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Drei Haselnuesse für Aschenbroedel

Drei Haselnuesse für Aschenbroedel

Titel: Drei Haselnuesse für Aschenbroedel
Autoren: Maike Stein
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Geheime Wünsche
    Aschenbrödel presste den Holzeimer an sich. Die Herdasche darin war noch warm und half ein wenig gegen die Kälte, die ihr entgegendrang, als sie nun mit einem Fuß die Tür aufstieß.
    Schnee und Eis bedeckten den Boden. Doch auf dem großen Gutshof summte es vor Aufregung wie in einem Bienenstock. Mägde und Knechte rannten durcheinander, schleppten Eimer und Fässer, räumten Bretter und Holzgitter aus dem Weg, trieben Schweine vor sich her und scheuchten Hühner in ihren Stall zurück. Ein Knecht balancierte ein langes Brett mit würzigen Küchlein auf der Schulter. Die Küchlein dampften in der kalten Luft und Aschenbrödel lief das Wasser im Mund zusammen. Vielleicht essen die Gäste ja nicht alles auf, dann kann ich später etwas davon bekommen, dachte sie.
    Einer der Küchenjungen schien ähnlichen Hunger zu haben, denn er langte auf das Brett und griff sich eines der Gebäckstücke.
    Mach schnell, renn!, feuerte Aschenbrödel ihn in Gedanken an. Doch es war bereits zu spät. Denn genau in diesem Augenblick trat Aschenbrödels Stiefmutter, die Gutsherrin, auf den hölzernen Balkon des Hauses hinaus. Ein schwerer grüner Mantel mit silbernem Pelzbesatz schützte sie vor der Kälte und auf ihrem Kopf thronte ein hoher weißer Hut. Sie stützte die Hände auf das Holzgeländer und blickte über den Hof wie eine Herrscherin über ihr Reich. Ihren scharfen Augen entging nichts.
    â€žLeg das sofort wieder zurück, du Dieb!“ Die Stimme hallte wie ein Peitschenhieb über den Hof.
    Eine böse Königin, dachte Aschenbrödel.
    Und da war auch schon Dora, die böse Prinzessin, an ihrer Seite und kicherte.
    Der Küchenjunge legte das Küchlein eilig auf das Brett zurück und gab Fersengeld. Er rannte, als wären tausend Teufel hinter ihm her. Geradenwegs auf Aschenbrödel hielt er zu, und noch bevor sie einen Warnschrei ausstoßen konnte, prallte er auch schon mit ihr zusammen. Der Holzeimer entglitt ihren Händen, sie verlor das Gleichgewicht und stürzte. Der Schnee federte ihren Fall ab, doch die feine graue Asche aus dem Eimer stäubte auf und hüllte sie in einer dichten Wolke ein. Wie schwarze Schneeflocken sanken die Ascheteilchen herab, setzten sich auf ihr Kleid, auf ihre Wangen, bedeckten den Boden. Und von hoch oben regnete es Spott.
    â€žNatürlich, das Aschenbrödel! Wer denn sonst?“ Dora lachte schallend.
    â€žUnd jeden Augenblick kann Majestät hier erscheinen.“ Die Stiefmutter schüttelte verärgert den Kopf. „Beeilt euch, ihr Faulenzer!“ Mit grimmiger Miene schritt sie die überdachte Holztreppe hinab in den Hof.
    Aschenbrödel klopfte ihr Kleid ab. Viel half das nicht. Sie zuckte mit den Schultern und rappelte sich auf. Wenigstens war es doch einmal zu etwas gut, dass all ihre Kleider grau waren. Liefe sie so aufgeputzt wie Dora herum, wäre ihr Kleid jetzt verdorben. Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Wangen und schnappte sich den Reisigbesen. Bei all den Arbeiten, die sie hier verrichten musste, konnte sie keine feinen Kleider brauchen.
    Dora hingegen trug Pelze und Samt und Seide und eine lange Schleppe, die von zwei Mägden gehalten wurde, während sie ihrer Mutter die Treppe zum Hof hinabfolgte.
    Ihr Gelächter klang Aschenbrödel noch in den Ohren. Mit brennenden Wangen machte sie sich an die Arbeit. Drei Striche mit dem Besen, bücken, die Asche in den Eimer fegen, aufrichten und wieder von vorn.
    Sie wollte ja alle Aufmerksamkeit auf Eimer, Besen und Asche richten, aber so kurz vor der Ankunft des Königs war zu viel los auf dem Hof: Einer der Stallburschen war auf den hohen Baum nahe der Gutshofmauer geklettert und hielt Ausschau nach Seiner Majestät. Knechte und Mägde schmückten das Hoftor mit Tannenzweigen und bunten Bändern, und das Gebell von Kasperle, dem kleinen schwarz-weißen Hund, mischte sich unter die zahlreichen Stimmen. Die Tauben gurrten und flatterten in ihrem Holzhaus auf und ab, als spürten sie die Aufregung um sie her.
    Wenn es mir gelingt, alle Asche aufzufegen und zurück in den Eimer zu tun, bevor Dora und ihre Mutter an mir vorbeikommen, bitte ich sie, mir einen Ausritt auf Nikolaus zu erlauben, nahm Aschenbrödel sich vor. Wenn der König und der Prinz hier sind, wollen sie mich sowieso nicht dabeihaben.
    Drei Besenstriche, bücken, die Asche in den Eimer
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