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Satt Sauber Sicher

Titel: Satt Sauber Sicher
Autoren: Dirk Bernemann
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Menschenexkrementen.
    Nach dem Dienst ist Peter wieder in seiner Punkrockhöhle und verkriecht sich da unter guter Musik. Wie viele geile Arten gibt es eigentlich eine Katze zu töten? Eine sehr abgefahrene hat Peter heute gehört. Er holt sich ein Bier aus dem Kühlschrank und anschließend einen runter. Dazu reflektiert Gitarrenmusik an seinen Wänden. Suicidal Tendencies. Wunderbare Musik aus den frühen 90er Jahren. Das Album heißt The Art of Rebellion, doch genau diese Kunst hat Peter verlernt, aber er will sie zurück diese verdorbenen Gefühle. Mike Muir singt in dafür vorgesehener Hymnenhaftigkeit dieses Lied. Die Kunst des Rebellierens gegen das Ungute ist noch da, merkt der Peter, als er den Mike singen hört, und wagt einige Tanzschritte auf dem Holzparkettboden seiner Mietwohnung. Für den Anfang ist die Musik ja da und die sagt ausdrucksstark zusammenfassend:

Ah, damn, we got a lot of stupid people doing a lot of stupid things thinking a lot of stupid thoughts and if you want to see one just look in the mirror ...
Suicidal Tendencies - Gotta kill Captain Stupid
    Manchmal ist Peter das Opfer von seltsamen Geschichten, die sich wie Regen mit ihm vermischen. Er fühlt sich so weichgespült, so biologisch verwertet, gar kompostiert. Aber da ist auch Glück.
    Peter ist glücklich. Die Platte ist geil. Melodie und Botschaft dringen in sein Gewissen. Es ist die Art von Mindfuck, die Peter braucht.
    Im Rückzug geborgen, aber immer der Rebellion Untertan. Schläfer. Die Kunst erwacht durch dieses Stück Musik, denn ein Commander Doofmann schlummert doch in jedem und den muss mensch erstmal erkennen und totschlagen. Peter ist auf einem guten Weg. Dem Weg nach innen.
    ... aus der Serie: Das Leben hat keine Helden, nur Gesichter, die aussehen wie Sitzorgane heute die Doppelfolge ...
Im Schauspielhaus der Andersartigkeit
und
Im Institut der Leere
Im Schauspielhaus der Andersartigkeit
    Man hat es als Mensch, der einem gewissen, von der Allgemeinheit eingeforderten Ideal nicht entspricht, wirklich schwer in so was wie der Gesellschaft von heute Fuß zu fassen. Einfach nur da sein und irgendwie aussehen, reicht halt nicht. Das weiß auch Sonja und sie hat alles satter als satt. Diese Sauberkeit, diese Sicherheit, alles hat sie satt. Ginge das Leben doch schon endlich los. Würde sie endlich mal beschossen werden vom Lächeln anderer Leute, es wäre ein Schritt, der ihr sagen würde: Das Leben ist zwar das Leben, aber auch das Leben.
    Sonja war auf dem Weg ins Theater, als ihr auffiel, dass sie auffällt ihrer Unangepasstheit wegen. Aber unglücklich ist sie nicht mehr, denn sie empfindet Besonderheit bezüglich ihrer eigenen Person. Sie ist nicht wie ein Großteil derer, die sonst noch wandern. Sie hat weder Auto noch Bausparvertrag, noch will sie irgendwen ehelichen oder ihre Arbeitskraft irgendwem zur Verfügung stellen. Nein. Nicht die Sonja, die ist so oberspeziell drauf, die geht einfach mal so an einem Donnerstag Abend, an dem andere Menschen in Clubs, Kinos und großen Betten verschwinden, in ein Theater. Und leider kommen die Menschen, die in Clubs, Kinos und große Betten verschwinden, auch immer wieder da raus. Gut, wenn das nicht so wäre, mehr Gemütlichkeit für alle. Na ja, wer Böses denkt, soll endlich ins Theater gehen.
    Der Vorhang fällt. Die Schauspieler kassieren ihre Gage und verpissen sich durch Hinterausgänge. Scheiß Kleinkunstpack. Es weht eine Pausenmusik, die den Zuschauern suggeriert: Jetzt ist es wirklich vorbei mit der grotesken Unterhaltungssache. Die Musik ist extrem unaufdringlich. Etwas zu klassisch, etwas zu dreist und etwas zu leise. Die ukrainische Putzfrau steht schon in denStartlöchern, um die nicht runtergeschluckten, sondern am Sitz platt gewalzten Kaugummis zu lösen. Das geht am besten, solange die noch frisch sind.
    Leute stehen auf und ziehen sich tolle Mäntel von H&M an und fühlen sich autonom. Die Mäntel hängen alle in der Garderobe rum und sehen alle gleich aus. Die Menschen haben dafür Geld bezahlt, dass auf ihre Mäntel von Garderobenmädchen aufgepasst wurde. Außerdem fühlen sie sich kulturell involviert, denn Theater ist doch was Radikales, oder? Oh ja, natürlich, radikal bis ins Mark, radikal verplant, desorientiert und verirrt in abstruser Sinnlosigkeit. So ist doch das Theater heute, wenn es nicht dichtgemacht werden will. Und das will es nicht, also spielt sich auf seinen Bühnen fernsehähnlicher Mist ab. Radikalität wird immer mehr vermieden.
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