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Satt Sauber Sicher

Titel: Satt Sauber Sicher
Autoren: Dirk Bernemann
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danach folgerichtig CDU-Mitglied.
    Ein Land bereisen, dort Geschlechtsverkehr haben, irgendwas Konkretes aus Zukunft und Gedanken aufbauen, nie mehr zurückreisen. Die Güte Afrikas schmecken. Vielleicht Krokodilfleisch verzehren. Von langschwänzigen, multipotenten Negern in alle Körperöffnungen gefickt werden. Das klang alles sehr gut in Karlas Kopf und sie fühlte sich ein wenig pubertär. Ihre eigentliche Pubertät hatte ja kaum stattgefunden. Schon mit zehn wurde sie bei der Kartoffelernte eingesetzt und ab da hörte eigentlich die Arbeit nie mehr auf. Das bisschen Haushalt. Das kranke Eheleben. Alles Barrikaden vor Karla auf dem Weg zu richtigen Gedanken. Und wenn ein Mensch daran gehindert wird, seine richtigen Gedanken zu denken, also jene, die eigentlich von der Natur oder von der Genetik her in ihm stecken, kocht die Suppe in ihm irgendwann über. Karlas Suppe ist schon seit Jahren am Topfrand angekommen, tritt manchmal über die Ufer, aber jetzt erst recht. Jetzt will sie es wissen. Sie ist mittlerweile 59 und sieht aus wie eine verbrannte Uschi Glas. Der Körper krumm und das Gesicht so leer. Der Kummer, die Scheiße, die Vergänglichkeit. Die Summe von negativen Faktoren hat Karlas Seele geplättet. Sie will sich noch einmal aufrichten. Sessel - Reisebüro - keine Diskussion, kein Dialog mit sich selbst. Das würde eh nichts bringen. In Karla ist niemand zugegen, der ihr antworten könnte.
    Dann ist Karla geflogen und kam irgendwann an. Der Stahlvogel ist dort gelandet, wo nicht mal echte Vögel gerne leben mögen. Die ersten Tage in der Hitze haben Karla fertig gemacht. Sie war so müdewie selten zuvor. Drei Tage lag sie auf einem Bett in diesem schlecht klimatisierten Hotelzimmer und trank lediglich Wasser oder kotzte Nahrungsreste aus Deutschland in den Abfluss, der keiner war, sondern nur ein Waschbecken. Die Hitze, dieses Flimmern vor den Augen hätte Karla fast in die Flucht geschlagen. Urlauber oder Flüchtling? Da hatte sich ja ein schöner Gedankenkreis aufgebaut, der sich über drei Tage in Karlas Schädel drehte. Zwischendurch konnte sie dann doch ein wenig Nahrung aufnehmen. Der Hotelier war so freundlich, ihr was zu machen.
    Am vierten Tag traute sich Karla auf die Straße. Es war nicht wirklich eine Straße, vielmehr hingeworfener Sand unter den Füßen derer, die keine Erwartungen mehr haben. Karla schlich um die Hütten, festen Willens ihre Möglichkeiten zu multiplizieren. Verloren fühlte sie sich, aber doch mit einer Kataloghoffnung der Verzweiflung gesegnet. Händler boten ihre gefälschten Uhren feil. Karla war einfach nur schwindelig und sie kaufte drei Rolex für 25 Dollar das Stück. Dann kam sie an eine Art Imbiss und tatsächlich: Es gab Coca Cola aus eiskalten Metalldosen. Karla bestellte sich eine und der Kellner knallte ihr 'ne Dose auf den wackeligen Holztisch. Karla trank und erkannte erstmals die trostlose Schönheit dieses nach Pisse stinkenden Landes. "One fifty", grummelte der Negerkellner und Karla gab ihm das Geld. Sie ließ Cola trinkend ihren Blick durch die Gegend taumeln. Der Blick bohrte sich durch Holzhütten, in die Augen von aidskranken vierzehnjährigen Nutten und durch die dreckigen Straßen. Die Leute hier waren alle langsam. Keine Touristen waren unterwegs, obwohl es diese Hotelabsteigen, in denen sie wohnten, an jeder Ecke gab. Die rumlaufenden Einheimischen wirkten auf Karla wie aus Lehm gedrehte Götter. Sie sah eigentlich nur tolle Körper. Hinter einer blickdichten Sonnenbrille versteckte sie ihren dichten Blick, der die ganze Gegend zensierte. Wo Scheißhaufen von Mensch oder Tier auf der Straße lagen und ob ihrer Frischheit dampften, flog Karlas Blick schnell vorbei. Wo aber coole Boys mit Rastazöpfen Gras rauchten und dabeiihre Körper maximal erotisch inszenierten, blieb Karlas Blick haften. Karla stierte durch die Kaputtheit der Gegend und nichts änderte sich, weder die Sonne ihre enorme Bestrahlung noch die gleichbleibenden Klänge von selbst geschnitzten Krücken auf Sand.
    In den nächsten Tagen saß Karla häufiger beim Colamann rum. Und schaute sich die kleinen Kiffer und die armen Kinder an. Einigen fehlten Körperteile. Sie hatte mal vor Jahren Geld gespendet für Kinder aus Afrika mit fehlenden Körperteilen. Hubert war damals dagegen, er hätte lieber einen größeren Fernseher gehabt. Aber Karlas Herz ist weich geworden, weicher als ihr Kopf, und Dieter Thomas Heck hat so sozial und gerecht geschaut an diesem Abend.
    Karla war fast
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