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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska
Autoren: Martina André
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nichts mehr entgegensetzen können.« Mit einem ironischen Grinsen schaute er auf. »Man muss nicht unter die Hellseher gehen, um zu wissen, welche Absichten die Russen mit einer solchen Meldung verfolgen.«
    Viktoria glaubte sich verhört zu haben und bat Theisen, ihr den Artikel zu geben. Rodius schwieg seltsam verhalten und widmete sich dem Sportteil.
    »Hast du davon gewusst, Gregor?«, fragte Viktoria mit schneidender Stimme.
    »Olguth hat mich gestern angerufen«, gab er zögernd zu. »Er hat mich gebeten, diesen Vorstoß trotz aller Ungereimtheiten zu unterstützen, damit er weitere Gelder und ein neues Forschungsprojekt bewilligt bekommt, an dem er mich teilhaben lassen möchte. Ich habe zugestimmt. Obwohl uns keine näheren Fakten vorliegen, halte ich an meiner Theorie fest.«
    Fassungslos starrte Viktoria ihn an. Sie sprang auf und ging hinaus. Sie wollte nicht, dass er sah, wie sie in Tränen ausbrach.
    Auf Höhe der Rezeption kam ihr eine Bedienstete der Botschaft entgegen.
    »Frau Doktor Vanderberg?« Die Frau hielt etwas in Händen. Ein flaches Päckchen, eingewickelt in braunes Papier. »Das ist soeben für Sie abgegeben worden. Es kam mit einem Fahrradkurier. Sie können es ruhig aufmachen. Wir haben es gescannt. Es ist sicher.«
    Mit zitternden Händen nahm Viktoria das Päckchen entgegen. In einem abgeschiedenen Winkel des Empfangs setzte sie sich in einen grünen Polstersessel. Hastig riss sie das Papier auf und hätte beinahe den kleinen Zettel übersehen.
    |483|
Bei Dir weiß ich, dass es sicher aufgehoben ist. Du liebst ihn, und deshalb wirst Du weder ihn noch die Sache verraten. Leb wohl. Babuschka.
    Es war ein uraltes Schulheft, schwarz mit kartoniertem Deckel.
    Tagebuch des Leonard Schenkendorff
, stand darauf. Und darunter …
    Für Viktoria …

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    |484| Epilog
    Das Schicksal der meisten Männer wird nicht durch die Geister bestimmt, das Schicksal der meisten Männer bestimmt eine Frau.
    (Tschirin, Sohn des großen Tschutschana, 1908)
    Mit einem erstickten Stöhnen öffnete Viktoria die Haustür.
    Die Hebamme schaute besorgt.»Sind Sie ganz alleine?«
    Viktoria nickte. Mit einer Hand hielt sie sich den hochschwangeren Bauch, während sie die Hebamme in das ansonsten menschenleere Wochenendhaus führte. Die gesamte Schwangerschaft hatte sie abseits vom städtischen Trubel in dem kleinen blauen Ferienhaus ihrer Mutter verbracht, draußen am Kulkwitzer See unweit von Leipzig.
    Drei Monate, nachdem sie erfahren hatte, dass sie schwanger war, hatte sie sich an der Universität ohne Angabe von Gründen beurlauben lassen. Sie wollte allein sein, niemanden sehen, schon gar nicht ihre Kollegen. Es reichte ihr völlig, wenn ihre Mutter sie permanent mit Fragen bombardierte.
    »Wie konnte das passieren? Wer ist der Vater? Doch nicht der Professor oder irgendein verheirateter Mann? Was ist in Sibirien wirklich geschehen? Warum bist du so apathisch, und was ist das für ein schrecklicher Hund, den du von dort mitgebracht hast?«
    Ajaci strich Viktoria um die Beine und schaute sie aus schrägen grauen Augen an. Vielleicht war es falsch, nach so langer Zeit an ein Wunder zu glauben, aber hatte Leonid nicht gesagt, der Hund sei seine Zwillingsseele?
    Vielleicht wird er in dem Kind wiedergeboren, dachte sie. Vielleicht ist der Hund deshalb noch am Leben – nicht wegen Leonid, sondern wegen des Kindes.
    »Ich glaube, die Fruchtblase ist geplatzt«, keuchte Viktoria, während die nächste Wehe in einer gewaltigen Welle über ihren gewölbten |485| Leib rollte. Wenn sie überhaupt noch leben wollte, dann für dieses Kind, das nun unmissverständlich ans Licht drängte.
    »Vielleicht sollten wir doch in ein Krankenhaus wechseln«, meinte die Hebamme vorsichtig und sah sich im Schlafzimmer um. Überall Unordnung. Flaschen, Pizzaschachteln und Berge von Büchern – Bildbände über Sibirien, antiquarische Bücher über Schamanen und mittendrin, wie eine Insel, ein unordentliches Bett.
    »Ich will keinen Arzt«, erklärte Viktoria fest. »Schon gar nicht will ich in ein Krankenhaus, deshalb habe ich sie hierher gerufen.«
    »Gibt es denn jemanden, der sie anschließend versorgt?«
    »Nein. Ich komme schon zurecht. Meine Mutter musste nach München. Eine Beerdigung. Meine Tante ist überraschend verstorben.« Viktoria keuchte erneut und hielt sich den Bauch, dann setzte sie sich schwankend aufs Bett.
    Der Hebamme konnte man ansehen, dass sie allergrößte Zweifel hegte, ob Viktoria nach der Geburt des
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