolken blieben am Himmel. Ich machte mich wieder an die Arbeit.
    1987 war ich hierhin zurückgekommen. Meine Ehe war gescheitert, und bei der Polizei war ich auch nicht mehr – mit einem Partner unter der Erde und einer Kugel in der Brust. Ich war mit der Absicht hierher gekommen, das Land und die sechs Hütten, die mein Vater gebaut hatte, zu verkaufen, aber ich tat es nicht. Irgendwie war die Obere Halbinsel genau das, was ich brauchte. Sie war kalt und erbarmungslos, sogar mitten im Hochsommer. Zugleich war die Gegend von einer schrecklichen Schönheit, und ich konnte in einem Teil der Welt einsam sein, in dem Einsamkeit die Regel und nicht die Ausnahme war. Ich zog in die erste der Hütten, die, bei deren Bau ich ihm geholfen hatte, damals, als ich siebzehn war. Ich blieb hier oben und glaubte nicht, jemals wieder meiner Vergangenheit zu begegnen.
    Das haute nicht hin. Das tut es nie.
    Noch Stunden, nachdem ich beschlossen hatte, es genug sein zu lassen, spürte ich das Rattern der Kettensäge in meinen Händen. In meiner Schulter saß tief ein Schmerz, genau da, wo sie die beiden Kugeln entfernt hatten.
    »Was war’s denn diesmal?« fragte Jackie. Er schob mir ein kaltes Kanadisches rüber.
    Natürlich sprach er von meinem Gesicht. Unter meinen Augen zeigte sich eine hübsche kleine Schwellung. Immer wenn etwas schief geht, zeigt es sich letztlich in meinem Gesicht.
    »Hornissen.«
    »Wie geht es mit der Hütte?«
    »Etwas langsam.«
    Er nickte. Er sagte nichts darüber, wie spät im Jahr es sei oder was für ein Idiot ich doch sei. Jackie hatte verstanden, warum ich es tun mußte.
    »Du weißt, wer dir helfen könnte.«
    Das wußte ich. Ich tat einen tiefen Zug aus der Flasche und stellte sie wieder auf die Theke. »Ich muß sehen, daß ich früh schlafen gehe«, sagte ich. Damit ging ich,
    Am nächsten Morgen tat mir alles genauso weh, aber irgendwie wirkte alles anders. Alles war plötzlich wieder präsent: wie man Säge und Axt ihre Arbeit tun läßt, wie man mit der Maserung des Holzes arbeitet und nicht gegen sie ankämpft. Die Balken begannen sich ineinander zu fügen wie sie sollten. Zur Mittagszeit hatte ich die Wände zwei Balken hoch. Natürlich bedeutete dies, daß es jetzt von Mal zu Mal schwerer werden würde, die Balken in ihre Position zu wuchten. Bald würde ich eine Rampe benutzen und wohl auch generell eine Art Rahmen konstruieren müssen. Das würde mich weiter zurückwerfen.
    Zum Teufel, Jackie hatte recht. Es gab einen Menschen, der mir wirklich helfen könnte.
    Aber ich würde eher zur Hölle fahren als ihn fragen.
    Mein Vater hatte das gesamte Land auf beiden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher