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Satt Sauber Sicher

Titel: Satt Sauber Sicher
Autoren: Dirk Bernemann
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zurechtgegossen hat. Dann blickt er noch in herumstarrende, besoffene und harte Arbeitergesichter, die sich an Bieren und an ihren Worten laben. Peter kann aus seinem Blickwinkel wunderbar die ganze Szenerie rund um die Bar wahrnehmen. Langsam, ganz langsam wird er auch betrunken und es fühlt sich gut und richtig an.
    Dann betritt ein bitterer Mann die Kneipe. Ungefähr Mitte vierzig, schütteres, blondes Haar und ein Blick, der sich Bier oder den Tod wünscht. Oder beides. Er humpelt, stolpert, schlurft. Nichts an ihm geht richtig. Seine Beine scheinen nur zufällig an ihm dran zu sein und er scheint nicht unbedingt Herr über alle seine Körperteile zu sein. Außerdem läuft er ein wenig gebückt. Sieht so aus, als trüge er die Gesamtschuld des Universums auf seinen schmalen Schultern. Zweiter Weltkrieg, die World-Trade-Center- Flugshow von 2001, Privatfernsehen, Big Brother, polyphone Klingeltöne - alles seine Schuld. Der Blick ein wenig tränengetrübt. Peter weicht dem suchenden Blick des kaputten Typen aus, als dieser seinerseits den Laden scannt, um nach einem adäquaten Platz für seinen zerlumpten Körper und seine Trauervisage zu suchen. Das könnte Peters gut arrangierte Egomelancholie trüben, wenn der Reingekommene mit einer, im schlechtesten Fall noch seiner Geschichte rauskommen würde. Also ein Zwangsgespräch mit so einem, das muss ja heute nicht sein. Ne, da hat Peter keine Lust drauf und guckt absichtlich auf das Poster an der Wand, auf dem sich eine Frau mit wenigen Anziehsachen räkelt, die vorne Miss und hinten September heißt. Peter findet die eingebildete Abgebildete aber doof, weil sie aussieht wie eine abgestellte Angestellte. Diese übertrieben sexualisierte Gestalt wirkt so unecht wie diverse Mitglieder des Ensembles der Muppet Show. Nach Peters Ansicht könnte die Frau gerne vorne Miss und hinten Geburt heißen, das fände er passend. Blöder, aufgeblasener Fantasiemensch, denkt Peter noch hinterher und verliert sich auf ihrem subtil geformten Arsch. Der sieht aus wie eine Skipiste und Peter stellt sich kleine Figuren im Stil der Muppet Show vor, die auf Miss Geburts Arsch Slalom fahren. Da fahren also diverse Zwerge auf einem Nacktmodelarsch Ski und Peter bekommt Lust auf weitere Biere. Der Abend lief bislang sehr gut. Nichts ist passiert, aber genau deswegen ist Peter hier.
    Der Tragischblicker sucht immer noch hektisch was zum Sitzen, Trinken und Reden und meint, er ist hier aber so was von richtig in diesem Lokal der Liegengebliebenen. Und kacke noch eins, er pflanzt sich in einer mehr als unangenehmen Art auf den Barhocker neben Peter, der das erst mal scheiße findet. Der Typ bestellt sich Bier. Ein großes. Dann sieht er Peter an und nickt ihm aufdringlich zu. Danke, du Arsch, sehr aufdringlich dein Kackgenicke, denkt sich Peter und grinst freundlich, aber distanziert zurück. Das hält den Typen aber nicht davon ab, mit einem großen Wortschwall auf Peter einzukotzen. Er bekommt sein Bier und beginnt einen nervenaufreibenden Monolog, der sich gewaschen hat, aber ungewaschen aussieht. "Alter, lass dir erzählen", beginnt der Abgefuckte seinen Redefluss und Peter denkt, lass ich nicht, aber der Typ fährt unbeirrt fort. "Junger Freund, ich bin vom Bau, da ist das Leben kalt und rau. (Oh Gott, ein Poet, ein reimender Hammerschwinger. Peter steigert sich in sein Entsetzen, wirkt aber nach außen sehr ruhig und ans Kackezuhörenmüssen gewöhnt ...) Es ist wohl gut einen Monat her, dawaren wir vonne Firma aus saufen. Erst kegeln, dann fett fressen und dann saufen. Chef hat alles bezahlt, war ja auch ein gutes Jahr für ihn. Brillante Umsätze gemacht. Gebaut wird ja immer und der Alte ist trotz seiner 62 Jahre noch gut im Geschäft und kann gut Konkurrenten kaputtmachen. Jetzt mal ganz ohne Sabotage am Bau. Alles total legal bei uns. Also wir war'n die letzten fünf: Chef, Lothar, Werner, ich und der Azubi Timo. Der ist im dritten Lehrjahr und echt fit. Maurer wie ich. Guter Junge. Mauert manch einen alten Hasen an die Wand, der Timo. Also wir dann so raus aus der Kneipe und der Chef wurde von seiner Frau abgeholt. Die alte, aufgebrezelte Sau mal wieder ganz in ihrem Meckerelement, von wegen ekelhaft, so viel zu saufen. Wat soll'n denn die Mitarbeiter denken und so'n scheiß Besserverdienerkram halt. Chef ist aber einer von uns. Alle wissen dat. Der hat den Laden damals von seim Vadder übernommen, der weiß noch, wie sich Mörtel anne Finger anfühlt, wenne verstehst." Peter hat
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